Duisburg-Marxloh. Marxlohs Zentrum soll für Millionen Euro attraktiv werden. Ein Ansatz: Dornensträucher sollen Wildpinkler vertreiben. Es gibt auch große Ideen.

Als Ortszentrum macht der August-Bebel-Platz in Duisburg-Marxloh kaum etwas her, und selbst als Marktplatz enttäuscht er längst. Das soll sich in Zukunft ändern, nicht zuletzt mithilfe der 50 Millionen Euro Fördergeld des Modellvorhabens „Stark im Norden“. Eine erste Maßnahme ist bereits beschlossen.

„Es gibt eine Million Ideen für den August-Bebel-Platz“, sagt der Marxloher Ratsherr Dieter Stradmann (SPD), der wie alle Politiker im Bezirk in dem großen Förderetat für die Stadtteile Marxloh und Alt-Hamborn die Chance für eine Renaissance der derzeit hauptsächlich als Parkplatz genutzten Fläche sieht. Zum Ideen-Potpourri gehöre auch eine Markthalle, wie man sie aus Frankfurt oder Hamburg kennt.

„Eine solche Markthalle ist vielleicht zu hoch gestochen“, ordnet Stradmann ein, in jedem Fall müsse aber die Gastronomie gestärkt werden, um neuer Anziehungspunkt für Kundschaft zu sein, von der auch das Marxloh-Center, die Brautmodenmeile und der übrige Fachhandel profitieren sollen. Der Wochenmarkt leiste das schon seit Jahren nicht mehr. „Der Markt ist tot“, sagt der Marxloher Lokalpolitiker. Es gibt „keine Gemüse, kein Obst“, weder Fleisch noch Fisch, sondern nur noch Klamotten.

Erste Maßnahme soll die Obdachlosen vom August-Bebel-Platz vertreiben

Daher setzt Dieter Stradmann auf ein neues Gastronomiekonzept mit „festen Buden“, von denen er sich neue Impulse für den August-Bebel-Platz verspricht. Hungrige Besucherinnen und Besucher sollen künftig eine Vielzahl an Köstlichkeiten bekommen und vielleicht sogar eine kulinarische Weltreise machen können. Weitere Maßnahmen sollen zudem die Weseler Straße verschönern, beispielsweise durch neue Blumenkübel.

Der August-Bebel-Platz in Duisburg-Marxloh ist ein Treffpunkt für Obdachlose, Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige. Ein neues Sitzbankkonzept mit anderen Modellen sollen es ihnen künftig ungemütlich machen.
Der August-Bebel-Platz in Duisburg-Marxloh ist ein Treffpunkt für Obdachlose, Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige. Ein neues Sitzbankkonzept mit anderen Modellen sollen es ihnen künftig ungemütlich machen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Eine erste Maßnahme, die mit einem kleinen Teil der Fördermillionen bezahlt wird, hat die SPD beantragt und die Hamborner Bezirksvertretung bereits einstimmig beschlossen: Die Sitzbänke auf dem August-Bebel-Platz und an der Friedrich-Engels-Straße werden ersetzt und bekommen ein neues Konzept. Dies soll einerseits wieder mehr Menschen zu Schaufensterbummeln, zum Einkaufen und Verweilen anregen, andererseits aber die Obdachlosen, Alkoholiker und Rauschgiftsüchtigen von dort vertreiben, die sich seit Jahren regelmäßig um die teils defekten Bänke versammeln.

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So sieht der beschlossene Antrag vor, kleinere Bänke anzuschaffen; idealerweise Zweisitzer, auf denen man nicht nebeneinander, sondern versetzt sitzt. Die Stadt Duisburg wird zudem die Beete dort mit schön blühenden, aber dornigen Pflanzen neugestalten. Dies soll das Wildpinkeln erschweren.

Brautmodenmeile und Händler leiden unter Marxlohs schlechtem Image und dem Müll

Das Umfeld des Platzes nutzt die Trinkerszene jedoch „schon seit mindestens 20 Jahren“ als Treffpunkt, weiß Kai-Jens Heinze. Der Einzelhändler ist stellvertretender Vorsitzender des örtlichen Werberings und betreibt im Marxloh-Center einen Lottoladen. Dass sich die Süchtigen treffen, „schreckt die Kunden ab“.

