Duisburg-Marxloh. Mit Fördermillionen soll der Marktplatz in Marxloh umgebaut werden. Einwohner wünschen sich mehr als nur die Brautmodenmeile. Was sie vermissen.
Was wünschen sich die Marxloherinnen und Marxloher für den August-Bebel-Platz und die angrenzende Brautmodenmeile? Für ihren Stadtteil insgesamt? Diese Fragen werden angesichts des 50 Millionen Euro schweren Förderprogramms „Stark im Norden“ längst in der örtlichen Politik und auch unter den Kaufleuten diskutiert. Aber jetzt haben sich erstmals auch Anwohner dazu offiziell äußern dürfen. Die neuen Quartiersmanager haben sich während des Wochenmarkts vorgestellt und dabei ein erstes Stimmungsbild zu Marxlohs Marktplatz eingeholt – das fällt anders aus als das der Parteimitglieder oder Geschäftsleute.
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„Ich finde das superspannend“, schwärmt Christiane Weber und beschriftet gerade Karteikarten mit ihren Ideen und Wünschen. Die 42-Jährige ist im Stadtteil aufgewachsen, lebt aber inzwischen in Röttgersbach. „Ich habe immer an Marxloh geglaubt“, betont sie und sieht in der Bürgerbeteiligung eine große Chance. Sie wünscht sich einen gutsortierten Supermarkt, am liebsten mit Bäcker und Metzgertheke. Discounter wie Aldi oder Netto reichen ihr nicht, und im türkischen Supermarkt im Im-Brahm-Center kauft sie nicht ein, weil ihr dort die bekannten Markenartikel fehlen.
Was wünschen sich die Marxloher für ihren Marktplatz und ihren Stadtteil?
Mit dem Wunsch nach einem besseren Einzelhandelsmix und nach mehr Vielfalt in der Gastronomie ist sie nicht alleine. Andere Leute haben dies ebenfalls an die vielsprachig beschrifteten Pinnwände gesteckt, die die Quartiersmanager aufgestellt haben. „Die Brautmodenmeile ist ein Alleinstellungsmerkmal für Marxloh. Wenn wir die nicht hätten, dann hätten wir hier Leerstand ohne Ende“, ordnet der SPD-Lokalpolitiker Manfred Slykers ein. Für ihre Hochzeit oder ihren Abi-Ball finden junge Frauen schöne Kleider, Schmuck und den passenden Friseursalon, doch das Brautmodenparadies ist noch längst kein Einkaufsparadies.
Deshalb unterstützt neben Slykers auch der Vizevorsitzende des Marxloher Werberings, Kai-Jens Heinze, die Forderung, das Angebot auszubauen. Heinzes Ziel ist „Einkaufen als Erlebnis“, dafür müsse aber nicht nur das Sortiment erweitert werden, sondern auch das Umfeld müsse stimmen. Nur den Marktplatz und die Weseler Straße aufzuhübschen, findet er zu wenig. Auch die Kaiser-Wilhelm-Straße oder die Hagedornstraße müssten ansprechend werden.
Als unstrittig gilt bislang im Stadtteil der schon lange kursierende Vorschlag, den Busbahnhof vom Marxloh-Center an die Weseler Straße zu verlegen. Das würde zwar Laufkundschaft kosten, sagt Kai-Jens Heinze voraus, der in dem kleinen Einkaufszentrum den Lottoladen betreibt. Aber da könne ein aufgehübschtes Center gegensteuern. Zur Überlegung mit dem versetzten Busbahnhof gehört außerdem, den August-Bebel-Platz autofrei zu machen und die Bürgersteige der Brautmodenmeile zu verbreitern. Damit liebäugelt auch Heinze, zumal gerade an den besucherstarken Wochenenden auf den schmalen Gehwegen kaum ein Durchkommen sei.
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Eine Gruppe um den Werberingvorsitzenden Selgün Çalisir möchte dagegen eine neue, autofreie Flaniermeile verhindern und außerdem die bestehende Fußgängerzone am Pollmann-Eck wieder für Autos öffnen.
