Essen. Wenn die Theaterpassage verkauft wird, verliert das Schauspiel Essen einen wichtigen Spielort. Alternativlösung ist derzeit nicht in Sicht.
Die Casa Nova war mal eine Essener Varietéadresse. Lange Jahre fungierte die gleichnamige Spielstätte in der Theaterpassage dann als Kinder- und Jugendtheater. Nun dürfte die Casa zur Herausforderung für die Essener Kulturpolitik werden. Denn wenn der Rat am Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung beschließen sollte, die Theaterpassage zu verkaufen und die weitere Nutzung einem Investor auf Erbpacht-Basis in die Hand zu geben, ist das Ende des traditionsreichen Bühnenraums wohl endgültig besiegelt. Die Entscheidung kommt nicht ohne Vorlauf. Im Schauspiel Essen hat sie gleichwohl für erhebliche Unruhe und Besorgnis gesorgt.
Für die neuen Schauspiel-Intendantinnen Selen Kara und Christina Zintl kommt der Beschluss jedenfalls zur Unzeit. Nach einer intensiven und erfolgreichen ersten Spielzeit wollen sie schon in Kürze das Programm für die kommende Saison 2024/25 vorstellen. Doch nun müssen womöglich Alternativen überdacht werden. An eine Kürzung des Spielplans sei allerdings nicht gedacht, so Kara.
Ohne die baldige Benennung einer Interimsspielstätte könnte sich die Notlage indes lange hinziehen. Die neuen Theaterchefinnen sind unter anderen Vorzeichen gestartet: „Wir haben den Auftrag, Programm für drei Spielstätten zu machen“, betont Selen Kara. Die Raumfrage sei auch zentraler Bestandteil der Vertragsverhandlungen und aller weiterer Planungen gewesen. Man habe den neuen Spielplan deshalb mit Zuversicht entwickelt, sei nun aber „etwas schockiert“ über die kurzfristig kommunizierte Sachlage, dass es erst einmal keine Interimslösung gibt.
Dass die Casa und die dazugehörige Studiobühne Box schließen müssen, ist für alle Beteiligten freilich nicht neu. Der Sanierungsstau in der Theaterpassage gilt als immens. Eigentlich war das politische besiegelte Aus schon für Ende 2023 vorgesehen. Doch im November 2022 gab es noch einmal eine Verlängerungsfrist bis zum Sommer 2024. Verbunden mit der damals vielfach formulierten Absicht, eine Ausweichspielstätte finden zu wollen, „möglichst zeitnah“, wie es hieß.
Doch von einer Interimslösung ist bislang nichts zu sehen. Ohne die Casa aber fehlt ein zentraler Theaterraum für das Schauspiel-Ensemble.
Mit dem Grillo verfügt das Schauspiel zwar über einen großen Theatersaal und mit der gerade wieder neu eröffneten „Ada“ über eine kleine, moderne Studiobühne als Box-Ersatz Doch das Mittelformat der Casa gilt mit den bis zu 170 Plätzen als ideal für kleinere, experimentelle Formate, die Arbeit mit den unterschiedlichen Stadtensembles und das Kinder- und Jugendprogramm. Mit ihrer direkten Nachbarschaft zum Grillo-Theater hatte die Casa außerdem einen unschlagbaren strategischen Vorteil. Alle künftigen Orte dürften durch weitere Anfahrtsstrecken mehr Personalaufwand und damit auch mehr Kosten erzeugen.
Mögliche neue Spielstätten wie die ehemalige Tabledance-Bar „Naked“ an der Rottstraße sind zwar seit geraumer Zeit im Gespräch. Doch von Umbau und Planung scheint man in der Nordstadt noch weit entfernt. Bis zur Eröffnung könnten zudem Jahre vergehen, fürchtet nicht nur Christina Zintl.
Ohne eine geeignete Interimslösung aber hat das Schauspiel viel zu verlieren - Publikum, Einnahmen, vor allem aber Wahrnehmung. „Wir haben ein 18-köpfiges Ensemble und eine technische (Casa-)Belegschaft, die wir beschäftigen müssen“, sagt Kara. Schon machten Befürchtungen die Runde, mit weniger Spielorten könnten auch weitere Einsparungen einhergehen, berichtet Zintl. Die Kulturpolitik müsse nun signalisieren, wie und wo es weitergehen kann.
„Die Suche ist in vollem Gange“, sagt TuP-Geschäftsführer Fritz Frömming. Man arbeite mit Hochdruck an einer Alternative, „die aber noch nicht spruchreif ist“. Künstlerisch und dipositorisch sei das Casa-Aus natürlich eine enorme Herausforderung, weiß auch Frömming. „Aber es ändert nichts daran, dass wir das seit 2020 wissen.“.
Die leise Hoffnung, dass der Spielort angesichts der zu erwartenden Verhandlungsdauer womöglich doch noch für eine weitere Spielzeit zur Verfügung stehen könnte, macht Planungsdezernent Martin Harter angesichts der Probleme bei der Gebäudeausrüstung zunichte. Die Stadt müsse im Fall einer Verlängerung wohl einen sechsstelligen Betrag investieren, prophezeit Harter: „Wir halten den Betrieb notdürftig aufrecht.“ Und eine Teilsanierung, die man anschließend wieder herausreißen würde, sei angesichts des Einsatzes von Steuergeldern nicht verantwortbar.
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