Massive Polizei-Präsenz bei Prozess gegen Satudarah-Chefs
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Duisburg. Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitagmorgen der Prozess gegen die ehemaligen Satudarah-Chefs Ali Osman und Baris T. am Landgericht Duisburg begonnen. Angeklagt sind die beiden Granden des Rockerclubs unter anderem wegen eines Sprengstoffanschlags sowie Drogen- und Waffenhandels.
"Was ist denn hier los?" Diese Frage fällt am Freitagmorgen das ein ums andere Mal. Passanten bleiben verwundert stehen. Denn rund um das Gerichtsgebäude in der Duisburger Innenstadt herrscht massive Polizeipräsenz. Acht schwer bewaffnete Beamte sichern den Eingang des Amts- und Landgerichts und lassen niemanden durch, der nicht berechtigt ist. Dutzende weitere Polizisten säumen den König-Heinrich-Platz oder sitzen in ihren Mannschaftswagen. Etwa 25 davon sind rund um das Gerichtsbedäude postiert. Auch auf dem Dach des Citypalais, im Bereich der Mercatorhalle, sind Mitglieder einer Spezialeinheit zu sehen. "Rocker-Prozess", lautet die knappe Antwort eines Polizisten am Boden.
Rund dreieinhalb Jahre nach dem Mord-Prozess gegen den Hells Angel Timur A. startet am Duisburger Landgericht mit ähnlichen Sicherheitsvorkehrungen erneut ein großer Rocker-Prozess. Wegen der Beteiligung am Drogen- und Waffenhandel, der Anstiftung zu zwei Anschlägen und weiteren Verbrechen wird den beiden ehemaligen Chefs des Satudarah MC, Yildiray K. (38) - besser bekannt als "Ali Osman" - und Baris T. (25), der Prozess gemacht.
Stadt Duisburg verbietet Rocker-Kutten während des Prozesses
Kutten, wie sie auch die Anhänger des Satudarah MC sonst tragen und so ihre Verbundenheit mit dem Rockerclub zur Schau stellen, sind - im Gegensatz zum Hells-Angels-Prozess 2010 - im und rund um das Gerichtsgebäude nicht zu sehen. Zumindest nicht auf den ersten Blick. In einer Allgemeinverfügung hatte die Duisburger Stadtverwaltung den Rockern das Tragen ihrer Kutte als Erkennungszeichen verboten.
Satudarah MCDoch nicht alle halten sich daran: Drei Männer tragen ihre Kutten unter ihren Jacken - sie werden von einigen Beamten zu ihrem Auto geführt. Mit dem Motorrad ist außer der Polizei niemand gekommen. Etwa zehn junge Männer sind auch ohne ihre typische Kluft als Rocker auszumachen. Einer von ihnen versucht, eine Satudarah-Fahne auf dem Turm der eingerüsteten Liebfrauenkirche anzubringen. Doch die Polizei hat ihre Augen überall. Der 30-Jährige bekommt einen Platzverweis, ihn erwartet eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs.
Einschüchterung von Prozessbeteiligten
Oberbürgermeister Sören Link stützt sich in seiner vierseitigen Verfügung darauf, dass er die Sicherung eines rechtsstaatlichen Verfahrens gefährdet sieht. Im Vordergrund stünde die Einschüchterung von Prozessbeteiligten: Das Auftreten der Rocker in ihren Kutten würde Prozessbeteiligte negativ beeinflussen und vor allem die beiden ehemals führenden Köpfe an ihr „Schweigegelübde“ erinnern. Sprich: Wenn sich die ganze Horde vor der Tür drohend aufbaut, werden die Ex-Chefs drinnen schon nicht auspacken.
Die werden um 8.30 Uhr mit zwei Polizeiwagen und Blaulicht über die Königstraße zum Landgericht eskortiert. Zwei Motorräder machen flugs die Straße dicht, um die Limousinen ungestört zum Hintereingang des Gerichts passieren zu lassen. Dann heißt es erst einmal warten auf den Prozessbeginn. Das tun die beiden Angeklagten in den Arrestzellen im Keller.
Leicht verspätet beginnt die Verhandlung um 9.20 Uhr. Die Gardinen im Gerichtssaal sind zugezogen, niemand kann von außen hereinschauen. Eine Schar von Polizisten steht vor dem Saal, auch die letzte Reihe im Raum ist für die Beamten reserviert. "Wie geht es Ihnen in der U-Haft, Herr Osman?", fragt ein Journalist, als die Angeklagten hereingeführt werden. "Gut", lautet die knappe Antwort. Dann wird die Anklage verlesen. Und das dauert. Denn die Liste der zu Last gelegten Vergehen ist lang.
Die Anklageschrift ist lang
Am 19. August 2012 sollen Ali Osman und Baris T. um kurz vor Mitternacht einen Dritten zu einem Sprengstoff-Anschlag in Rheinhausen angestiftet und ihm eine Handgranate übergeben haben. Diese explodierte dann kurze Zeit später am Vereinsheim des verfeindeten Rockerclubs Hells Angels am Borgschenweg. Menschen hielten sich in dem sowieso meiste Zeit ungenutzten Treff nicht auf, aber das Gebäude wurde beschädigt.
Satudarah-Chefs in Duisburg vor Gericht
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Einen anderen Beteiligten sollen die beiden Satudarah-Chefs zu einem Anschlag auf einen Kiosk im Duisburger Norden angestiftet haben. Mit einer Maschinenpistole, die die beiden dem Mann übergaben, soll er dann am 18. Februar 2013 nachts 13 Schüsse auf den Kiosk an der Friedrich-Ebert-Straße abgefeuert haben. Auch ein benachbarter Friseursalon wurde getroffen; auch hier gab es glücklicherweise nur Sachschaden.
Waffenbesitz und Handel mit Marihuana und Kokain
Weitaus schwerer wiegen die Vorwürfe wegen Drogen- und Waffenhandels, die die Staatsanwaltschaft den beiden Angeklagten vorwirft: Gemeinsam mit anderen sollen sie zwischen April 2012 und April 2013 illegal an der Einfuhr, dem Handel mit und dem Besitz von Waffen und Kriegswaffen sowie Kiloweise Marihuana, Kokain und Speed beteiligt gewesen sein. Ein Drogenkurier, den Ali Osman und Baris T. eingesetzt haben sollen, wurde bereits rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Jahren verurteilt.
SEK stürmt Satudarah-Heim
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Seit acht Monaten sitzen die beiden Granden des Satudarah MC in Untersuchungshaft - Ali Osman in der JVA Düsseldorf, Baris T. in der JVA Wuppertal. Bis zu ihrer Verhaftung während einer Razzia im April 2013 waren die beiden Duisburger Präsident und Vize des Rockerclubs.
Nach gut einer Stunde ist die Verhandlung beendet. Der Prozess, für den zunächst insgesamt vier Verhandlungstage vorgesehen sind, wird am 21. Januar fortgesetzt.
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