Duisburg-Hochemmerich. . Im Fastenmonat Ramazan nehmen die Gläubigen den ganzen Tag keine Nahrung zu sich. Erst am späten Abend wird das Fasten gebrochen. Der türkisch-islamischen Kulturverein „Nizam-i-alem“ hat in seinen Gemeinderaum eingeladen, um diese Tradition zu erklären und näherzubringen.

Einsichten: Der Hodscha ruft. Der Imam betet zu Allah, so innig wie Christen Gott anrufen können. Die Moslems beten, erheben beide Hände, halten sie leicht geöffnet gen Himmel. Die Männer sind fast unter sich, bis auf zwei weibliche, deutsche Gäste. Die Frauen beten separat, oben im Gebetsraum. Hier unten schließen manche kontemplativ die Augen, wirken ein paar Momente wie versunken. Es ist kurz vor zehn, als das Fasten gebrochen wird. Jetzt werden die Speisen auf die Tische gestellt, eine heiße Suppe, dann gebratene Hühnchen auf Hirsereis, ein bisschen Salat, gefolgt von süßem Backwerk zum Nachtisch, das sie hier Baclava nennen. Dazu wird Mineralwasser gereicht.

Die Zeremonie ist völlig unaufgeregt, aber selbst bei der Mahlzeit ist es still. Man(n) redet nur wenig, und wenn, im gedämpften Ton, hier am Ende eines ganz normalen Tages im Fastenmonat Ramazan. Der türkisch-islamische Kulturverein „Nizam-i-alem“ hat uns zum Fastenbrechen in seinen Gemeinderaum am Markt in Hochemmerich eingeladen, damit wir uns ein Bild machen können und mehr verstehen. Man erfährt, dass die Männer, Frauen und Kinder des Vereins den ganzen Tag keine Nahrung zu sich genommen haben. Warum? Damit keine weltlichen Genüsse die Gläubigen von Gott ablenken, den Dialog mit dem Allmächtigen stören. Auch, um besser nachzuvollziehen, wie es sich die Armen, Hungernden, Notleidenden dieser Welt tagtäglich fühlen. Das ist genauso wichtig. „Das Fasten ist auch eine Frage der Empathie“, sagt eine junge Frau. „Der Islam ist auch eine soziale Religion. Er hilft Menschen in Not.“

Der Imam spricht Fürbitten

Das muslimische Zuckerfest in ein paar Wochen hat einen ähnlichen Hintergrund, einen weltlichen und einen transzendentalen. Und halten wir Christen es nicht genauso, wenn uns der Pfarrer auf das Leben der Anderen, auf der dunklen Seite des Lebens, aufmerksam macht? Ein Beispiel: Der Imam hat in seinem Gebet Fürbitten gesprochen, für alle Menschen, besonders die, denen es schlecht geht. So wie der Pfarrer, der Pastor auf der Kanzel.

Bei den Gläubigen sitzt der Homberger Rainer Grün, den seit seiner Kindheit feste Bande mit dem Kulturverein verbinden. Seine Mutter ist Deutsche, der Vater Türke. Grün ist nicht nur Mitglied im 27-köpfigen Integrationsrat der Stadt Duisburg, er hat vor Jahren mit anderen auch die DAL gegründet: Die Duisburger Wählergemeinschaft hat heute nur 20 Mitglieder, aber ihr Stimmenpotenzial ist größer. Immerhin so groß, dass die Partei bei der Kommunalwahl 2004 in den Stadtrat einzog. Fast 2000 Stimmen.

Viele waren von politischer Willensbildung ausgeschlossen

Dort heißt ihr Vertreter Rainer Grün, der zuvor 18 Jahre Mitglieder SPD war. „Ich und einige andere Kommunalpolitiker mit Migrationshintergrund wollten uns in und mit den etablierten Parteien für die Interessen der rund 90.000 Mitbürger mit Migrationshintergrund einsetzen.“ Dann hätten sie immer wieder erlebt, dass sie in den meisten Ratsparteien auf hinteren Listenplätzen landeten, wenn es auf die Kommunalwahl zuging. Also, keine Chance, in den Rat, die sieben Bezirksvertretungen oder in die Ausschüsse zu kommen. „Die Ressentiments gegenüber Menschen ausländischer Herkunft gibt es auch 1:1 in vielen Ortsvereinen.“

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Rainer Grün und seine Freunde gründeten 2004 die DaL: „Die Duisburger alternative Liste“. Einige waren vorher bei der CDU einige bei der SPD, einige parteilos. „Wir waren damals alle enttäuscht weil wir alle gesehen haben, dass damals praktisch 30 Prozent der Bevölkerung von der politischen Willensbildung ausgeschlossen waren. Vor zehn Jahren hat es keinen einzigen Ratsvertreter mit Migrationshintergrund gegeben.“ Inzwischen habe sich die Lage etwas gebessert, gebe es einige Politiker mit türkischen Wurzeln in den Gremien der Stadt.