Essen. Die Stadtwerke Essen erhöhen den Gaspreis. Ein Durchschnittshaushalt muss etwa 2000 Euro mehr pro Jahr zahlen. Das könnte nur der Anfang sein.
Der Krieg in der Ukraine lässt die Gaspreise in bislang nicht gekannte Höhen steigen. Das bekommen auch die Kunden der Stadtwerke Essen zu spüren. Zum 1. Oktober erhöht der Versorger den Gaspreis um 127 Prozent.
Der Arbeitspreis in der Grundversorgung steigt dann um 10,14 Cent pro Kilowattstunde auf 18,14 Cent. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr bedeuten dies zusätzlichen Kosten von etwa 2000 Euro pro Jahr.
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Der günstigste Tarif der Stadtwerke, Essen Gas M, steigt von 7,1 Cent pro Kilowattstunde auf 16,05 Cent. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt statt 1569,88 Euro pro Jahr künftig 3359,88 Euro.
Das Ende der Fahnenstange ist für Stadtwerke-Chef Lars Martin Klieve nicht erreicht
„Wie alle anderen Versorger müssen auch wir Erdgas aktuell zu vervielfachten Preisen am Energiemarkt einkaufen“, betont Lars Martin Klieve. Das Diagramm, das der Vorstand der Stadtwerke beim Gespräch mit der Redaktion vorlegt, gleicht einer Fieberkurve, die einem den Schweiß auf die Stirn treibt.
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Seit Jahresbeginn hat sich der Einkaufspreis für Gas demnach mehr als verzehnfacht. „Was wir gerade erleben, hat es noch nie gegeben“, sagt Klieve mit Blick auf die aktuelle Preisentwicklung und erinnert an Zeiten, als es bei Preiserhöhungen um Stellen nach dem Komma ging, was ja noch gar nicht lange her sei.
„Und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange“, fürchtet der Stadtwerke-Chef. Denn: „Wir befinden uns in einem Wirtschaftskrieg mit Putin-Russland und die Waffe ist die Gasversorgung.“ Aktuell liefert Russland nur 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Gasmenge. Ein knappes Gut wird teurer. Das lernt jeder Studierende der Wirtschaftswissenschaften im ersten Semester.
Die Gasumlage kostet den Durchschnittshaushalt 575 Euro pro Jahr
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Zu einem Teil müssten die Stadtwerke die Preise an ihre Kunden weitergeben, bedauert Klieve. Das betrifft nicht nur den Einkaufspreis. 2,879 Cent pro Kilowattstunde entfallen auf die vom Bundesgesetzgeber vorgegebene Gasbeschaffungsumlage. Gasimporteure sollen dadurch entlastet werden. Mehrkosten, die Uniper und anderer für die Gasbeschaffung tragen müssen, werden zu 90 Prozent auf alle Kunden verteilt. Von den etwa 1800 Euro, die ein Durchschnittshaushalt im Tarif Essen Gas M mehr zahlen muss, entfallen allein 575 Euro auf die Gasumlage, rechnet Klieve vor.
Zur Gasumlage kommt ab dem 1. Oktober eine weitere gesetzliche Vorgabe hinzu, die Gasspeicherumlage, deren Höhe noch nicht bekannt ist. Der Stadtwerke-Chef will nicht ausschließen, dass der Gaspreis „nachgebessert werden muss“. Sprich: Es könnte schon bald noch teurer werden. Immerhin hat die Bundesregierung angekündigt, die Mehrwertsteuer auf Gas zu senken – von 19 auf 7 Prozent. Für gebeutelte Gaskunden ist dies gleichwohl nur ein schwacher Trost.
Stadtwerke-Chef stellt Verbraucher auf einen harten Winter ein
Dass die Kosten für Stadtwerke-Kunden nicht bereits mit Beginn der Heizperiode noch deutlicher steigen, hat laut Klieve folgenden Grund: Der Versorger hat in den vergangenen beiden Jahren Gas zu Preisen eingekauft, die aus heutiger Sicht traumhaft günstig waren, wovon Kunden nun profitieren. Klieve warnt aber vor Illusionen: „Diese Zeiten kommen nicht wieder.“
Der Stadtwerke-Chef appelliert deshalb dringend an alle Verbraucher Energie zu sparen – also nicht nur Gas, sondern auch Strom. Hintergrund: Erdgas wird auch zur Stromerzeugung genutzt, 2021 betrug der Anteil 12,6 Prozent. Wer Strom spart, spart also auch beim Gasverbrauch, betont Klieve. Mit Gas, das nicht zur Stromerzeugung genutzt wird, könnten die Speicher weiter gefüllt werden. Es wäre ein Beitrag zur Energiesicherheit. Denn die Aussichten sind besorgniserregend, wie Klieve betont: „Wir werden einen harten Winter erleben und können nur hoffen, dass uns das Wetter in die Karten spielt.“