Das Buch "Nationalsozialismus in Duisburg 1920-1945" ist erschienen. Es ist eine Grundlage für die Erforschung der Nazi-Zeit.
Das Titelbild zeigt ein Foto vom 2. Oktober 1934: den nationalsozialistisch „gleichgeschalteten” Rat unter Vorsitz von Oberbürgermeister Dr. Ernst Keller. Der schwarze Fleck auf dem linken Arm des Stenographen ist keine Nachlässigkeit der Druckerei. An dieser Stelle hat Hermann Hill sein Foto korrigiert und das Hakenkreuz entfernt. Wollte er den Mann schützen, der nach dem Ende 1945 vielleicht wieder in den öffentlichen Dienst strebte, dazu aber „entnazifiziert” werden musste?
Man weiß es nicht. Ebenso wenig gibt es eine klare Antwort auf die Frage, warum die Aufarbeitung der politischen Geschichte des Nationalsozialismus in Duisburg bislang nicht passiert ist. „Wir versuchen, das Tor zu dieser unerzählten Geschichte aufzustoßen”, sagt Dr. Jan-Pieter Barbian, Leiter der Stadtbibliothek, als Mit-Herausgeber des Buchs „Nationalsozialismus in Duisburg 1920-1945”. Es ist im Klartext-Verlag erschienen und kostet im Buchhandel 16,95 Euro.
Das Buch vereint auf 200 Seiten unterschiedliche Anliegen. Zwei Kapitel sind gewidmet den Themen „Duisburg und der Nationalsozialismus” (Michael A. Kanther) und der „Verfolgung der Juden in Duisburg unter der Nazi-Diktatur 1933-1945” (J. Ludger Heid). Dazu gibt es ein kurzes Kapitel über den Duisburger Fotografen Hermann Hill (1888-1963) von Sigrid Schneider vom Ruhr-Museum Essen. Es verfügt über den Hill-Nachlass, aus dem die zahlreichen Fotos stammen, die einen lebendigen Eindruck der Stadt zwischen 1933 und 1945 vermitteln.
Mit einer von Bibliotheks-Mitarbeiter Eberhard Kröger zusammen gestellten Bibliographie legt das Buch eine Grundlage für die Erforschung der Nazi-Zeit. Mehr als 400 Titel von Publikationen hat Kröger gefunden. „Und die Quellen sind vor Ort”, sagt Mit-Herausgeber Sigurd Praetorius, Leiter der Uni-Bibliothek.
In seiner Einführung berichtet Barbian, dass die NSDAP bei den Reichstagswahlen 1932 den höchsten Stimmenanteil aller Parteien erzielte. Nach dem 30. Januar 1933 und den Reichstagswahlen vom 5. März besetzte sie das Amt des Oberbürgermeisters und ordnete das gesamte gesellschaftliche Leben, die Kultur und den Sport nach den Vorgaben des NS-Staates. Die Verfolgung und Ermordung politischer Gegner, die Entrechtung, Deportation und Ermordung jüdischer Bürger zählte zum Alltag. Als Stahlstandort leistete Duisburg einen wesentlichen Beitrag zur Aufrüstung. Und diverse Nazi-Größen pflegten Beziehungen zur Stadt: Der Schwiegervater von Joseph Goebbels, geboren in Rheydt, lebte in Duisburg. Der Reichspropagandaminister weihte die Graf-Spee-Brücke (nach Rheinhausen) ein.