Essen. Der Essener Allbau geht gegen eine Vielzahl seiner Grundsteuerbescheide vor. Warum das vor allem für die Mieter und Mieterinnen wichtig ist.
Die Finanzämter in Essen werden überrollt mit Einsprüchen gegen die neuen Grundsteuerbescheide. Bis Ende August hatten Essener Immobilienbesitzer in fast 40.000 Fällen Rechtsmittel gegen die Bescheide eingelegt.
Wie jetzt auf Nachfrage bekannt wurde, wehrt sich allein das städtische Wohnungsunternehmen Allbau gegen Hunderte Bescheide. Das dürfte vor allem im Interesse Tausender Mieter und Mieterinnen sein: Denn die Grundsteuer legt der Vermieter vollständig auf die Nebenkosten um.
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Ein Allbau-Sprecher erklärte: „Wir haben gegen rund 40 Prozent unserer 3000 Bescheide Einspruch eingelegt“. Damit dürften etwa 1200 Einsprüche bei den Finanzämtern allein auf das Konto des größten Vermieters in der Stadt gehen. Wie jeder Immobilienbesitzer auch, musste der Allbau für jede seiner Liegenschaften eine gesonderte Grundsteuererklärung abgeben und muss diese im Zweifel dann auch rechtlich anfechten.
Neue Grundsteuer: Für viele Allbau-Mieter könnten Kosten steigen
Der Allbau befürchtet, dass die Grundsteuer für viele seiner Immobilien nach der Neuberechnung steigen könnte und sich somit auch die Wohnkosten für die Mieter verteuern würden. Die neue Grundsteuer soll ab 2025 gelten. Entscheidend wird sein, wie hoch dann der sogenannte Hebesatz ist. Den muss die Stadt Essen im kommenden Jahr festlegen. Mit diesem Hebesatz und den vom Finanzamt festgesetzten Messbetrag wird schließlich die zu zahlende Grundsteuer berechnet.
Wie viel Grundsteuer also tatsächlich ab 2025 fällig wird, lässt sich momentan nicht berechnen. Der Allbau hat wie die meisten Immobilieneigentümer daher vorsorglich Einspruch eingelegt. Würde man aber rein rechnerisch den heute geltenden Hebesatz anwenden, dann seien beim Allbau Erhöhungen zwischen 10 und 50 Prozent keine Seltenheit, meint der Sprecher. Es gebe aber auch Objekte, bei welchen sich die Grundsteuer mehr als verdoppeln könnte, heißt es.
Die Gründe, warum der Allbau gegen so viele Grundsteuerbescheide rechtlich vorgeht, sind vielfältig. Das können offensichtliche Fehler des Finanzamtes sein, etwa wenn Grundstücksgrößen nicht vollständig übernommen wurden oder falsche Bodenrichtwerte zugrunde gelegt wurden.
Allbau kritisiert Grundsteuerreform
Aber wie viele Immobilienbesitzer hadert auch der Allbau generell mit dem Modell, dass der Neuberechnung zugrunde liegt. Der Sprecher dazu: „Durch die neue Grundsteuerreform sollten die tatsächlichen Werte der Immobilie als Grundlage für die Besteuerung herangezogen werden. Jedoch sind die Annahmen verallgemeinert, so dass individuelle Eigenschaften der Objekte nicht berücksichtigt werden können.“
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Beispiel: Im Modell, das die Finanzämter in NRW anwenden, wird nicht die aktuell gültige Miete angesetzt, um den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Sondern die Finanzbehörden wenden eine pauschal festgelegte Miethöhe an, die in der gesamten Stadt gleich ist. Es ist also egal, ob das Haus im Norden oder Süden, an einer verkehrsreichen Straße oder idyllisch im Grünen liegt. Nur das Baujahr der Objekte, und die Größe der Wohnungen sei entscheidend. Viele Hausbesitzer monieren daher, dass ihre Immobilien damit viel zu hoch bewertet werden, weil eine Miete angenommen wird, die sie in der Realität nicht erzielen können. Das dürfte den Allbau im besonderen Maße treffen, da das städtische Wohnungsunternehmen viele Liegenschaften im preiswerteren Norden der Stadt unterhält.
Ein weiterer Streitpunkt sind die Bodenrichtwerte. Sie würden laut Allbau auch bei Grundstücken herangezogen, die nicht bebaut werden können oder nur als Garten genutzt werden.
Erste Musterklage gegen Grundsteuer in Berlin eingereicht
Solche Fragen, die die generelle Rechtmäßigkeit des neuen Grundsteuer-Modells angreifen, können im Grunde nur von Gerichten geklärt werden. Bis Ende August gab es in NRW aber erst eine Klage gegen einen Festsetzungsbescheid eines Finanzamtes. In Berlin, wo das gleiche Modell wie NRW angewendet wird, hat es vor wenigen Tagen die erste Musterklage gegeben.
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