Essen. . Die Kritik auch von SPD und Linken an den verspäteten Überweisungen an rund 80 000 Hartz IV-Empfänger in Essen reißt nicht ab. Kritiker bezweifeln „menschliche Fehler“ als Hintergrund. Tatsächlich gibt es Indizien, die gegen die entschuldigende Version des Sozialdezernenten Peter Renzel Version sprechen.
Die Kritik an den verspäteten Überweisungen an rund 80 000 Hartz IV-Empfänger reißt nicht ab. SPD und Linke bezweifeln, dass es sich dabei um einen „menschlichen Fehler“ handelte, wie der zuständige Sozialdezernent Peter Renzel am Donnerstag erklärt hatte.
Tatsächlich gibt es Indizien, die gegen Renzels Version sprechen: So schildern Betroffene, dass in einigen Filialen des Jobcenters vorab per Infoscreen auf die Termin-Umstellung hingewiesen worden sei. Andere Hartz-IV-Empfänger wurden bei Gesprächsterminen im Mai von Sachbearbeitern darauf aufmerksam gemacht, dass sie ihr Geld künftig statt am Monatsletzten erst am Ersten des Folgemonats erhalten würden. Das spricht gegen eine Panne und für ein absichtsvolles Handeln. Dabei nahm man offenbar in Kauf, dass Tausende Hartz-IV-Empfänger, die im Mai keinen Termin beim Jobcenter hatten, von der Änderung kalt erwischt wurden: Das Geld vom Amt ging nicht rechtzeitig auf ihren Konten ein, gleichzeitig wurden regelmäßige Zahlungen aber abgebucht. Sparkassen und Banken hatten am Donnerstag einen Ansturm besorgter Hartz-IV-Kunden erlebt. (WAZ vom 1. Juni).
Jobcenter-Chef Dietmar Gutschmidt hatte dazu erklärt, das Geld sei pünktlich an die Stadt überwiesen worden, diese habe es aber offenbar nicht rechtzeitig weitergeleitet. Dass das mit Absicht geschah, bestätigt zumindest ein Mitarbeiter der Verwaltung: Die Zurückhaltung der insgesamt 16 Millionen Euro um einen Tag, bringe der klammen Kommune einen hübschen Zinsgewinn. Linke-Fraktionschef Peter Leymann-Kurtz hält daher sogar für denkbar, dass es „Absprachen zwischen Kämmerei und der ausführenden Finanzbuchhaltung gegeben“ habe.
Von der Auszahlungs-Verschiebung nichts gewusst
Renzel hatte ein geplantes Handeln bestritten. Von der Auszahlungs-Verschiebung habe er nichts gewusst, vielmehr habe ein Mitarbeiter gesetzliche Vorgaben falsch interpretiert. „Wussten hier einzelne Mitarbeiter mehr als der Dezernent?“, fragt die Linke-Ratsfrau Gabriele Giesecke süffisant. Und die SPD erklärt, es sei keineswegs glaubwürdig, dass ein Gesetz, „das seit Jahren Anwendung findet, plötzlich fehlinterpretiert wurde“. Alles spreche für geplante Änderungen, über die man, und hier liege der eigentliche Skandal, die Betroffenen nicht rechtzeitig informiert habe. Darum hat die SPD nun Kämmerer Lars Martin Klieve eine Liste mit sieben zu klärenden Punkten vorgelegt – mit der Bitte um „kurzfristige Beantwortung“.