Am 30. Mai wird Künstler Gunter Demnig noch einmal Orte der Erinnerung an ermordete Juden aus Dorsten schaffen. Abschlussveranstaltung im Alten Rathaus geplant

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© Tina Sarge

Hervest. Der Zeitpunkt der letzten Verlegung von Stolpersteinen rückt näher und bei der Recherche zu den jüdischen Opfern ergibt sich doch immer noch neues. Bei den Nachforschungen über das Schicksal von Bertha Cohen, geborene Oppenheimer, hat sich herausgestellt, dass die Jüdin mit Mann und Kindern seit 1920 in Essen gewohnt hat und nicht in Dorsten. "Nach ihrer Scheidung im Jahre 1939 emigrierte oder floh sie dann nach Holland", so Gaby Becker beim Treffen des Initiativkreises rund um die "Frauen für den Frieden". "Wir können also hier keinen Stein für Bertha verlegen." So würde nun am 30. Mai ein Stolperstein weniger von Gunter Demnig verlegt werden. Doch "wir haben ein leidvolles Schicksal übersehen", so Becker: Das von Hermann Levinstein.

Er war Händler in Groß-Reken und zog im November 1937 nach Dorsten, wo er zunächst am Alten Postweg 12 wohnte. Ab Januar 1939 lebte er in der Lippestraße 57 (heute Lippestraße 39) bei Perlstein im sogenannten "Judenhaus" bis er im Januar 1942 nach Riga deportiert wurde. Er gilt als verschollen. Seine Tochter Hanni hat überlebt und lebt heute in Australien. Die weitere Recherche könnte die neue Aufgabe der Schulklasse um den Lehrer Maas sein.

Die Unklarheiten über den Verbleib in den letzten Jahren vor der Deportation von Sigmund und Gertrud Raifeisen sind ebenfalls noch nicht beseitigt. Klar ist, dass sie 1939 von Dorsten nach Gelsenkirchen gezogen sind. Ob sie abgeschoben wurden, vielleicht dachten, sich dort besser verstecken zu können oder ob sie Spielball der Verwaltungswillkür waren, ist nicht eindeutig zu klären. "Aber", so Pastor Ludger Ernsting, "wichtig ist doch wo der Lebensmittelpunkt der Familie war und wo sie ihre Wurzeln hatten." Auch im Buch "Juden in Dorsten" ist zu lesen, dass sie in der Essener Straße 20 gewohnt haben, daneben ein Artikel über die Neueröffnung des Textilgeschäftes Raifeisen in der Essener Straße 16. Tochter Else ging damals in die Volkschule von St. Ursula. Sie überlebte den Holocaust und lebt heute in Schweden.

Martin Fleckenstein, Lehrer am Paul-Spiegel-Kolleg, hat mit seiner Religionsklasse die Patenschaft für Walter Rosenbaum übernommen. Für die Nachforschungen gibt es viel Material, nur der genaue Wohnort muss noch ermittelt werden. Auch das Schicksal des Patenkindes der "Tonis" (Frauenchor St. Antonius), Rea Perlstein, ist unstrittig. Bis zur Verlegung am Vormittag des 30. Mai ist es nun Sache der Paten, ihre Präsentation vorzubereiten und Aufgabe des Initiativkreises, die Abschlussveranstaltung zu planen. Diese soll im Alten Rathaus zelebriert werden. Denn - wie Pastor Ernsting treffend erklärt " das war auch mal das Rathaus der ermordeten Juden, sie waren Bürger dieser Stadt". Wenn Bürgermeister Lambert Lütkenhorst und der Trägerverein Altes Rathaus ihre Hilfe nicht versagen, wird dort der würdige Rahmen geschaffen für diese letzte große Aktion der Frauen für den Frieden in Sachen "Verlegung von Stolpersteinen".