Essen. Von den Bibliotheken lernen, heißt siegen lernen. Und während die Bücherei-Initiative nur darauf wartet, dass das Viererbündnis seinen wohlformulierten Antragsworten im Rat auch Taten folgen lässt, steht ein anderer Unterstützerkreis bereits auf der Matte, um auch andernorts Essener „Kulturgut“ vor dem Rotstift zu retten

Glücklich, so scheint’s, wer in der Bibliothek arbeitet: Während der Sparkurs andernorts in der Stadtverwaltung mit nahezu unvermindert Schärfe anhält, stellte die Politik schon im Mai mit einem verstohlenen Seitenblick auf ein geplantes Bürgerbegehren klar: Kein einziger der stadtweit 17 Bücherei-Standorte wird aufgegeben. Und übermorgen, wenn der Haushalt verabschiedet wird, kommen auch noch die Kürzungen bei den Öffnungszeiten vom Tisch.

Kein Wunder, dass mittlerweile die Devise umgeht: Von den Bibliotheken lernen, heißt siegen lernen. Und während die Bücherei-Initiative nur darauf wartet, dass das Viererbündnis seinen wohlformulierten Antragsworten im Rat auch Taten folgen lässt, steht ein anderer Unterstützerkreis bereits auf der Matte, um auch andernorts Essener „Kulturgut“ vor dem Rotstift zu retten – die Volkshochschule, die Folkwang Musikschule, das Kulturzentrum Schloss Borbeck, die Alte Synagoge und das Stadtarchiv im Haus der Geschichte... Nach dem Bürgerbegehren ist also vor dem Bürgerbegehren.

Start abhängig von Ratsbeschluss

Noch steht davor allerdings ein „Wenn...“. Das neue Bürgerbegehren soll nicht vorab, sondern erst dann gestartet werden, wenn der Rat die bislang geplanten Kürzungen auch tatsächlich umsetzt.

Genau danach aber sieht es aus, obwohl der Antrag des Viererbündnisses von CDU, Grünen, FDP und EBB, das mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme im Rat agiert, eine Reihe von Sparideen wieder einkassieren will.

Keine „doppelte Strafe“ zulassen

So setzen die Vierer etwa bei der Volkshochschule 75.000 Euro wieder ein, aber auch nur, weil diese Kürzung als eine Art „doppelte Bestrafung“ galt: Über die Personalkürzungen hinaus sollte die VHS dadurch wegfallende Einnahmen durch weitere Einsparungen kompensieren. Das will man ersparen.

Ähnlich liegt der Fall bei der Folkwang Musikschule: Auch dort möchte das Viererbündnis verhindern, dass nicht nur Musikschullehrer eingespart werden, sondern darüber hinaus noch weitere Kürzungen anstehen, weil der Job-Abbau natürlich auch Kurseinnahmen in beachtlicher Größenordnung kostet – 25.000 Euro pro Jahr für jede Vollzeitkraft.

Entscheidung am Mittwoch

Beim Stadtarchiv wiederum hat das Viererbündnis die geplanten Kürzungen schon auf die Hälfte gestutzt. Daneben verspricht man sich für Alte Synagoge, Schloss Borbeck und das Haus der Geschichte einen Ausgleich der Interessen dadurch, dass ein gemeinsamer Pool von Aufsichtskräften flexible Einsätze möglich macht – und so „angemessene Öffnungszeiten“ auch der kleineren Einrichtungen sicherstellt. Die Stadt soll das mal durchrechnen.

Am Mittwoch entscheidet der Rat. Und dann entscheidet auch die Initiative „kulturgutEssen“, ob sie ihr Bürgerbegehren startet.