Essen. . Für 100.000 Essener geht eine beengende Ära zu Ende. Das Bundessozialgericht (BSG) hat einen Schlussstrich unter eine seit einem Jahrzehnt gängige Praxis gezogen. Hartz-IV-Bezieher, Sozialhilfe-Empfänger und Asylbewerber haben nun Anpruch auf mehr Wohnraum. Für die Stadt wird das teuer.
45 Quadratmeter standen bislang einem Menschen zu, der auf finanzielle Hilfen angewiesen war. Doch nach dem Richterspruch vom 16. Mai haben 42.065 Hartz-IV-Haushalte, 7500 Sozialhilfe-Gemeinschaften und 1200 Familien, die als Asylbewerber öffentliche Mittel in dieser Stadt bekommen, Anspruch auf größere Wohnungen. Ein-Personen-Haushalte kommen nun auf 50 Quadratmeter. Für jeden weiteren Bewohner sind’s 15 Quadratmeter.
Die Stadt muss handeln
Die Stadt muss handeln: „Wir beabsichtigen, die Mietobergrenzen anzuheben“, sagte Hartmut Peltz, Büroleiter im Sozialdezernat. Damit erhöht sich der monatliche Anspruch für einen Vier-Personen-Haushalt um etwa 26 Euro, schätzen Sozialrechtsexperten. Eine genaue Kalkulation hat die Stadt noch nicht anstellen können. Dezernent Peter Renzel rechnet jedoch allein für 2013 mit Mehrausgaben von 5,6 Millionen Euro bei einem Jahres-Budget von über 200 Millionen Euro für die Kosten der Unterkunft (KdU).
Noch teurer wird’s für die Stadt aber, wenn Betroffene, denen in der Vergangenheit Geld vorenthalten wurde, weil ihre Wohnung nach der alten Berechnung zu groß waren, rückwirkende Zahlungen bis zum 1. Januar 2010 zustehen. Die Widersprüche und Klagen gegen als zu gering empfundener Leistungen hat die Stadt zwar noch nicht gezählt, ahnt aber: „Es sind nicht wenige“, heißt es.
Inzwischen ist das Urteil in der Politik angekommen und fand sich gestern nach entsprechenden Anträgen von SPD und Linken, die eine umgehende Anpassung der Mietobergrenzen forderten, auch auf der Tagesordnung des Sozialausschusses. Vorenthaltene Leistungen sollen unbürokratisch und schnell erstattet werden. Das will die Linke. Und die SPD, dass das Urteil schnellstmöglich Konsequenzen hat.
Versteckte Gefahr bei Mietpreisen
Vor einer hat die Stadt bereits vor zwei Jahren mit bangem Blick auf den Mietmarkt gewarnt. Passen die Vermieter ihre Vorstellungen an die neuen Obergrenzen an, werden die Quadratmeterpreise steigen – mit einer versteckten Gefahr: Können Niedriglohnhaushalte die höheren Mieten dann nicht mehr bezahlen, steigen die Ausgaben für Sozialleistungen noch einmal. „Da rechnen wir mit steigenden Zahlen“, sagte Jutta Eckenbach, sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion.