Gelsenkirchen-Scholven. Seit 20 Jahren arbeitet die Künstlerin Claudia Tebben in ihrem Atelier in Gelsenkirchen-Scholven. Deshalb gibt’s nun einen Tag der offenen Tür.

Claudia Tebben gehört keiner der hiesigen Künstlergruppen an und arbeitet am liebsten allein. „Ich bin normalerweise eine Einzelgängerin“, gibt die in Herten lebende Malerin (53) offen zu. Doch an diesem Sonntag, 1. März, ist ihre Gefühlslage eine gänzlich andere: Denn dann hofft Tebben auf zahlreiche Besucher, Nachbarn und Kreativkollegen, die zu ihrem Atelier an der Zweckeler Straße 20a in Bülse kommen. Seit 20 Jahren liegt genau dort ihr Wirkungsort. Und diesen runden Geburtstag will sie ab 14 Uhr mit einem „Tag des offenen Ateliers“ feiern.

Wer zum ersten Mal in das Atelier von Claudia Tebben tritt, der legt zunächst ein wenig den Kopf in den Nacken, um den Raum in seiner erstaunlichen Höhe zu erfassen. „Ich brauche das so. Meine Bilder sind schließlich bis zu vier Meter hoch und 20 Meter lang“, erklärt die Gastgeberin ihrem Besuch. Bei dieser rund 100 Quadratmeter großen Halle handelt es sich um ein ehemaliges Teppichlager. Tebben nutzt sie aber nicht nur als Produktionsraum, sondern auch als Lagerstätte. Wohin das Auge auch blickt: In jeder Ecke hat sie Bilder abgestellt. Einige thronen abholbereit auf Hochregalen. Andere sind sichtbar noch gar nicht fertiggestellt. Was bei allen Werken neben ihren satten, kräftigen Farben sofort auffällt, ist die markante Oberflächenstruktur, die eine gewünschte dreidimensionale Wirkung erzielt.

Die Natur dient der Gelsenkirchener Künstlerin als Inspirationsquelle

In einem ehemaligen Teppichlager in Gelsenkirchen-Scholven ist seit 20 Jahren das Atelier von Künstlerin Claudia Tebben untergebracht.
In einem ehemaligen Teppichlager in Gelsenkirchen-Scholven ist seit 20 Jahren das Atelier von Künstlerin Claudia Tebben untergebracht. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„Ich male fast ausschließlich mit pastoser Farbe, die aus Leinöl und Pigmenten besteht“, erklärt Tebben ihre bevorzugte Technik. Ihre Motive sind nicht gegenständlich, sondern wirken abstrakt. In Fachkreisen firmiert das unter „Informelle Kunst“. Doch was für den neutralen Betrachter auf den Bildern erst einmal nur farbige Flächen sind, hat für Claudia Tebben sehr wohl eine Bedeutung. „Das sind alles Landschaften, die ich beim Spazierengehen erkundet habe“, sagt sie. Und wer mit diesem Wissen erneut auf die Werke blickt, der erkennt ganz plötzlich wirklich einen Wald und Gräserhügel in diesem Gewirr aus Grüntönen.

Eine entschlusskräftige Hobby-Imkerin

Zwischen 14 und 18 Uhr lädt Künstlerin Claudia Tebben am Sonntag, 1. März, zu ihrem „Tag des offenen Ateliers“.

Bis zu 20 Bilder fertigt die Malerin pro Jahr an. Dabei zeigt sie sich sehr entschlusskräftig: „Ich entscheide immer sehr schnell, ob ein Bild nun fertig ist oder nicht. Das brauche ich nicht lange in mir gären zu lassen, das spüre ich sofort.“

Tebben ist zudem Hobby-Imkerin und betreut fünf Bienenvölker in ihrem Kleingarten, der genau wie ihre Wohnung in Herten zu finden ist.

Bei ihren Streifzügen durch die Umgebung hält sie das Gesehene aber nicht etwa in Skizzen fest. Stattdessen speichert Tebben die jeweilige Szenerie im Gedächtnis ab und bringt eben diese Erinnerungen später in ihrem Atelier auf die Leinwand. „Die Natur ist für mich Inspirationsquelle, aber auch Fundort für Gegenstände, die ich dann in anderen Kunstwerken verarbeite“, sagt Tebben und zeigt auf die stattliche Sammlung in einem der Regale.

Die Unterstützung aus dem Elternhaus fehlte

Die Werke von Künstlerin Claudia Tebben firmieren in Fachkreisen unter dem Begriff „Informelle Kunst“.
Die Werke von Künstlerin Claudia Tebben firmieren in Fachkreisen unter dem Begriff „Informelle Kunst“. © Ingo Otto

Der Weg zur professionellen Künstlerin war für sie kein leichter. Denn die Unterstützung aus dem eigenen Elternhaus fehlte. Der Vater war Bergmann, die Mutter Hausfrau. „Sie wollten, dass ihr Kind etwas Vernünftiges lernt“, erzählt Tebben, während sie mit den Händen über ihre braune Lederjacke streicht. Die zahlreichen Farbkleckse darauf verraten, dass diese zu ihrer Stamm-Arbeitsmontur zählt. Wegen der elterlichen Vorgabe absolvierte sie also eine Ausbildung zur Floristin. Das Malen, schon damals ihre wirkliche Leidenschaft, hat sie trotzdem nie aufgegeben. Erst ihr Mann Piet Dolata ermutigte sie dann zum Jobwechsel: „Als ich ihm einige meiner Bilder gezeigt habe, war er völlig verblüfft und hat gesagt: Das musst du machen!“

Gesagt, getan: Tebben holte ihr Fachabitur nach, bewarb sich an der Folkwanguniversität in Essen und wurde gleich beim ersten Versuch angenommen. Nach ihrem Abschluss folgte der Sprung ins kalte Wasser und seit 1995 verdingt sie sich nun als freiberufliche Künstlerin. Mit Erfolg: Ihre Werke werden mit vierstelligen Eurosummen gehandelt. In den vergangenen 20 Jahren verkaufte sie vor allem viel im süddeutschen Raum, weil die Galerie, mit der sie zusammenarbeitete, im pfälzischen Freinsheim lag. Der Galerist ist nun aber kürzlich in den Ruhestand gegangen. Die Suche nach einem neuen Kooperationspartner läuft noch. Vielleicht kommt ein neuer Kontakt ja an diesem Sonntag beim „Tag des offenen Ateliers zustande“.