Essen. Mit der Premiere von Felix Krakaus „Showtime“ wurde eine Betrachtung des menschlichen Scheiterns am Schauspiel Essen gefeiert. Warum eigentlich?
Keiner hat es treffender gesagt als der Dramatiker Beckett: „Immer versucht. Immer gescheitert. Egal. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Nun führt Autor und Regisseur Felix Krakau dem Publikum vor Augen, was das bedeutet und wie man sich den alltäglichen Rückschlägen entgegenstellen kann. „Showtime (ein enttäuschender Abend)“ heißt sein heiterer, zeitweise überdrehter, keinesfalls oberflächlicher Monolog, der vom Staatstheater Darmstadt übernommen und von ihm für Essen angepasst wurde. Der Abschluss des Premierenreigens für die neue Intendanz am Schauspiel Essen wurde in der Casa lautstark gefeiert.
Zwischen Goldvorhang und lila glitzernder Auslegeware (Bühne: Ansgar Prüwer) sollte eigentlich ein Musicalabend mit Christopher Heisler nebst Chor stattfinden. Doch der muss abgesagt werden. Enttäuschung. Nun tobt ein junger Mann im Abendanzug (Kostüme: Noelia Ortiz Pérez) unbeholfen, aber ungemein enthusiastisch über die Bühne, der sich als Universalschauspieler David vorstellt und von Christopher Heisler dargestellt wird. Er soll den Abend und quasi sich selbst retten. Als Notnagel, Ersatzmann, Lückenfüller, professioneller Einspringer. Musical ist nicht sein Fachgebiet, gesteht er. Schon wieder eine Enttäuschung. Stattdessen hat er 50 klassische und 50 moderne Monologe auf Lager - behauptet er.
Doch außer einem Stückchen „Faust“ in Anspielung auf die moderne Version im benachbarten Grillo-Theater gibt es nichts davon zu hören. „Richard III.“ ist raus, „Romeo und Julia“ auch. Er erzählt dem Publikum lieber, mit welchen tollen Ereignissen seine Kindheit und Jugend angefüllt war, bevor ihm klar wurde, dass er kein Genie ist und sich Enttäuschungen in seinem Leben breit machten. Von der Schauspielschule, wo er gleich in die Schublade „zwielichtiger Betrügertyp“ gesteckt wird, bis zu diesem Abend, an dem sein persönliches Scheitern bis hin zum Scheitern von allem und jedem im Fokus steht.
Christopher Heisler erweist sich als wendiger Typ, der den Strahlemann bis zum Gehtnichtmehr gibt. Dass er in mehr als in eine Schublade passt, zeigt diese Aufführung allemal. In seiner Inszenierung von „Showtime“ dehnt Felix Krakau seinen Aktionismus arg aus. Er lässt seinen Protagonisten hin und her wetzen, mit Dauerlächeln berichten, was ihn bewegt, Witze reißen ohne Ende, über Stuhlreihen klettern, zur Musik von „Lillies Of The Valley“ aus dem Pina-Bausch-Film tanzend seine Vielseitigkeit zu betonen. Das Publikum lacht und applaudiert, auch wenn es schon längst nichts mehr zu lachen gibt.
Der Zusammenbruch ist die Rettung. Das Sinnieren über Ent-Täuschung, also das Freimachen von Täuschung, das Scheitern als Chance, das Entstehen von Hoffnung entlarvt den guten Beobachter. Es muss schließlich weitergehen - irgendwie, irgendwo, irgendwann. Ab Mitte nächsten Jahres nicht mehr in der Casa, „die sich am Leben festklammert“, während die anderen Geschäfte schon ausgezogen sind. Noch so eine Enttäuschung.
Weitere Termine: 6. und 14. Oktober, 3. und 16. November. Karten unter 0201 8122 200 oder auf www.theater-essen.de
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