Essen-Katernberg/Schonnebeck. Die SPD im Essener Norden wirft der Stadt anhand von sechs Beispielen vor, dass Bebauungspläne wegen Personalmangel stocken. Das steckt dahinter.

Der Bau von Wohnungen, Kitas und Schulen scheitert an fehlendem Personal der Stadt – das wirft die SPD Essen Katernberg-Schonnebeck der Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung vor. Darin enthalten sind sechs Bebauungspläne, bei denen man zusammengerechnet auf knapp 2000 Wohneinheiten und mindestens zwei Kitas kommt, die zum Teil seit fünf Jahren in der Warteschleife stecken.

SPD: „Personalmangel verhindert Wohnungsbau im Essener Norden“

André Vollmer, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksvertretung VI, zuständig für Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg: „Es mag ja sein, dass in anderen Essener Stadtteilen weitere Bebauungen an steigenden Kosten scheitern, in Katernberg und Schonnebeck wird der Bau von Wohnungen, Grundschulen und Kitas aber durch fehlendes Personal bei der der Stadt Essen verhindert.“

Gemeinsam mit Bezirksbürgermeister Michael Zühlke (SPD) fordert er den Oberbürgermeister mit seiner Verwaltung auf, „schnellstmöglich weiteres Personal einzustellen oder externe Architekturbüros zu beauftragen, damit die dringend notwendige Infrastruktur in Katernberg und Schonnebeck kurzfristig realisiert werden kann“.

Projekt mit 1600 Wohneinheiten scheitert an Eigentumsverhältnissen

Von dem größten Projekt müssen sich die Essener und Essenerinnen jedoch verabschieden und zwar ganz unabhängig von der Personalsituation bei der Stadtverwaltung: Diese hat vor zwei Jahren mit einem Bebauungsplan für ein 29,4 Hektar großes Gebiet an der Stauderstraße/Emscherstraße begonnen. Die Planer sahen dort, an der Grenze zu Altenessen, Potenzial für 1600 Wohneinheiten. Voraussetzung war allerdings, dass die dort ansässige Firma Helf Automobil-Logistik ihr Unternehmen an einen anderen Standort verlagert. Die lehnt das ab und somit entfällt das Verfahren jetzt. Die Stadt verfolgt es nicht weiter.

Drei weitere Verfahren ruhen, die Verwaltung hat sie also weiter auf dem Plan, bearbeitet sie aber derzeit nicht.

  • Ehemaliger Sportplatz Lindenbruch: Über dieses Projekt brüten die Planer seit nunmehr fünf Jahren. Die Fläche in Katernberg soll zu einem familiengerechten Wohngebiet entwickelt werden. Mehrfamilienhäuser und Einfamilienhäuser, Wohnungen und eine Kita waren geplant. Das Gebiet gehört der Stadt Essen – aber nicht komplett. Ein einziges Grundstück müsste noch gekauft werden. Das stellt sich schwieriger heraus als gedacht: Erst wollte der Eigentümer nicht verkaufen, dann war die Stadt in der folgenden Zwangsversteigerung nicht erfolgreich. Ohne den Besitz dieses Grundstücks an der Gelsenkirchener Straße 308 geht die Planung aber nicht weiter. Die Stadt gibt an, sich weiter zu bemühen, das Verfahren ruht aber vorerst.
Das Stadion Lindenbruch der Sportfreunde Katernberg 1913 in Essen: Auf dem Grundstück soll ein Neubaugebiet entstehen.
Das Stadion Lindenbruch der Sportfreunde Katernberg 1913 in Essen: Auf dem Grundstück soll ein Neubaugebiet entstehen. © WAZ FotoPool | Sebastian Konopka
  • Schonnebeckhöfe/Gareisstraße: Hier gibt es seit dem Jahr 2019 den Plan, rund 100 Wohneinheiten zu errichten. In unmittelbarer Nähe zur Gustav-Heinemann-Schule und den ehemals schiefen Schulen von Schonnebeck will die Verwaltung aber zunächst prüfen, ob ein Teil des Grundstücks für eine Grundschule benötigt wird. Laut Schulentwicklungsplan werden in Essen zehn weitere Grundschulen benötigt, 38 der 84 bestehenden Grundschulen benötigen An- und Zusatzbauten für Erweiterungen. Dennoch hat der Planungsausschuss beschlossen, dieses Verfahren ruhen zu lassen. Und hier gibt es tatsächlich den Hinweis: „Zurzeit keine Personalkapazitäten für die Planbearbeitung vorhanden.“
  • Bonifaciusstraße 187 – ehemalige Hauptschule Schetters Busch: An diesem Lost Place gilt das gleiche wie an der Schonnebeckhöfe: Geplant waren mal rund 100 Wohneinheiten und eventuell eine Kita oder Grundschule. Das nötige Konzept für die Schulentwicklungsplanung muss laut Stadt noch erstellt werden. Das Verfahren ruht mit dem Hinweis, dass es keine Kapazitäten für die Planbearbeitung gibt.

Zwei weitere Bauprojekte, die die SPD in ihrer Pressemitteilung nennt, sollen jetzt wieder Fahrt aufnehmen, das hat der Bau- und Planungsausschuss in seiner Sitzung vom 18. August beschlossen. Dort haben die Mitglieder (CDU: 7, SPD: 5, Grüne: 4, AFD, FDP, Tierschutz, EBB jeweils 1), unter Beteiligung aller Bezirksvertretungen, das sogenannte „Arbeitsprogramm Bauleitplanung“ beschlossen. Aufgelistet sind dort sämtliche Bebauungsplanverfahren der Stadt, die entweder jetzt entfallen (Stauderstraße/Emscherstraße), ruhen (Bonifaciusstraße) oder weiter verfolgt werden. Zu letzterer Kategorie gehört die gut ein Hektar große Fläche an der Katernberger Feldwiese.

Ivonne Gruber, Dina Jankowski und Sabine Werner von der Bürgerinitiative „Rettet die Katernberger Grünflächen“ wehrten sich 2019 gegen die Bebauung der Freifläche an der Ecke Plänkerweg/Feldwiese.
Ivonne Gruber, Dina Jankowski und Sabine Werner von der Bürgerinitiative „Rettet die Katernberger Grünflächen“ wehrten sich 2019 gegen die Bebauung der Freifläche an der Ecke Plänkerweg/Feldwiese. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

35 Wohneinheiten und eine Kita sind auf dem Vonovia-Grundstück geplant. Schon vor mehr als zwei Jahren hatte sich die Initiative „Rettet die Grünflächen“ dagegen gewehrt: Es handelt sich um eine nicht versiegelte Fläche. Für Werner Meys, Vorsitzender der SPD Katernberg-Schonnebeck, ist das aber zunächst kein Grund, die Pläne nicht öffentlich auszulegen: „Dort können die Anwohner ihre Kritik ja immer noch äußern.“ Kita-Plätze würden in Katernberg dringend gebraucht und durch die zuletzt durchgeführte Renaturierung des Katernberger Bachs sei der Stadtteil in puncto Klimaschutz weit vorne. Von der Verwaltung heißt es: „Die öffentliche Auslegung wird jetzt vorbereitet.“

Marktplatz in Essen-Schonnebeck: Kaufmannschaft will sich vergrößern

Bei dem letzten Projekt auf der SPD-Klageliste handelt es sich um den Karl-Meyer-Platz in Schonnebeck. Dort waren zwar nur wenige Wohneinheiten geplant, aber es sollte mehr Platz für Edeka und Rossmann geben. Nach der Eröffnung des großen Aldi-Marktes auf der anderen Straßenseite im Jahr 2020 fühlten sich die Einzelhändler auf ihrer kleinen Fläche nicht mehr konkurrenzfähig. Meys: „Die Kaufmannschaft verlässt den Standort am Marktplatz, wenn sie sich nicht vergrößern kann und das wünscht sich doch niemand.“ Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist abgeschlossen, die Planbearbeitung soll laut Stadt eigentlich noch in diesem Jahr wieder aufgenommen werden.

Unterm Strich scheint die mangelnde Personaldecke bei der Stadt also nur einer der Gründe zu sein, warum einige Bauprojekte auch Jahre nach dem ersten Aufschlag noch in den Kinderschuhen stecken. Laut Stadtpressesprecherin Jasmin Trilling gebe es auch immer wieder Verzögerungen durch fehlende Gutachten, schwierige Eigentumsverhältnisse und Klageverfahren. Trilling: „Es sind derzeit keine Stellen unbesetzt.“ Mehr Personal könne unterdessen immer gebraucht werden, dafür müssten dann Stellen geschaffen werden.

Die Vergabe an externe Dienstleister sei zwar eine Option, bedeute aber immer noch Arbeit für die Verwaltung. Trilling: „Eine Verfahrensbeschleunigung durch vom Investor beauftragte Städtebaubüros ist möglich, wenn die Mit- und Zuarbeit gut läuft. In der Regel ergeben sich allerdings nur selten wesentliche Zeitvorteile.“