Duisburg-Nord. Die Duisburger Großpfarrei St. Michael musste Kirchen schließen. Eins der Baudenkmäler ist verkauft, beim anderen gibt’s nun einen neuen Mieter.

Die katholische Großpfarrei St. Michael schrumpft. Mitgliederschwund und harte Sparvorgaben aus dem Bistum Essen führten dazu, dass Kirchen aufgegeben wurden – zuletzt Herz-Jesu in Obermeiderich und St. Laurentius in Beeck. Beide Gotteshäuser sind jetzt denkmalgeschützt. Das erschwert die Suche nach einem Nachnutzer oder Käufer, aber für Herz-Jesu ist dies nun gelungen. Auch bei St. Laurentius freut sich die Pfarrei über einen ersten Erfolg.

Für ein leerstehendes kirchliches Baudenkmal interessieren sich meist wenige Investoren, dennoch sieht der Duisburger Thomas Tebruck, Diözesanbaumeister des Bistums Essen, „keinen grundsätzlichen Zielkonflikt“ mit den Denkmalbehörden. Zumal das Bistum die aufgegebenen Gebäude möglichst erhalten wolle. Der Abriss sei immer nur „die letzte Option“ und Baudenkmäler davor geschützt. Zudem komme Denkmalschutz mitnichten einer Veränderungssperre gleich, betont Tebruck, also bleibe immer Spielraum für kreative Ideen.

Die geschlossene Kirche Herz-Jesu, ein Baudenkmal in Duisburg-Obermeiderich, ist verkauft. Die Pfarrei und der Investor haben noch Stillschweigen über die Zukunftspläne vereinbart.
Die geschlossene Kirche Herz-Jesu, ein Baudenkmal in Duisburg-Obermeiderich, ist verkauft. Die Pfarrei und der Investor haben noch Stillschweigen über die Zukunftspläne vereinbart. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Leere Kirchen kosten Duisburger Gemeinden bis zu 10.000 Euro pro Jahr

Eine leere Kirche kostet eine Gemeinde pro Jahr bis zu 10.000 Euro an Strom, Heizung sowie Gebühren und ist zudem anfällig für Vandalismus. Auch in St. Laurentius wurde laut der Pfarrei schon mehrfach eingebrochen. Trotzdem bieten die Kirchengemeinden Gebäude und Grundstücke „nicht höchstbietend im Internet an“, so der Architekt Tebruck, „wir geben uns mit der Nachnutzung viel Mühe“. Dabei seien wirtschaftlich plausible Konzepte wichtig. Diese sollen verhindern, dass ein Projekt in Not gerät und brachliegt – wie etwa lange Jahre die Kirchenruine Maria Königin in Ratingsee.

Jüngst konnte in Obermeiderich ein Konzept überzeugen. „Herz-Jesu ist verkauft“, freut sich Pfarrer Christian Becker und sieht dies als „einen Glücksfall“. Der Investor sei der Pfarrei sehr verbunden, doch man habe zunächst Stillschweigen über die Planungen vereinbart.

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So weit ist es dagegen bei St. Laurentius noch längst nicht, räumt Becker ein. Eine neue Projektgruppe der Großpfarrei sucht jetzt Nachnutzer oder Käufer für die neugotische Kirche an der Flottenstraße, für das benachbarte Kloster und das Gemeindezentrum. „Bei St. Laurentius stehen wir noch am Anfang“, so der Priester.

Beispiele für erfolgreiche Nachnutzungen gibt es aber im Bistum viele: St. Antonius in Beeckerwerth ist für Musicals vermietet und in der Altstadt gibt es die Kulturkirche Liebfrauen. Aus St. Bonifatius (Gelsenkirchen) wurde eine Bäckerei, St. Bernadus (Oberhausen) hat eine Event-Gastronomie und St. Marien (Bochum) an der Kirche nun eine Musikhalle der Philharmonie. Zudem ist in Essen aus einem Gotteshaus ein Begegnungszentrum geworden. So könne eine entweihte Kirche durchaus ein Gewinn für ein ganzes Quartier werden.

