Essen. Der Vermieter verlangt eine Entschädigung, weil die Wohnung erst verspätet übergeben wurde. Die Mieterin sieht die Schuld beim Allbau.

Aliya M.* ist auf ihren ehemaligen Vermieter gerade nicht gut zu sprechen. Mehr noch: Sie liegt mit dem Allbau über Kreuz. Das städtische Wohnungsunternehmen verlangt von ihr ein Nutzungsentgelt, weil die Wohnungsübergabe nicht pünktlich stattgefunden hat. Eine solche Entschädigung können Vermieter für eventuelle Mietausfälle verlangen, weil sie eine Wohnung nicht hätten wieder vermieten können. Aliya M. aber sagt, sie habe nichts falsch gemacht. Dennoch will der Allbau ihr eine halbe Monatsmiete, knapp 400 Euro, zusätzlich aufbrummen. Ein Rechtsstreit ist nicht ausgeschlossen.

Was ist geschehen? Aliya M. lebte knapp drei Jahre in einer Allbau-Wohnung in der nördlichen Innenstadt. Diese kündigte sie fristgerecht zum 31. Januar 2024. Der Vermieter bestätigte ihr dies per Brief und vereinbarte auch gleichzeitig einen Vorbesichtigungstermin, um die eigentliche Wohnungsübergabe vorzubereiten. So weit, so gut.

Verspätete Übergabe der Wohnung an den Vermieter

Als der letzte Tag des Mietvertrages kam, gab es jedoch noch keinen Termin, wann die Wohnungsübergabe stattfinden sollte. So schildert es Aliya M. Ein Allbau-Mitarbeiter soll ihr jedoch vorgeschlagen haben, dass sie die Schlüssel in einen Briefkasten werfen solle. Damit wäre zwar die Frist zur Wohnungsübergabe eingehalten. „Ich wollte aber nicht einfach den Schlüssel in einen Briefkasten werfen, sondern persönlich bei der Wohnungsabnahme dabei sein“, betont Aliya M. Dass Mieter bei der Übergabe mit vor Ort sind, ist nicht nur üblich, sondern dazu wird auch seitens von Mieterverbänden geraten.

Mails, die der Redaktion vorliegen, zeigen, dass sich Aliya M. aktiv um einen Übergabetermin bemühte. Am 9. Februar kam dieser schließlich auch zustande. Am selben Tag drohte ihr der Allbau in einem Brief allerdings sogar mit Räumung, sollte sie die Wohnung nicht bis zum 15. Februar verlassen und kündigte die besagte „Nutzungsentschädigung“ an, die für den Zeitraum 1. bis 15. Februar fällig werde.

Allbau: Schlüsselübergabe über Briefkasten ist die Ausnahme

Das Geld zog das Wohnungsunternehmen just auch per Lastschrift ein, obwohl die junge Frau mit ihrer Wohnungskündigung auch dem automatischen Einzug vom Konto widersprochen hatte. Aliya M. holte sich das abgebuchte Geld daher wieder zurück. Die Zahlungsaufforderung seitens des Allbau kam postwendend.

Dass der Allbau das Nutzungsentgelt einfach per Lastschrift abgebucht hatte, sei ein Fehler gewesen, räumte ein Sprecher des Unternehmens auf Nachfrage der Redaktion ein. Dass eine Entschädigung fällig werde, aber verteidigte er: Der Allbau habe der Mieterin mehrere Terminvorschläge unterbreitet, es sei jedoch kein Termin gefunden worden. Weiterhin erklärte der Sprecher: „Das Angebot der Schlüsselrückgabe über unseren Briefkasten hatte zum Ziel, die Rückgabe der Wohnung zeitnah nach Vertragsende zu ermöglichen und ist auch für uns nur in Ausnahmefällen eine Option, um Nutzungsentschädigungen zu verhindern.“

