Essen. Proust-Inhaber glücklich, dass ihr renommiertes Geschäft weitergeführt wird. Nun können sie Abschied und Neustart feiern.
In Zeiten, in denen ständig Geschäfte, Gaststätten, Praxen dichtmachen müssen, ist diese Nachricht eine Wohltat: Die mehrfach preisgekrönte Buchhandlung Proust hat eine Nachfolge gefunden. Marion und Johanna Leibecke, Mutter und Tochter aus Mülheim, werden das Geschäft in der Akazienallee weiterführen. Die langjährigen Inhaber Beate Scherzer und Peter Kolling können beglückt Ende des Jahres in den Ruhestand gehen. Jetzt wurde der Vertrag unterzeichnet.
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Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verzeichnet bundesweit 54 Nachfolgegesuche. „Und das sind nur die Buchhandlungen, die eine Anzeige geschaltet haben“, weiß Beate Scherzer. Vor anderthalb Jahren hatte sie mit Peter Kolling halbseitig verkündet, dass das Proust eine Nachfolge sucht. Und es kam branchenintern - nichts. Über andere Kanäle meldeten sich vor allem Seiteneinsteiger. Nicht selten mit dem Satz: „Ich wollte schon immer eine Buchhandlung aufmachen.“
Essener Inhaber wollten die Suche nach einem Jahr aufgeben
Alle waren von dem Laden total begeistert. Die quer angelegten Regale, die lichte Atmosphäre, die kluge Beratung und Freundlichkeit laden zum Verweilen ein. Doch kamen viele Bewerber mit falschen Vorstellungen. Sie haben sich nicht gefragt, woher nehme ich das Geld dafür oder die Qualifikation. „Nach dem zweiten Gespräch haben die meisten die Absage erteilt“, berichtet Beate Scherzer. „Es war ein Jahr mit quälenden Gesprächen“, sagt Peter Kolling. Nach einem Jahr haben sie die Suche aufgegeben und beschlossen, Ende 2024 das Geschäft zu schließen.
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Und dann, nach einem Prozess zwischen Hoffnung, Angst und Enttäuschung meldeten sich im Januar Mutter und Tochter Leibecke aus Mülheim. Marion Leibecke arbeitet in der Luftfahrt als Assistentin der Geschäftsführung, Johanna Leibecke schließt gerade ihr Soziologiestudium an der Universität in Potsdam ab. „Ich wollte etwas mit meiner Tochter zusammen machen“, sagt Marion Leibecke, für die das Hobby Lesen zum Beruf werden soll. Die Essener Buchhändlerin und der Buchhändler waren skeptisch. Doch Mutter und Tochter blieben bei der Sache.
Buchhandlung Proust: Künftige Inhaberinnen müssen wissen, was gefragt ist
Die Verhandlungen mit dem Vermieter waren erfolgreich. „Sie werden die Buchhandlung so weiterführen, wie sie ist, aber neue Schwerpunkte setzen“, erzählt Beate Scherzer. Der Name „Proust“ bleibt erhalten, mit dem Zusatz: „Wörter und Schönes“. Genaueres weiß sie noch nicht. „Das Buchhändlerische ist kein Hexenwerk. Sie sind bei Gesprächen mit Verlagsvertretern dabei und begleiten uns ab Herbst im Geschäft. Sie müssen die Feuilletons lesen, wissen, was gefragt ist, wie ein neuer Meyerhoff“, meint die Fachfrau.
Auch die Reihe „Lesart“ wird es weiterhin geben und all die literarischen Veranstaltungen, die zusammen mit der Literarischen Gesellschaft Ruhr, geleitet von Norbert Wehr, realisiert werden. Sie machen neben dem herausragenden Bücherangebot einen Teil des guten Rufs von Proust aus. Nicht jede Buchhandlung vermag, Nobelpreisträgerin Herta Müller neben Neuentdeckungen auf die Bühne zu bringen.
Proust: Glücklich über die Nachfolge - für die Kunden und die Stadt Essen
Sie hätten nicht jede oder jeden genommen. Diesen beiden Frauen trauen sie die Geschäftsführung zu. „Man muss Spaß daran haben, mit Publikum umzugehen. Das nimmt kleinste Sortimentsveränderungen wahr. Deshalb sollten sie nicht so viel im Non-Book-Bereich machen und sich erstmal auf die Buchhandlung konzentrieren“, so Scherzer und Kolling. Sie sind sehr glücklich über die Nachfolgerinnen - für die Kunden, für die Stadt, für die Mitarbeiterinnen, die übernommen werden, und sich selbst. „Schön, dass die vielen Tränen, die wegen der Schließung vergossen worden sind, jetzt getrocknet werden können“, meint Beate Scherzer.
Die Erleichterung steht den beiden ins Gesicht geschrieben. Am 13. Januar wird es in der Lichtburg ein großes Abschiedsfest geben, das ein Stück Essener Literaturgeschichte, ihre beginnende Rente und zugleich den Neustart markiert. „Nicht auszudenken“, sagen sie, „wenn wir diese Räume hätten leeren und die Regale auf den Müll schmeißen müssen.“ Ein neues Kapitel kann im Proust aufgeschlagen werden.
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