Neue Projektgruppe sucht Käufer für St. Laurentius in Duisburg-Beeck

Ob diese Chance auch in Beeck genutzt wird, muss sich erst noch erweisen. „Wir sind zuversichtlich, werden alles probieren und haben einen langen Atem“, verspricht Christian Becker. Zunächst hat jedoch die Amalie-Sieveking-Stiftung das Kloster gemietet und bietet dort betreutes Wohnen für Jugendliche und junge Erwachsene. Das bringt der Gemeinde Mieteinnahmen und verringert die Gefahr von Vandalismus.

Die aufgegebene und neuerdings denkmalgeschützte Kirche St. Laurentius mit ihrem Glockenturm ist stadtbildprägend für Duisburg-Beeck. Eine Projektgruppe der Pfarrei sucht einen Käufer.
Die aufgegebene und neuerdings denkmalgeschützte Kirche St. Laurentius mit ihrem Glockenturm ist stadtbildprägend für Duisburg-Beeck. Eine Projektgruppe der Pfarrei sucht einen Käufer. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Dass die Denkmalschutzbehörden jedoch nicht nur St. Laurentius und das Kloster, sondern auch das ehemalige Gemeindezentrum an der Gotenstraße, das ursprünglich eine „Kleinkinderbewahr- und Nähschule“ war, zu bedeutenden Kulturgütern erklärten, kann das Bistum nur schwer nachvollziehen. Allerdings sieht Thomas Tebruck inzwischen bei den Denkmalschützern „eine Sammelleidenschaft“, die teilweise übers Ziel hinausschieße.

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Allein in Essen, nennt der Architekt ein Beispiel, wurde „mit dem Rheinischen Landesdenkmalamt bei etwa 30 Kirchen der Nachkriegszeit um die Frage ihres Denkmalwerts gerungen“. Das sei noch nicht abgeschlossen, aber dabei gehe es auch immer um um die Innenausstattung, Inventar und Altargerät – manchmal um Holzbänke aus den 80er Jahren oder um liturgische Silberstrohhalme. Was an und in einem Baudenkmal geschützt wird, ist also von Fall zu Fall sehr unterschiedlich – und kann eine Nachnutzung unterstützen oder behindern.

Natürlich verliert eine Gemeinde nur sehr ungern ihre Kirchen. Dass jedoch Seniorenwohnungen auf dem früheren Gelände von St. Matthias entstanden und bei Maria Königin ein Wohnquartier mit Kindergarten gebaut wird, findet Pfarrer Christian Becker wichtig: „Das ist aus christlicher Sicht sehr wertvoll, wir brauchen bezahlbaren Wohnraum.“ So könne auch aus einem Abriss etwas Gutes erwachsen.

>> WEITERE MEIDERICHER KIRCHE WIRD BIS 2024 GESCHLOSSEN

● Der aktuelle Pfarreientwicklungsprozess von St. Michael sieht vor, dass bis 2024 noch die Kirche St. Bernard in Obermeiderich aufgegeben wird. Doch auch danach wird sich laut Pfarrer Christian Becker die Großpfarrei weiterentwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.

● So habe St. Michael aktuell rund 17.000 Mitglieder, aber allein im vergangenen Jahr rund 500 verloren. Dieser Trend zeigt sich im gesamten Bistum Essen. Zu ihm gehörten im Gründungsjahr 1958 noch 1,4 Millionen Gläubige, inzwischen sind es noch circa die Hälfte.

● Zwar erreicht die katholische Kirche offenbar nicht mehr so viele Menschen wie früher – insbesondere weniger junge Familien –, doch als für die Gesellschaft irrelevant will Diözesanbaumeister Thomas Tebruck die Gemeinden nicht verstanden wissen. Noch immer gehen ihm zufolge im Bistum wöchentlich viele zehntausende Gläubige in den Gottesdienst.