Oberhausen/Duisburg. In ihrem Koalitionsvertrag wollen Union und SPD schärfere Gesetze gegen kriminelle Gruppierungen und das Vereinsrecht ändern. Davon betroffen wären auch die Charter bzw. Chapter der Rocker-Clubs. Die Polizei-Gewerkschaft GdP begrüßt den Vorstoß.

Die künftige schwarz-rote Bundesregierung will verstärkt gegen schwerkriminelle Rocker-Clubs vorgehen. Das sieht der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vor. Dafür will die Große Koalition das Vereinsrecht verändern, weil die Ortsgruppen der Rocker-Clubs („Chapter“ bzw. „Charter“) in Deutschland als eingetragene Vereine organisiert sind. Verbotsfolgen sollen verschärft und Neugründungen in betroffenen Städten ausgeschlossen werden. Auch Oberhausen soll davon profitieren.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt die Pläne. „Es ist ein politisches und gesellschaftliches Signal: ‘Wir nehmen die Sache ernst’“, sagt Oberhausens Kreisgruppen-Vorsitzender Volker Serve. Die Politik habe erkannt, dass es sich bei Bandidos, Hells Angels, Satudarah, Gremium und vielen anderen um organisierte Kriminalität handle und eben nicht um Motorradfahrer. Das sei ein erster wichtiger Schritt.

„Weg wird noch sehr lang sein“

„In Oberhausen geht es hauptsächlich um Prostitution. Mit Rockerromantik und Abenteuergeist hat das gar nichts zu tun.“ Ohnehin hätten längst nicht alle Clubmitglieder oder deren Unterstützer einen Motorradführerschein, geschweige denn eine Maschine. „Unsere Arbeit vor Ort wird das neue Gesetz aber nicht tangieren“, räumt Serve ein. „Überall, wo es kriminelle und finanzielle Interessen gibt, löst man das Problem nicht mit einer Änderung des Vereinsrechts. Ohne einen Maßnahmenverbund fruchtet das nicht.“

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Im Bereich der organisierten Kriminalität – Rocker werden mit Drogen-, Waffen- und Menschenhandel in Verbindung gebracht – brauche man entsprechende personelle Ausstattung zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. „Ein noch so gutes und gutwilliges Kommissariat kann das nicht alleine leisten.“

Zentralisierte Bekämpfung der Rocker-Kriminalität

In Oberhausen stehen sich Bandidos und Hells Angels gegenüber, es hat bereits mehrere Schießereien auf offener Straße gegeben. Die Bandidos sind auf der Suche nach einer Lokalität für ein Clubhaus.

Die Rockergruppen hätten sich das gesamte Ruhrgebiet untereinander aufgeteilt und arbeiteten längst grenzübergreifend, etwa Satudarah aus den Niederlanden, deren Deutschland-Hauptquartier sich in Duisburg-Rheinhausen befindet. „Wir müssen auf die Strukturen einwirken, das kann kein örtliches Kommissariat.“ Daher fordert Serve: „Die Rockerbekämpfung muss zentralisiert werden, es muss zumindest eine landesweite Zentrale geben, wo alle Erkenntnisse zusammenfließen. Wir bewegen uns auf dem richtigen Weg, und dieser Weg wird noch sehr lang sein. Wir müssen dicke Bretter bohren, aber die Pläne machen Mut.“

GdP-Landesbezirk fordert Beweislast-Umkehr

Auch der Landesbezirk der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die vier Sätze über Rocker im schwarz-roten Koalitionsvertrag für gut, mahnt aber weitere Gesetzesänderungen an. „Das Verbot einzelner Niederlassungen der Rocker-Clubs ist grundsätzlich ein sinnvolles Instrument. So zerschlagen wir Strukturen, aber damit sind die Kriminellen noch längst nicht weg“, sagt Gewerkschaftssprecher Stephan Hegger.

Vereinsrecht verschärfen

Die Passage zu Rockern im Koalitionsvertrag lautet: „Rocker-Clubs bieten einen Deckmantel für vielfältige Formen der Schwerkriminalität, wie z. B. Menschenhandel und Drogengeschäfte. Dieser organisierten Kriminalität kann durch den Entzug der Privilegien des Vereinsrechts entgegen getreten werden.

Wir werden dazu das Vereinsrecht verschärfen, die Verbotsfolgen bei Rockergruppierungen verstärken und bei Verboten jegliche Neugründung in den betroffenen Städten und Kreisen ausschließen. Die Kennzeichen verbotener Rockergruppen dürfen von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht weiter genutzt werden.“

Früher hätten sich die betroffenen Clubs sofort wieder neugegründet. Dies nun gesetzlich zu verhindern sei begrüßenswert. Doch man müsse die Rocker dort treffen, wo es wirklich weh tue: beim Geld. Hier könne das Vereinsrecht tatsächlich helfen, so der GdP-Sprecher weiter. „Wenn ein Verein verboten wird, wird das Vereinsvermögen eingezogen. Wenn ich den Rocker-Clubs die ‘Kriegskasse’ wegnehme, schwäche ich sie erheblich.“

Gute Erfahrungen in Italien

Bislang erschwere die Gesetzeslage dies jedoch. Findet die Polizei bei einer Razzia im Rocker-Milieu mehrere Millionen Euro Bargeld, muss derzeit der Staat nachweisen, dass es sich um Geld aus illegalen Quellen handelt. Gelingt dies nicht, darf das Geld nicht eingezogen werden.

„Daher fordern wir im Bereich der organisierten Kriminalität eine Umkehrung der Beweislast“, sagt Hegger. Künftig sollten Rocker nachweisen müssen, dass ihr Geld legal erworben wurde. Derlei Gesetzesänderungen hätten in Italien bei der Bekämpfung der Mafia schon sehr geholfen.