Duisburg-Nord. In der Corona-Krise liegen bei Familien in Duisburg die Nerven blank. Jugendzentren wollen für Kinder Ansprechpartner sein. Wie sie ihnen helfen.
Die Jugendzentren im Duisburger Norden bleiben auch in der Pandemie Anlaufstellen für Kinder. Durch Einschränkungen im Kampf gegen Corona ist auch die Jugend stark betroffen. Die Angebote der Einrichtungen setzen insbesondere dem Lockdown-Blues einiges entgegen. Dabei müssen die Verantwortlichen trägerübergreifend neue Wege einschlagen und begegnen dieser Herausforderung mit viel Engagement und Kreativität.
„Kinder sind die größten Verlierer dieser Pandemie“, sagt Holger Venghaus, Leiter des städtischen Jugendzentrums Zitrone in Obermarxloh. Ihnen fehle der Austausch mit ihren Freunden und Freundinnen, und sie kämen nur noch selten aus der Wohnung. Gerade im armen Duisburger Norden sind die Wohnungen oft nicht nur verhältnismäßig klein und ohne Garten, sondern viele Familien zudem kinderreich, so dass es zu Hause laut ist und man sich schnell gegenseitig auf den Geist geht. Fehlt dann auch noch die Ruhe, um Hausaufgaben zu machen, oder ist das Internet zu langsam für den Distanzunterricht, wächst der Frust – bei Kindern und Eltern.
Duisburger Jugendzentren bleiben Ansprechpartner in der Corona-Krise
„Familien, die es eh schon schwer haben, kommen jetzt stark in Bedrängnis“, bestätigt Petra Kurek vom benachbarten Mädchentreff Mabilda. „Die Mädchen hängen total durch.“ Umso wichtiger sind für Kinder und Jugendliche jetzt die Jugendzentren in ihren Vierteln. „Wir sind als Ansprechpartner da und verlässliche Partner im Stadtteil“, so Holger Venghaus.
Längst sind die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen in den Jugendzentren aber auch online präsent. Denn der Corona-Lockdown hat die Digitalisierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit enorm befeuert. „Unser wichtigster Auftrag ist die Beziehungsarbeit. Deshalb versuchen wir, Kontakt zu halten – auf allen Kanälen, die uns einfallen; Telefon, Whatsapp, Zoom oder Instagram“, sagt Susanne Reitemeier-Lohaus, die Vereinsvorsitzende von Ofju, die in Neumühl das Jugendzentrum Einstein betreibt. Außerdem haben die Mitarbeiter trägerunabhängig viele neue Onlineangebote, von digitalen Pinnwänden bis zu Youtube-Videos.
Dabei wird allerdings in keiner Einrichtung komplett auf den persönlichen Kontakt verzichtet, und sie öffnen, sofern die jeweils geltende Corona-Schutzverordnung das zulässt. So bietet etwa die Zitrone für benachteiligte Kinder auch Hausaufgaben in Einzelbetreuung. Je nach Pandemielage können sich dort auch Kleingruppen treffen, und zusätzlich sind für alle Kinder im Stadtteil Bücher, Spielgeräte und der Inhalt einer Spielkiste ausleihbar.
Verliebtsein im Lockdown und Liebeskummer sind ein Riesenthema
Dagegen sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom Einstein, das ebenso wie Mabilda deutlich kleiner ist als das städtische JZ Zitrone, zuletzt mit einem Bollerwagen samt Sitzhockern, Getränken und Snacks durch die Viertel gezogen. So wollten sie sichtbar sein. „Wir können für viele ein Ventil sein, bevor eine Situation eskaliert“, sagt Reitemeier-Lohaus. Doch damit meint sie nicht Stress in der Familie oder Schule. „Liebeskummer ist jetzt ein Riesenthema. Wie funktioniert eine Beziehung und Verliebtsein, wenn man nicht knutschen darf?“ Oft helfe es den Jugendlichen auch, einfach mal wieder zu quatschen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Mabilda. Die Mitarbeiterinnen halten möglichst täglich Kontakt mit den Mädchen und klingeln einmal pro Woche bei rund 30 von ihnen an, um Aktionstüten vorbeizubringen, in denen sich Bastelideen, Turnübungen, Kochrezepte, Experimente oder Rätsel befinden. Dies ergänzt die digitalen Angebote. So halten die Pädagoginnen dann mit ihnen kleine Quätschchen im Treppenhaus oder verabreden Spaziergänge. „Uns ist wichtig, auch ins Gesicht der Mädchen zu schauen“, betont Petra Kurek, denn in den Familien komme es durch den Frust im Lockdown nun zu mehr Streit und auch zu häuslicher Gewalt.
Unheimliche Sehnsucht nach Sport
Einig sind sich zudem alle Träger, dass Kinder und Jugendliche aktuell viel zu wenig Bewegung bekommen. Daher hat Mabilda zuletzt an ihre Hausaufgabenhilfe auch immer Yoga oder Läufe angeschlossen. „Unsere Mädchen haben eine unheimliche Sehnsucht nach Sport“, sagt Petra Kurek. Beim Einstein und bei der Zitrone ist Sport ebenso gefragt – selbst wenn es nur kleine Online-Wettbewerbe für zu Hause sind, wie wer die meisten Liegestütze schafft.
Sobald das Wetter länger gut bleibt, wird es daher in den Jugendzentren eindeutige Bewegungs- und Sportschwerpunkte geben – da in der Pandemie unter freiem Himmel mehr möglich ist als in den Einrichtungen.
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Bis es so weit ist, wird aber das digitale Miteinander per Videokonferenzen oder Chatgruppen weiterhin dominieren. Aber was auch immer den Kindern und Jugendlichen in der Corona-Krise angeboten wird, sie nehmen es dankbar an. Zwar halten längst nicht alle Kontakt, aber bei denen, die es tun, lobt Petra Kurek, wie „diszipliniert und heldinnenhaft sie mit den Bedingungen umgehen“.
Solange es auch noch dauern mag, bis die Corona-Krise überwunden und so etwas wie Normalität wieder einkehrt, die Jugend im Duisburger Norden darf sich sicher sein, verspricht Holger Venghaus: „Wir waren immer präsent und werden es auch in Zukunft bleiben.“
>> VERSTÄRKTER KONTAKT ZU DEN ELTERN
● In der Pandemie halten die Jugendheime im Duisburger Norden auch verstärkt Kontakt zu den Eltern – beispielsweise mithilfe von Whatsapp-Gruppen.
● Neben Spiel- und Bewegungsangeboten setzen die Träger außerdem auf Bildungsprojekte. Dazu zählen Angebote zur Demokratieförderung oder Hilfen, wie sich Mädchen und junge Frauen gegen „Cat-Calling“, also gegen verbale sexuelle Belästigung, wehren können.