Duisburg-Süd. Die Anwohner im Duisburger Süden sind verunsichert nach dem Großbrand in einem Krefelder Düngerlager. Riesige Aschebrocken fielen vom Himmel und damit auf Haus und Garten. Gärtner trauen sich nicht ihr angebautes Obst und Gemüse zu essen und lassen lassen es vergammeln.

Ein Landwirt zieht mit dem Trecker seine Runden über das Feld in Mündelheim. Nur wenige hundert Meter hinter ihm, auf der anderen Rheinseite, stehen die dampfenden Ruinen der Lagerhalle von Compo. Tonnenweise Düngemittel gingen hier in Flammen auf. Und jetzt düngt der Mann auch noch sein Feld. Ausgerechnet jetzt.

Es ist noch längst nicht wieder Alltag in Mündelheim eingekehrt. Vom Himmel regnet auch am Freitagnachmittag noch feine Asche, wie leichter Schneefall. Dazu ein beißender Geruch. Monika Riemenschneider steht im Garten. Die 47-Jährige zeigt das Trampolin der Kinder. Überall hat sich der feine Staub abgesetzt.

Auf dem Rasen liegen zentimetergroße verkohlte Brocken. Reste von Dachpappe, Teile von verkokelten Säcken. Monika Riemenschneider glaubt nicht, dass das Zeug wirklich harmlos ist: „Die Kinder dürfen nicht auf den Geräten spielen. Ich werde den Rasen lieber erst einmal nicht mähen.“

Trampolin-Verbot für die Kinder

Die Riemenschneiders waren die ersten, die am Dienstag auf Duisburger Seite etwas vom Brand zu spüren bekamen. Ihr Haus am Rheinheimer Weg war das erste, das vom Rauch verschluckt wurde. „Wir haben das Feuer lodern sehen“, sagt die Mutter. Als die Polizei Lautsprecherdurchsagen machte, waren die Kinder schon auf dem Weg zur Schule. Kater Samson ging auf die Pirsch. Alle liefen mitten durch den Rauch.

Nachbar Peter Ropertz pflanzt gerade im Garten einen kleinen Buchsbaum ein. Er könne ja nicht ewig die Finger davon lassen, sagt der 59-Jährige. „Bei Kindern würde ich das vielleicht anders sehen.“ Letztlich müsse sich aber jeder mit der Situation arrangieren. Das sei eben auch der Preis für die Nähe von Wohnort und Arbeitsplätzen. „Wir können ja nicht auswandern.“

Im Kleingartenverein wächst die Wut

Im Kleingartenverein am Ehinger Berg wächst dagegen die Wut auf die Verantwortlichen. Sein Kohlrabi werde wohl im Boden vergammeln, sagt einer der Kleingärtner. Weiterhin gilt die Warnung der Bezirksregierung, auf den Verzehr von Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten zu verzichten. Angeblich haben die Bodenproben zwar bis jetzt noch keine kritischen Ergebnisse gebracht. Aber sicher ist sicher. Der Mann ist wütend auf die Offiziellen. Nicht wegen des Verbots. „Was soll denn noch passieren. Wer schützt uns denn?“

Auch im Vorgarten in Ehingen vergammeln die Früchte. Leo Boonkamp lässt seine Äpfel am Baum hängen. Selbst wenn es offiziell Entwarnung geben sollte, will er die Finger davon lassen. „Wir diskutieren seit Jahren darüber, wie gefährlich Feinstaub sein soll“, sagt der 67-Jährige. „Und dann wollen die uns weismachen, dass das jetzt ungefährlich ist.“ Er habe aber auch ein bisschen Verständnis für die Offiziellen. „Man hätte ja sowieso nicht alle Leute evakuieren können. Es gibt Fälle, da muss der Staat sein Volk krepieren lassen.“

Ganz so weit ist es noch nicht. In Mündelheim dreht der Trecker weiter seine Runden. Monika Riemenschneider hat die Wäsche zum wiederholten Mal gewaschen. Die 47-Jährige denkt kurz drüber nach, ob sich das Düngen für den Bauer überhaupt lohnt. „Ich weiß noch nicht, ob wir nächstes Jahr die Erdbeeren vom Feld essen.“