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Problematischer findet er allerdings, dass dort auch der Busbahnhof liegt, auf den viele Schülerinnen und Schüler angewiesen sind. „Wir müssen eine Lösung finden“, fordert Heinze, und meint damit mehr als die Idee, den Busbahnhof zu verlegen. Er macht sich aber keine Illusion, dass allein neue Bänke oder Dornensträucher die Trinkerszene vertreiben können, zumal es weitere Szenetreffs in der Nähe gibt.

Ein Vorschlag für das Marxlohs Ortszentrum ist, den Busbahnhof zu verlegen. Dass Schülerinnen und Schüler dort täglich auf Süchtige treffen, besorgt Anwohner, Händler und Politiker gleichermaßen.
Ein Vorschlag für das Marxlohs Ortszentrum ist, den Busbahnhof zu verlegen. Dass Schülerinnen und Schüler dort täglich auf Süchtige treffen, besorgt Anwohner, Händler und Politiker gleichermaßen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Dass der Standort nicht mehr als „zentraler Treffpunkt“der Menschen im Stadtteil genutzt wird und längst kein „schönes Eingangstor nach Marxloh“ ist, will Heinze aber natürlich nicht den süchtigen Obdachlosen anlasten: Marxloh leide auch unter seinem schlechten Image und unter viel Müll.

Zwar sei die Brautmodenmeile weiterhin ein Magnet und mit rund 100 Geschäften „die romantischste Straße Europas“, doch es brauche kreative Ideen für das Stadtteilzentrum, das als Parkplatz unter Wert verkauft sei – auch angesichts zweier naher Parkdecks.

Viele Ideen zur Wiederbelebung: Feierabendmarkt und Kinderspielplatz

„Einen Feierabendmarkt fände ich toll“, sagt Kai-Jens Heinze, der davon überzeugt ist, dass ein herkömmlicher Wochenmarkt nicht mehr funktioniert. „Gastronomie gewinnt hier an Bedeutung“, so der Werbering-Vize, „immer mehr Imbisse und Restaurants machen auf“. Vorstellen könne er sich auf dem jetzigen Parkplatz beispielsweise auch einen modernen Kinderspielplatz, der junge Familien lockt.

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Um den Standort attraktiver zu machen, sieht er aber nicht nur die Stadt Duisburg und die Politik in der Pflicht, „auch wir müssen uns bewegen“ und vielleicht mal wieder das Marxloh-Center neu streichen.

Dass es zig gute Ideen für die Wiederbelebung des August-Bebel-Platzes gibt, die umzusetzen die Fördermillionen helfen, das freut Kai-Jens Heinze. Doch er mahnt, sich von Einzelmaßnahmen wie neuen Sitzbänken nicht zu viel zu erhoffen: „Wir brauchen ein Gesamtkonzept.“ Aber das gibt es für Marxlohs Ortszentrum noch nicht.

>> PATER OLIVER KRITISIERT DEN UMGANG MIT DEN OBDACHLOSEN

Vertreiben lassen sich die Obdachlosen, die Trinker und die Drogensüchtigen allein durch andere Sitzbankmodelle natürlich nicht vom August-Bebel-Platz. Zumal es am Busbahnhof auch überdachte Wartehäuschen mit Sitzplätzen gibt. Das alles weiß auch SPD-Ratsherr Dieter Stradmann, aber die beschlossene Maßnahme soll es den Obdachlosen „weniger gemütlich“ machen.

Diesen Ansatz kritisiert Pater Oliver Potschien vom Marxloher Petershof, wo sich sein Team tagtäglich um Obdachlose kümmert und sie auch beherbergt. „Ich finde es irritierend, wie man jetzt mit kranken Menschen umgeht“, sagt der Ordensbruder und sieht in dem Vorstoß der Bezirksvertretung einen Ausdruck von Hilflosigkeit.

● Dennoch sei es sinnvoll, so Pater Oliver, den August-Bebel-Platz zu beleben, und natürlich sollten Kinder und Jugendliche am Busbahnhof möglichst nicht auf Süchtige treffen. Anstatt die Obdachlosen zu verjagen, so dass sie zum Pollmann-Eck oder zum Petershof gehen, müsse man „das Problem lösen“. Dafür fehle ein wirksames Hilfskonzept in Duisburg, das Pater Oliver schon lange fordert.

Der Impfbus der Feuerwehr Duisburg immer dienstags von 12 bis 18 Uhr auf dem August-Bebel-Platz und ermöglicht eine kostenlose Immunisierung gegen Corona.