Duisburg-Marxloh. Die Fußgängerzone am Pollmannkreuz in Marxloh gibt es seit 1977. Seitdem hat sich viel verändert. Kaufleute wünschen sich Autos vor den Läden.
Oberbürgermeister Josef Krings erfüllte den Duisburgern am 26. November 1977 einen Traum und übergab in Marxloh offiziell die neue Einkaufsmeile am Pollmannkreuz. Zehntausende Menschen sollen zur Eröffnung dieser Fußgängerzone gekommen sein, die mit 760 Metern die längste der ganzen Stadt war. Eine große Einweihungsparty würde nur wenige Tage später folgen.
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Damals lockten noch viele Kaufhäuser und Fachgeschäfte in den Stadtteil. Heute sind es vor allem Brautmodengeschäfte, die ein Publikum aus halb Europa ansprechen. Die Fußgängerzone an der Kaiser-Wilhelm-Straße und an der Kaiser-Friedrich-Straße hat sich aber längst überholt, findet Selgün Çalisir als Vorsitzender des örtlichen Werberings.
Marxloher Werbering will die Fußgängerzone nach 45 Jahren abschaffen
„Die Fußgängerzone hat sich nur mäßig entwickelt, während die Weseler Straße überregional und international an Bedeutung gewonnen hat“, sagt Çalisir. „Über die Weseler Straße spricht man sogar in Paris, über die Kaiser-Wilhelm-Straße spricht kein Mensch.“ Daher sein Appell an Stadtverwaltung und Lokalpolitik: „Lasst die Autos rein!“
Die Brautmodenmeile, die sich seit Ende der 90er Jahre in Marxloh entwickelt hat, sieht der Werbering-Vorsitzende weiterhin als zukunftsfähig. Derzeit gehören dazu demnach gut 100 Modegeschäfte für Frauen und Männer, gut 20 Juweliere sowie einige Läden für Schlafzimmerausstattung und den ersten Hausstand. „Während der Corona-Krise musste kein Geschäft geschlossen werden. Wir haben de facto einen Leerstand von null“, freut sich Çalisir und verweist auf einen aktuellen Trend, der die Einkaufsmeile ergänzt. „Hier entwickelt sich eine Gastronomiemeile.“
An der Brautmodenmeile entwickelt sich eine Gastronomiemeile in Duisburg-Marxloh
So ist beispielsweise das beliebte Café Femm ein Kind der Corona-Krise. Zuvor wurden dort Hochzeitskleider verkauft. Kürzlich hat der Imbiss Salash Burger eröffnet, ebenso das türkische Edelrestaurant Hanzade. Zudem viele weitere kleine Restaurants, Imbisse und Cafés. Gut so, findet der Werbering, weil gerade die Bräute und Abiturientinnen von auswärts beim Shopping zwischendurch auch etwas essen und trinken wollen – nicht schnell eine Dönertasche auf der Hand. Sondern ganz gemütlich speisen.
Bislang sei jedoch die Weseler Straße die große Gewinnerin dieser Entwicklung. Denn dort spielt die Musik, während Laufkundschaft die Enden der eigentlichen Fußgängerzone demnach kaum erreicht. Entsprechend unzufrieden seien dortige Kaufleute, so Selgün Çalisir, obwohl die Ladenmieten deutlich geringer seien als auf der ehemaligen B 8.
Dass die Geschäfte schon beim Vorbeifahren gesehen werden und nicht nur beim Flanieren, empfindet Çalisir als wichtigen Erfolgsfaktor der Weseler Straße, der den beiden Kaiserstraßen fehle. Zwar fahren dort auch die Straßenbahnen und Ersatzbusse der 901 entlang, so dass die Schaufenster und Werbetafeln von Pendlerinnen und Pendlern im Nahverkehr durchaus gesehen werden. Nur werden große teure Hochzeitskleider, wendet der Werbering-Chef ein, selten im Bus oder in der Straßenbahn transportiert. Zumal gerade an den Wochenenden Kundinnen aus ganz Deutschland und aus vielen europäischen Ländern in Marxloh zu Gast sind.
Tatsächlich sieht Çalisir in den Kleidern einen weiteren Grund, warum künftig auch Autos in die Kaiser-Wilhelm-Straße und in die Kaiser-Friedrich-Straße sollen. „Die Autos müssen vor die Ladentüren, die großen Brautkleider will niemand durch die Straßen tragen.“ Die Geschäftsleute seien aber auch offen für eine Lösung mit sogenanntem „Shared Space“, in dem sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt bewegen dürfen.
Das dürften hingegen die Gastronomen weniger gut finden, die lieber ihre eigene Außengastronomie statt parkende Autos vor der Ladentür hätten. Doch die Modegeschäfte im Herzen des Stadtteils sind die unbestrittenen Publikumsmagneten.
Millionenschweres Förderpaket „Stark im Norden“: August-Bebel-Platz soll autofrei werden
Während der Werbering fordert, die Fußgängerzone nach 45 Jahren wieder abzuschaffen, planen die Stadt Duisburg und die örtlichen Politiker genau das Gegenteil. So soll der August-Bebel-Platz samt Mithilfe des millionenschweren Förderprogramms „Stark im Norden“ umgebaut und autofrei werden sowie der Busbahnhof an die Weseler Straße verlegt werden. Die wegfallenden Parkplätze sollen neue Parkhäuser und ein Parkleitsystem ersetzen.
Im Rathaus gibt es zudem weitergehende Überlegungen, auch kurze Strecken der Weseler Straße von Autos zu befreien und zum Flanieren auszubauen. Auch darüber hatte bereits in den 70ern die Stadtverwaltung von Oberbürgermeister Josef Krings nachgedacht, diese Idee aber nicht umgesetzt.