Essen. Ein neues Online-Projekt und eine Ausstellung im Haus der Geschichte dokumentiert das Leben der deutschen Jugend in den Jahren 1918 bis 1945. Es gibt Scans von kompletten Familienfotoalben, Tagebüchern; es gibt historische Filme wie die Dokumentation eines Arbeiterjugend-Zeltlagers, es gibt Briefwechsel – und das alles eingeordnet in 19 Themenblöcke.

Man hört die Wanduhr ticken im Raum von Anna Büse, Jahrgang 1923, als die Steelenserin vom 9. November 1938 erzählt. Sie macht lange Pausen beim Sprechen, weil sie immer wieder neu ergriffen ist, wenn sie von der brennenden Synagoge erzählt oder von dem Übergangsheim an der Steeler Straße: „Das war erschütternd.“ Dort wurden jene versammelt, die abtransport werden sollten; ein jüdisches Ehepaar aus Borbeck riet Büses Mutter : „Wir haben noch gute Federbettdecken zu Hause, holen Sie sich die.“ Anna Büse ist eine von 48 Zeitzeugen, die über ihre Jugend während der Nazi-Zeit und der Jahre davor interviewt wurden.

Sämtliche Gesprächsvideos sind jetzt im Internet zu sehen: Unter der Adresse www.jugend1918-1945.de ist eine eindrucksvolle Materialsammlung zum Thema „Jugend in Deutschland zwischen 1918 und ‘45“ entstanden. Dem interessierten Bürger steht jetzt ein multimediales Kompendium zur Verfügung, das gleichermaßen zur gezielten Suche als auch zum Stöbern einlädt.

Insgesamt 19 Themenblöcke

Der dokumentarische Wert dieser Sammlung kann jetzt und hier gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, zumal es zahlreiche Essener Schwerpunkte gibt. Es gibt Scans von kompletten Familienfotoalben, Tagebüchern; es gibt historische Filme wie die Dokumentation eines Arbeiterjugend-Zeltlagers, es gibt Briefwechsel – und das alles eingeordnet in 19 Themenblöcke.

„Das Projekt soll noch wachsen, bei allen Zeitzeugen lagern noch unglaubliche Schätze, und es wird viel zu viel weggeschmissen“, sagt Martin Rüther, Projektleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter beim NS-Dokumentationszentrum Köln. Der LVR hat das Vorhaben mit 100.000 Euro unterstützt.

Essener Stadtgeschichte

Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Mit diesem Ball gewann Rot-Weiß Essen 1955 die Deutsche Fußball-Meisterschaft. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Mit diesem Ball gewann Rot-Weiß Essen 1955 die Deutsche Fußball-Meisterschaft. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Klaus Wisotzky ist Leiter des Hauses. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Klaus Wisotzky ist Leiter des Hauses. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born
Im Stadtarchiv wird die Ausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ am Mittwoch eröffnet. Foto: Ulrich von Born © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. Klaus Wisotzky, Leiter des Hauses, erläutert einige Schaustücke.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. Klaus Wisotzky, Leiter des Hauses, erläutert einige Schaustücke. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. Klaus Wisotzky, Leiter des Hauses, erläutert einige Schaustücke.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. Klaus Wisotzky, Leiter des Hauses, erläutert einige Schaustücke. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen.
Exponate aus Essens Geschichte sind im Stadtarchiv zu sehen. © WAZ FotoPool
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Die beeindruckend umfangreiche Materialsammlung versucht, dem komplexen Thema „Jugend“ während jener Jahre gerecht zu werden. „Die Welt war nicht schwarz-weiß, und 1933 ist nicht einfach ein Schalter umgelegt worden, und alles war anders“, sagt Rüther. Es gab nicht nur Hitlerjugend und Edelweißpiraten, es gab – zum Beispiel – auch eine Swing-Jugend an der Goetheschule in Bredeney, die den Nazis zu widerstehen versuchte.

Ein Kinderbuch im martialischen Ton

Teile der Internet-Dokumentation sind bis Ende des Jahres auch als reguläre Ausstellung im Haus der Geschichte zu sehen, dem Stadtarchiv in der Ex-Luisenschule am Bismarckplatz. Die Schau dort konzentiert sich auf die Jugend während der Nazizeit. Die Ausstellung wendet sich an interessierte Bürger, vor allem an Schüler und Lehrer. „Man versteht die Begeisterung der Jugend für Krieg nur dann, wenn man die Jahre vor ‘33 berücksichtigt“, erklärt Rüther.

Der Militarismus der Zwanziger Jahre wird sogar deutlich in einem Buch von 1912, das Jahrzehnte später als Zeichentrick Karriere machen sollte: Waldemar Bonsels Kinderbuch „Die Biene Maja“ ist geschrieben in einem martialischen Ton, der heute verstörend wirkt: Von einem „kühnen Soldatentod“ ist dort die Rede bei der Schlacht zwischen Bienen- und Hornissenvölkern; gelobt wird allenthalben die „hohe Todesbereitschaft“ der Beteiligten.

