Essen. An jedem zweiten Haus in Essen muss energetisch dringend etwas getan werden. Dies ergab die Auswertung von 24.000 Wärmebildaufnahmen, die der Energieversorger RWE aus der Luft schießen ließ. Hausbesitzer sollen damit animiert werden, mehr Energie zu sparen und zu investieren.
Frank Knospe verpackte die schlechte Nachricht in warme Worte: 50 Prozent der Gebäude in Essen seien energetisch in einem Zustand, der nur geringen Handlungsbedarf erkennen lasse. Auf den ersten Blick dürfte es genügen, an Dachfirsten und Schornsteinen etwas zu tun. Soll heißen: Bei den anderen 50 Prozent ist der Handlungsbedarf so groß, dass es allein damit nicht mehr getan sein dürfte. Zu diesem Ergebnis kam der Leiter des Amtes für Geoinformation, Vermessung und Kataster gemeinsam mit dem Energieversorger RWE nach der Auswertung von Thermografieaufnahmen, die von einem Flugzeug aus in drei klaren und sternklaren Nächten geschossen worden waren.
80 Schleifen war die Maschine über dem Stadtgebiet geflogen, damit sich Stadt und RWE anhand von 24.000 Wärmebildaufnahmen im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild vom energetischen Zustand des Gebäudebestandes machen können. Das Ziel: Hausbesitzern aufzeigen, wo sie Energie und Geld sparen können.
500 Hauseigentümer ließen sich beraten
140.000 Eigentümer hatte die Stadt deshalb angeschrieben und ihnen ein kostenloses Thermo-Bild ihres Hauses angeboten, sofern die Aufnahme zur Auswertung genutzt werden dürfe. 38.000 Bürger nahmen das Angebot an. Eine Quote, „die Mut macht, weiter zu machen“, so Oberbürgermeister Reinhard Paß.
Die Stadt und RWE wollen ihre Zusammenarbeit fortsetzen. Paß und RWE-Vorstand Arndt Neuhaus unterzeichneten dafür gestern einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Der von der Energiewende gebeutelte Stromversorger ist bekanntlich auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern. Die Energieberatung soll ein solches sein. Thermografieaufnahmen aus der Luft können da nur ein Anfang sein. Immerhin 500 Hauseigentümer ließen sich anhand der Bilder beraten. Der nächste Schritt soll ein so genannter „Energienutzungsplan Essen“ sein auf Basis einer „dreidimensionalen Datenbank“. Erfasst werden sollen sowohl statistische Angaben zum Wärmebedarf von Gebäuden als auch Vergleichswerte und Vorschläge zur energetischen Sanierung, erläutert Frank Knospe. Ende 2015 könnte es soweit sein.
Klimaziel nur gemeinsam erreichbar
Am Ende könnte eine Art „Marktplatz“ entstehen, so Knospe, eine Internet-Plattform, auf der sich Hausbesitzer nicht nur über Einsparpotenziale informieren und austauschen können, sondern auf der sie für sie maßgerecht zugeschnittene Angebote finden sollen zum Beispiel von Handwerksbetrieben. Gleichgesinnte könnten sich auf diesem Weg zusammen tun. Die Stadt wiederum will die Datenbasis nutzen für eine zielgerichtete Stadtplanung. In welchen Quartieren besteht besonders großer Handlungsbedarf? Wohin sollten Städtebaufördermittel fließen?
Will die Stadt ihr Klimaziel erreichen, gehe das nur gemeinsam - privat und öffentlich Hand in Hand.