Nur: Wie die Terminvorschläge für die Wohnungsübergabe im Einzelnen lauteten, dazu konnte der Sprecher keine Angaben machen. „Die Details der angebotenen Termine (Datum, Uhrzeit) können wir leider nicht mehr nachvollziehen.“

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Allbau setzt die Dauer der Nutzungsentschädigung pauschal fest

Ungeachtet der Frage, ob dem Allbau hier tatsächlich ein Nutzungsentgelt zusteht, stößt Aliya M. ein weiterer Punkt auf: Warum soll sie ein solches bis zum 15. Februar zahlen, wenn die Wohnungsübergabe bereits am 9. Februar war? Die Antwort gibt der Allbau-Sprecher: „Diese Nutzungsentschädigung rechnen wir in halben Monaten, sodass wir dann entsprechend bis zum 15. eines Monats oder bis zum letzten Tag eines Monats eine Nutzungsentschädigung fordern.“ Offenbar also ein pauschales Vorgehen.

Das aber sehen Mietervertreter kritisch. Ohne den konkreten Fall zu kennen, sagt Siw Mammitzsch von der Mietergemeinschaft Essen dazu: „Die Zahlungspflicht des Mieters endet mit dem Tag der Rückgabe.“

Aliya M. hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Dieser weist in einem Schreiben an den Allbau dessen Forderung zurück. Darin heißt es: Das Unternehmen habe trotz mehrfacher Aufforderung „nicht an einer fristgerechten Rücknahme der Wohnung mitgewirkt, indem Sie es unterlassen haben, einen entsprechenden Rückgabetermin zu nennen“. Aliya M. schließt weitere juristische Schritte nicht aus und fragt: „Verhält sich so ein fairer und sozialer Wohnungsgeber?“

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Auch die Mietergemeinschaft irritiert unterdessen das Vorgehen seitens des Vermieters: „Es ist neu, dass der Allbau sich diese Möglichkeit derart für seine eigenen Interessen zurechtlegt und durchsetzt, um noch weitere Einnahmen generieren zu können“, meinte Mammitzsch. Üblich sei in der Vergangenheit gewesen, einen gemeinsamen Termin zu vereinbaren. Mammitzsch weiter: „Angesichts von Personalmangel und dem problematischen Finanzmarkt für Wohnungskonzerne scheint auch in diesen Fragen der Druck gestiegen zu sein.“

Regeln bei der Wohnungsübergabe

Was Mieter generell bei einer Wohnungsübergabe beachten sollten, dazu listet die Mietergemeinschaft folgende Punkte auf:

  • Es ist ratsam, mit dem Vermieter einen Wohnungsübergabetermin zu vereinbaren und Zeugen hinzuziehen.Fotos vom Zustand der Wohnung machen. Selbstständig ein Protokoll anfertigen.
  • Mieter sollten die Frage klären (lassen), z.B. durch Rechtsberatung, ob Schönheitsreparaturen verpflichtend durchzuführen sind.
  • Wird vom Vermieter ein Protokoll gefertigt, das viele noch zu erledigende Arbeiten enthält - erst prüfen lassen, ob die wirklich notwendig sind. Es besteht keine Pflicht zur Unterschrift.
  • Vermieter, die im Protokoll den ordnungsgemäßen Zustand der Wohnung bescheinigt haben, können später keine Ansprüche wegen angeblicher Mängel mehr anmelden
  • Falls sich der Vermieter weigert, einen Wohnungsübergabetermin zu vereinbaren oder falls ein solcher Termin aus anderen Gründen nicht zustande kommt, sollten Mieter mit Zeugen eine Wohnungsbegehung durchführen und auf jeden Fall Fotos machen. Der Schlüssel muss dann schnellstmöglich dem Vermieter zurückgegeben werden.
  • Übergibt der Mieter dem Vermieter die Wohnung nicht rechtzeitig, muss er eine Nutzungsentschädigung zahlen. Die Zahlungspflicht endet mit dem Tag der Rückgabe.

*Name geändert

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