Duisburg. Nach den Vorwürfen, die Stadt Duisburg hätte die Bürger nicht frühzeitig über den Großbrand in Krefeld informiert, hat der Krisenstab am Donnerstag Stellung bezogen. Man habe keine Informationen und Messdaten bewusst zurück gehalten, so Stadtdirektor Peter Greulich.
Auch zweieinhalb Tage nach dem Ausbruch des Feuers beim Krefelder Düngemittelhersteller Compo konnte der Krisenstab der Stadt Duisburg noch keine Entwarnung für das gesamte Stadtgebiet geben, Donnerstagabend aber zumindest für die betroffenen Stadtteile Rheinhausen und Rumeln-Kaldenhausen.
Der Grund: Nach wie vor seien letzte Glutnester an der Brandstelle nicht gelöscht, so Oliver Tittmann, stellvertretender Leiter der Duisburger Feuerwehr. Deshalb ziehe auch weiterhin eine Rauchwolke von der Unglücksstelle in Richtung Duisburg. Fenster und Türen sollen als Vorsichtsmaßnahme weiterhin geschlossen bleiben. Alle Schulen und Kindergärten in den am stärksten betroffenen Gebieten werden aber, nachdem sie Donnerstag geschlossen blieben, am Freitag wieder ihren normalen Betrieb aufnehmen.
Bei einer Pressekonferenz des Krisenstabes sprach OB Sören Link am Donnerstag allen Einsatzkräften seinen Dank aus. In einer ersten Bilanz sagte er: „Wir haben die Bevölkerung sehr frühzeitig informiert. Wir wollten Vorsorge und Fürsorge leisten. Das hat funktioniert.“ Das sehen viele Bürger anders: Zahlreiche Betroffene hatten sich in den vergangenen Tagen bei der WAZ-Redaktion ihrem Unmut über eine mangelnde Informationspolitik seitens der Stadt Luft gemacht.
Greulich übt Kritiker-Schelte
„Mich ärgert diese Kritik“, sagte Noch-Stadtdirektor Peter Greulich als provisorischer Leiter des Krisenstabs. „Wir haben immer sofort das kund getan, was wir zum jeweiligen Zeitpunkt wussten. Die Kritik, dass wir bewusst Messdaten zurückhalten würde oder die Öffentlichkeit nicht korrekt informiert hätten, empfinde ich als kränkend für all diese Fachleute hier, die unzählige Stunden am Stück durchgearbeitet haben.“
Oliver Tittmann von der Feuerwehr erklärte, dass an diesem „intensiven, kräftezehrenden Einsatz“ insgesamt 500 Kräfte aus Duisburg im Einsatz waren. „Wir sind in punkto Material und Manpower am Rande unserer Kapazitäten. Und ohne die Hilfe der Kollegen vom THW und der Freiwilligen Feuerwehren hätten wir das alles nicht hinbekommen.“
Höchste Messwerte wurden bei Chlor registriert
Greulich und Tittmann stellten nochmals heraus, dass die Grenzwerte für Schadstoffe an allen Messpunkten zu keinem Zeitpunkt überschritten wurden. „Die höchsten Werte haben wir noch beim Chlor gemessen“, so Tittmann. Dort gelte ein Grenzwert von 0,5 ppm. „Selbst bei diesem Wert könnte man sich 30 Minuten mitten in der Wolke aufhalten, ohne dass gesundheitliche Schäden bleiben würden.
Der mit Abstand höchste Einzelwert an allen drei Messtagen lag bei 0,2 ppm.“ Natürlich habe er Verständnis für alle Sorgen, Ängste und Zweifel in der Bevölkerung. „Aber wir würden doch sofort Alarm schlagen und eingreifen, wenn die Situation für die Bevölkerung bedrohlich würde“, versichert Tittmann.
Streitfall Sirenen-Alarm - Widersprüchliche Infos verärgerten Bürger
„Was uns beim Krisenmanagement am meisten gestört hat, waren die widersprüchlichen Aussagen. Erst wurde im Radio und mit Sirenen alarmiert, dann vormittags wegen des Windwechsels entwarnt – und als man gerade wieder vor der Tür war, hieß es bei den Lautsprecherdurchsagen wieder: Sofort ins Haus“, formulieren Renate und Axel Heyer aus Mündelheim einen vielgehörten Vorwurf.
Nach der ersten Alarmierung durch die aufmerksame Nachbarschaft (Heyer: „Unsere Telefonkette funktionierte bestens“) habe im Verlauf des Tages das ständige Hin und Her für eine Verunsicherung gesorgt. „Und es hat sich gezeigt, wie dringend wir ein Warnsystem mit Sirenen benötigen“, so Axel Heyer.
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„Das befindet sich derzeit im Aufbau“, so Jörg Helmich, der Leiter der Feuerwehr-Einsatzleitung. 65 von geplanten 70 stehen bereits. Sie seien aber noch nicht voll funktionsfähig. Am Dienstag musste jede Sirene einzeln per Funkfernbedienung aktiviert werden. Für viele Kritiker kam dieses Alarmsignal um kurz vor 9 Uhr aber viel zu spät, weil das Feuer da schon zwei Stunden brannte.
„Wir mussten entscheiden, ob wir neben Radio und Lautsprecherdurchsagen noch versuchen, mit den Sirenen andere Menschen erreichen – quasi als Addition“, so Helmich. Natürlich hätten viele gedacht: Was soll das? „Das System ist eben noch nicht etabliert.“ Ist es aber erst einmal komplett, soll die Bevölkerung bald über die Bedeutungen der Heultöne informiert werden.