Geschichte hautnah

Die neue Einrichtung in der ehemaligen Luisenschule am Bismarckplatz (am besten erreichbar über die Stadtbahnen U17 und U18) versammelt den Bestand des Stadtarchivs, das von 1962 bis zuletzt in einem Seitenflügel der Alten Synagoge untergebracht war...
Die neue Einrichtung in der ehemaligen Luisenschule am Bismarckplatz (am besten erreichbar über die Stadtbahnen U17 und U18) versammelt den Bestand des Stadtarchivs, das von 1962 bis zuletzt in einem Seitenflügel der Alten Synagoge untergebracht war... © WAZ FotoPool
...sowie alte Zeitungsbände und die Bücher zur Regional- und Lokalgeschichte, die bisher im Untergeschoss der Stadtbibliothek im Gildehof-Center zur Verfügung standen.
...sowie alte Zeitungsbände und die Bücher zur Regional- und Lokalgeschichte, die bisher im Untergeschoss der Stadtbibliothek im Gildehof-Center zur Verfügung standen. © WAZ FotoPool
Außerdem wird in der neuen Einrichtung das Ernst-Schmidt-Archiv zu Verfolgung und Widerstand im
Außerdem wird in der neuen Einrichtung das Ernst-Schmidt-Archiv zu Verfolgung und Widerstand im "Dritten Reich" verwahrt. Das Bild zeigt Institutsleiter Dr. Klaus Wisotzky im Bunker im Keller des Gebäudes. © WAZ FotoPool
Derzeit wird diskutiert, ob man das
Derzeit wird diskutiert, ob man das "Haus der Essener Geschichte" in "Ernst-Schmidt-Haus umbenennen soll. Stadthistoriker Schmidt ist kürzlich verstorben. Das Bild zeigt einen Gang im Erdgeschoß. © WAZ FotoPool
Leiter Klaus Wisotzky macht einen anderen Vorschlag: Er plädiert dafür, die Geibelstraße, die hinter der Ex-Luisenschule verläuft, in Ernst-Schmidt-Straße umzubenennen - und die Post-Adresse dorthin zu verlagern. Das Bild zeigt die Eingangshalle.
Leiter Klaus Wisotzky macht einen anderen Vorschlag: Er plädiert dafür, die Geibelstraße, die hinter der Ex-Luisenschule verläuft, in Ernst-Schmidt-Straße umzubenennen - und die Post-Adresse dorthin zu verlagern. Das Bild zeigt die Eingangshalle. © WAZ FotoPool
Über die Umbenennung soll das Ältestenrat entscheiden. Kulturdezernent Andreas Bomhheuer gibt sich zwar zugeknöpft, aber demonstrativ zuversichtlich:
Über die Umbenennung soll das Ältestenrat entscheiden. Kulturdezernent Andreas Bomhheuer gibt sich zwar zugeknöpft, aber demonstrativ zuversichtlich: "Der Ältestenrat wird eine richtige Entscheidung fällen." © WAZ FotoPool
Das älteste Dokument, das im Stadtarchiv aufbewahrt wird, ist ein Kaufvertrag über ein Grundstück in Schonnebeck - und stammt aus dem Jahr 1272.
Das älteste Dokument, das im Stadtarchiv aufbewahrt wird, ist ein Kaufvertrag über ein Grundstück in Schonnebeck - und stammt aus dem Jahr 1272. © WAZ FotoPool
Sämtliche Dokumente im Archiv ergeben derzeit etwa zehn Regal-Kilometer.
Sämtliche Dokumente im Archiv ergeben derzeit etwa zehn Regal-Kilometer. © WAZ FotoPool
Das Ernst-Schmidt-Archiv macht 50 Regal-Meter aus.
Das Ernst-Schmidt-Archiv macht 50 Regal-Meter aus. © WAZ FotoPool
Außerdem beheimatet das
Außerdem beheimatet das "Haus der Essener Geschichte" Vereinsbestände (unter anderem von Rot-Weiß Essen) und das Personenstandsregister des Standesamtes. © WAZ FotoPool
Die eigene Familiengeschichte kann jetzt einfacher erforscht werden. Öffentlich zugänglich sind unter anderem sämtliche Sterbebücher, die älter als 25 Jahre sind, sowie Heirats-Urkunden älter als 50 Jahre. Das Gesetz schreibt die langen Fristen vor.
Die eigene Familiengeschichte kann jetzt einfacher erforscht werden. Öffentlich zugänglich sind unter anderem sämtliche Sterbebücher, die älter als 25 Jahre sind, sowie Heirats-Urkunden älter als 50 Jahre. Das Gesetz schreibt die langen Fristen vor. © WAZ FotoPool
Geöffnet ist das
Geöffnet ist das "Haus der Essener Geschichte" dienstags bis freitags von 10 bis 15.30 Uhr. Donnerstags ist die Einrichtung bis 18.30 Uhr geöffnet. © WAZ FotoPool
Das Herzstück des Hauses, eine Dauerausstellung über die letzten 100 Jahre der Essener Stadthistorie, ist allerdings noch in Arbeit.
Das Herzstück des Hauses, eine Dauerausstellung über die letzten 100 Jahre der Essener Stadthistorie, ist allerdings noch in Arbeit. © WAZ FotoPool
Die Ausstellung wird vermutlich aber noch vor den Sommerferien eingeweiht, berichtet Klaus Wisotzky, der Leiter des Hauses. Dann solle es auch einen offiziellen Festakt geben.
Die Ausstellung wird vermutlich aber noch vor den Sommerferien eingeweiht, berichtet Klaus Wisotzky, der Leiter des Hauses. Dann solle es auch einen offiziellen Festakt geben. © WAZ FotoPool
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