Duisburg. Murat B. und seine Frau haben in Duisburg eine neue Wohnung gesucht. Dabei wurden sie mit diskriminierenden Aussagen konfrontiert.
Murat B.* (27) war optimistisch, als er zusammen mit seiner Frau vor neun Monaten auf Wohnungssuche im Duisburger Süden ging. Beide sind voll berufstätig, sie arbeitet bei einer Sparkasse, er bei einer Privatbank. Beide Nichtraucher, keine Haustiere und keine Kinder. Beste Voraussetzungen, dachte sich der perfekt Deutsch sprechende Duisburger. „Was ich dann aber in den vergangenen Monaten an diskriminierenden Aussagen und äußerst merkwürdigen Entscheidungen erlebt habe, ist zutiefst enttäuschend und frustrierend gewesen“, sagt der 27-Jährige, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will.
Die meisten Vermieter seien am Telefon zunächst positiv gestimmt gewesen und hätten es gar nicht abwarten können, die jeweilige Wohnung zu zeigen – bis er seinen Nachnamen wiederholen oder buchstabieren musste. Immer wieder habe er kurz darauf Absagen erhalten.
"Gegen Pauschalisierung gewehrt"
„Ich habe mich stets gegen Pauschalisierungen gewehrt und auch türkischen Freunden gesagt, dass sie Entscheidungen gegen sie nicht ständig auf ihre Herkunft schieben sollen“, erzählt Murat B., „aber in den vergangenen Monaten bin ich ins Grübeln gekommen.“
Nicht immer treten die Vorbehalte so offen zu tage wie bei einer Wohnungsbesichtigung, von der der 27-Jährige berichtet. Von einem Vertreter eines Eigentümers wollte er wissen, ob es schon viele Interessenten für die Wohnung gebe. Die Antwort: „Ja, schon, aber Sie wissen ja, man will ja keine Indianer in der Wohnung haben.“ Murat B. war sprachlos – mal abgesehen davon, dass der Mann offenbar gar nicht erkannt hatte, wer da vor ihm stand.
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„Ich hatte diesen Rassismus bisher in meinen Leben nicht erlebt“, erzählt der 27-Jährige. „Ob private Vermieter oder größere Wohnungsgesellschaften: Überall habe ich plötzlich negative Erfahrungen gemacht. Eine bewusste Diskriminierung ist in den meisten Fällen ja kaum nachzuweisen, aber angesichts der Häufung ist das alles für mich kein Zufall mehr.“
Endlich eine passende Wohnung gefunden
Nach langer Suche haben Murat B. und seine Frau endlich eine passende Wohnung in Wanheimerort gefunden. Bei einer größeren Wohnungsgesellschaft, wie er erzählt. „Da sind wir mit der ganzen Familie aufgetaucht und trotzdem hat es geklappt. Es gibt also auch gute und offene Vermieter. Das will ich gar nicht verschweigen.“
Trotzdem ist es ihm wichtig, auf das für ihn offenkundige, grundsätzliche Problem aufmerksam zu machen. Denn er fragt sich, was Menschen mit Migrationshintergrund erst erleben müssen, die nicht die Voraussetzungen haben wie er.
Der Erfahrungsbericht von Murat B. wirft die Frage auf, wie Menschen mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche in Duisburg behandelt werden. Sind Diskriminierungen an der Tagesordnung? Die Redaktion hat mit Menschen gesprochen, die es wissen müssten:
Diskriminierungen bei Wohnungssuche meist nur schwer nachzuweisen
Zum Beispiel mit Georg Jachmich: Der Geschäftsführer des Verbandes der Haus- und Grundbesitzer kann den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit nicht nachvollziehen: „Das ist Quatsch – schon allein deshalb, weil zehn Prozent unserer 4200 Mitglieder einen Migrationshintergrund haben. Natürlich schauen wir immer auch, ob jemand in das jeweilige Haus passt. Aber was den geschilderten Fall angeht: Gerade solch solvente Mieter suchen wir als Eigentümer doch.“
Für Marijo Terzic, dem stellvertretenden Integrationsbeauftragten der Stadt, sind die Erlebnisse von Murat B. dagegen immer noch traurige Realität, nicht nur in Duisburg: „Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass der Nachname leider ein Indikator für negative Assoziationen ist. Das betrifft die Wohnungs-, aber zum Beispiel auch die Jobsuche“, sagt Terzic. „Eine Diskriminierung lässt sich in der Tat oft nur schwer nachweisen, es gibt aber Untersuchungen, die klar belegen, dass die Herkunft eine Rolle spielt.“ Das Integrationsreferat arbeite zum Beispiel mit Dialogveranstaltungen daran, „dass diese Vorbehalte aus den Köpfen der Menschen endlich verschwinden“, so Terzic.
Fitnesscenter lehnen Migranten ab
Wer sich bei der Wohnungssuche diskriminiert fühlt, der sollte sich laut Terzic ans Anti-Rassismus-Informations-Centrum (ARIC) wenden. Hartmut Reiners (ARIC) kann zwar nur von vereinzelten Fällen berichten, geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus. „Uns sprechen derzeit viele Migranten an, die von Fitnesscentern abgelehnt werden – etwa Frauen mit Kopftuch“, so Reiners. „Ich wünsche mir, dass sich auch bei Problemen bei der Wohnungssuche mehr Menschen melden. Dann können wir handeln.“
Auch Jürgen Effenberger, Vorsitzender des Mieterbundes Rhein-Ruhr, sagt, dass Migranten mit ihm kaum über das Thema reden. „Diejenigen, die sich bei mir über Wohnungen informieren, schicke ich lieber zu größeren Wohnungsgesellschaften als zu privaten Vermietern. Dort haben viele Mieter mit Migrationshintergrund. Da ist das Zusammenleben eher Normalität.“
* Name geändert