Duisburg-Obermeiderich. Meidericher Katholiken haben den letzten Gottesdienst in Herz Jesu gefeiert. Zum Abschied gab es bewegte Worte und eine tröstende Prozession.

Rappelvoll wäre die Kirche Herz Jesu sicherlich zur Abschiedsmesse geworden, wenn es Corona nicht gäbe. So aber richteten sich Platzkarten, Ordner mit Desinfektionsmitteln und auf den Boden geklebte Richtungspfeile nur an einen sehr reduzierten Teil der Gemeinde, die am Sonntag den letzten Gottesdienst in ihrem geistlichen Zuhause an der Brückelstraße beging.

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Zur Ausstattung des 1954 eingeweihten Gotteshauses mit dem schlichten, hölzernen Tonnengewölbe gehört eine echte Reliquie. In ein kunstvoll verziertes goldenes Kreuz mit Schauglas sind zwei Splitter des Querbalkens vom Kreuz Christi eingelassen. Die Heilige Helena soll den Balken einst in Palästina gefunden haben. So will es die Legende. „Dieses Kreuz wird uns nachher nach St. Michael begleiten und dort als neues Altarkreuz dienen“, sagte bei der Begrüßung die Gemeindereferentin Christa Scholten-Herbst, die in Herz Jesu neun Jahre lang als verantwortliche Seelsorgerin tätig war.

Gemeinde bringt ihr Allerheiligstes nach St. Michael

„Es ist nicht zu beschönigen“, sagte Pfarrer Christian Becker, „flächendeckend trennen sich im Bistum Essen zur Zeit nicht wenige Pfarrgemeinden von ihren Kirchorten“. Für die Großpfarrei St. Michael ist das schon die zweite Kirchenschließung nach der Beecker Kirche St. Laurentius in diesem Jahr, die den Beschlüssen des Pfarreientwicklungsprozesses (PEP) folgt. Es verdiene seine Hochachtung, trotz Trauer und Enttäuschung, vielleicht sogar Wut zum Abschied zu kommen, lobte Becker die Gemeindeglieder. Und ließ so durchblicken, dass die Entscheidungsfindung im Vorfeld nicht ganz einfach gewesen sein dürfte.

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„Wir Christen sind noch vorhanden, auch wenn dieses Gebäude schließt“, betonte bewegt Martina Brix, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von St. Michael. Christa Scholten-Herbst verzichtete lieber auf persönliche Worte. Tröstlich war für alle Bewegten, wie viele Gemeindemitglieder und Gäste sich auf dem knappen Platz vor der Kirche versammelt hatten, um nach der Messe das Allerheiligste in einer Prozession nach St. Michael zu bringen.

Feierliche Prozession findet auf der Straße viel Beachtung

Die Messdiener aus St. Michael warteten draußen auf die Messdiener aus Herz Jesu. Die große Trompeten-und Trommelgruppe von Suryoye Ruhrgebiet, die mit der syrisch-orthodoxen Nachbargemeinde von Herz Jesu zusammenarbeitet, machte den Umzug der Gemeinde durch ihre beachtliche Lautstärke weithin hörbar. So wurde aus der Prozession kein Trauerzug. Alle Fenster in den Straßen öffneten sich und viele Menschen gingen ein Stück mit und fragten am Rande der Straße neugierig: „Was ist denn bei euch los, habt ihr was zu feiern?“

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Ein großer Bus für alle, die nicht laufen konnten oder wollten, bildete den Schluss des Zuges. Im Gemeindezentrum von St. Michael endete der feierliche Weg mit einem Segen und einem herzerwärmenden Teller Erbensuppe. Die war ein Geschenk der evangelischen Gemeinde Obermeiderich und war vom Presbyter Peter Fackert in seiner historischen DDR-Gulaschkanone zubereitet worden.

>> ZUKUNFT DER MEIDERICHER KIRCHE IST NOCH UNGEWISS

• Die Kirche Herz Jesu an der Brückelstraße war ursprünglich im Jahr 1915 erbaut worden. Sie wurde im Oktober 1944 bei den großen Bombenangriffen auf Duisburg komplett zerstört.

• Im Jahr 1954 konnte ihr Nachfolgebau feierlich eingeweiht werden. Was weiter mit dem Kirchbau geschieht, ist noch nicht abschließend geklärt. Dem Vernehmen nach gibt es durchaus Kaufinteressenten für das Gotteshaus.