Dönerbuden und türkische Cafés machen noch keine Gastromeile
Für die Marxloher an den Pinnwänden spielen Fußgängerzonen, Parkplätze und der Busbahnhof jetzt jedoch keine Rolle. Sie möchten öffentliche Toiletten, bessere Straßenlaternen, mehr Sitzbänke und neben einem größeren Einzelhandelsmix auch ein ausgewogenes Gastronomie-Angebot. Während Selgün Çalisir und andere bereits von der Weseler Straße als neue Gastromeile sprechen, beklagen die Anwohner beim Auftakt der Bürgerbeteiligung, dass es nur noch kleinere oder größere Dönerbuden, Imbisse und türkische Cafés gibt, die obendrein als muslimisch geführte Betriebe fast ausnahmslos keinen Alkohol verkaufen.
Millionen-Projekt- So startet die Umsetzung jetzt in Marxloh„Zum Bierchentrinken war Marxloh früher toll“, erinnert sich Christiane Weber an die Neunzigerjahre. Die Zeiten der Gaststätten seien im Stadtteil vorbei, „aber eine schöne Eisdiele wäre toll“. Dennoch gibt sie zu, dass sie kaum noch ihre Freizeit in ihrer alten Heimat verbringt und dafür heutzutage lieber in anderen Stadtteilen unterwegs ist.
Während die einen den Gaststätten wie der Bayernstube – heute ein Brautmodengeschäft – nachtrauern, möchten andere, dass sich die Trinkerszene künftig nicht mehr am und auf dem August-Bebel-Platz trifft.
Neue Quartiersmanager wollen auch türkische, rumänische und bulgarische Marxloher einbinden
Allerdings gibt es auch Stimmen, die gar nichts am Marktplatz ändern wollen. „Alles soll so bleiben, wie es ist“, fordert Ismail Baran, der im Marxloh-Center arbeitet. Er spricht dabei für einen Fernsehbeitrag über das Programm „Stark im Norden“ in eine Kamera, ist aber vor allem an einem Date mit der Fernsehreporterin interessiert.
Tatsächlich scheinen außerdem der Schmuckhändler auf dem Wochenmarkt und die anderen Marktbeschicker bei den türkischstämmigen Menschen auf dem August-Bebel-Platz mehr Interesse zu wecken als der Stand der neuen Quartiersmanager. Dies bestärkt das Team darin, bei weiteren Terminen auch Sprachmittler einzusetzen und so auch Marxloher mit türkischen, rumänischen oder bulgarischen Wurzeln einzubinden.
Hat die Stadt Duisburg bereits fertige Umbaupläne für Marxloh in der Schublade?
Quartiersmanagerin Eva Baches betont, dass die Stadt keine fertigen Umbaupläne für den Stadtteil habe: „Es steht noch überhaupt kein Plan fest.“ Das gelte für einen Ortswechsel des Busbahnhofs genauso wie für ein Parkverbot auf dem August-Bebel-Platz. „Wir holen erstmal Meinungen ein und sammeln Ideen.“
Das bestätigt auch Kira Popp vom Stadtentwicklungsamt. Sie weiß, dass diesbezüglich die Gerüchteküche brodelt, verweist aber auf noch ausstehende Gutachten und auf ein fehlendes Verkehrskonzept. „Es gibt sehr viele Ideen, aber wir haben nichts in der Schublade außer den Förderantrag“, so Popp weiter. In dem Antrag sind zwar der verlagerte Busbahnhof und breitere Gehwege zu finden. Doch wie sich der Marktplatz samt Umgebung verändern wird, das soll später ein Architektenwettbewerb entscheiden, der Ideen aus der Bevölkerung, aber auch aus der Politik aufgreifen soll.
Bevor der Wettbewerb beginnt, soll es in den nächsten Wochen und Monaten noch weitere Gelegenheiten zur Bürgerbeteiligung geben.
>> Quartiersmanager verstehen sich als Brückenbauer
● Das neue Quartiersmanagement für Marxloh soll direkter Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil sein und eine Brücke zwischen Verwaltung, Akteuren und Anwohnern bauen.
● Mit der Resonanz auf das Kennenlernen zwischen Marxlohern und den Quartiersmanagern, bei dem auch ausgewählte Projekte von „Stark im Norden“ präsentiert wurden, zeigt sich das neue Team zufrieden.