Duisburg. Seit 2006 laufen die Vorbereitungen für das neue Notfall-System in Duisburg. Obwohl der Aufbau immer noch nicht abgeschlossen ist, schrillten die Anlagen wegen des Großbrandes im Hafen Krefeld-Linn am Dienstag das erste Mal.

Sirenen-Alarm in Duisburg? Das werden die jüngeren Einwohner aus ihrer Stadt gar nicht mehr kennen. Denn der Bund hat den Betrieb seines flächendeckenden Sirenensystems 1993 eingestellt und die Anlagen 1996 von den Duisburger Dächern geschraubt.

Und fortan stand die Stadt ohne Sirenen da. So werden sich manche Dienstagmorgen über den schrillenden Alarmton gewundert haben. Er klingt nicht wie die frühere Elektro-Sirene, sondern vielmehr wie die viel zu laute Alarmanlage des Nachbarn. Was in Duisburg gestern vor der aus Krefeld heraufziehenden Qualmwolke gewarnt hat, waren die ersten neuen Hochleistungs-Sirenen.

Die Stadt baut seit 2008 wieder ein flächendeckendes Netz auf. Denn die Annahme, dass das vermeintlich altbackene Notfall-System nach dem Wandel der weltpolitischen Lage Anfang der Achtziger Jahre unnötig geworden ist, erwies sich als Trugschluss.

Kosten: rund eine Million Euro

Damals prognostizierte Alternativen wie selbsteinschaltende Radioempfänger oder die SMS-Alarmierung über Mobiltelefone setzten sich nicht durch. Und deshalb beschloss der Duisburger Stadtrat vor mehr als viereinhalb Jahren, das flächendeckende Sirenensystem wieder aufzubauen — vor allem, um in der hiesigen Industrieregion vor Chemieunfällen zu waren.

65 der 78 Sirenen sind bereits installiert. Gestern hat sie die Stadt erstmals eingeschaltet. „Es war der normale Warnton. Er soll Aufmerksamkeit erregen und fordert die Bürger auf, das Radio einzuschalten“, sagt Stadtsprecher Peter Hilbrands der NRZ. Das Problem: Viele Bürger wussten überhaupt nichts mit dem Warnton anzufangen. Schließlich gab es bisher weder einen Probealarm, noch wurde die Öffentlichkeit über das neue System informiert. Das soll erst erfolgen, wenn sämtliche Sirenen aufgebaut sind. Wann das sein wird, steht jedoch nicht fest.

Knapp 400 Elektro-Sirenen

Überhaupt zieht sich der Aufbau wie Kaugummi. Eigentlich sollten die Arbeiten bereits 2009 abgeschlossen sein. Doch selbst Ende 2010 waren erst 19 der insgesamt 78 Anlagen aufgebaut. Das System kostet knapp eine Million Euro und wird zum Teil von der Industrie mitfinanziert. Der Bayer-Konzern hatte bereits vor Jahren den Städten Krefeld und Duisburg angeboten, sich an dem Aufbau finanziell zu beteiligen. Krefeld hat das Angebot längst angenommen und gilt mit seinem Sirenennetz als Vorreiter in NRW. In Duisburg beteiligt sich Bayer mit 75.000 Euro, größter Sponsor ist Thyssen-Krupp mit 100.000 Euro, aber auch die Grillo-Werke, die Hafen AG, Sachtleben und die Stadtwerke gehören zu großen Geldgebern. Insgesamt trägt die Industrie rund die Hälfte der Kosten.

Rauchwolke zieht übers Ruhrgebiet

weitere Videos

    Um die Stadt flächendeckend zu versorgen, reicht anstelle der früher knapp 400 Elektro-Sirenen heute rund ein Fünftel der neuen Hochleistungs-Anlagen. Sie können nicht nur auf- und abschwellende Töne als Signal ausgeben, sondern auch Sprachdurchsagen sind über das System möglich. „Diese Funktion wird aber erst freigeschaltet, wenn alle Anlagen installiert und in Betrieb sind“, sagt Stadtsprecher Hilbrands.

    Was bedeuten die Sirenen-Signale? 

    Seit der Bund sein altes Zivilschutz-Sirenennetz abgebaut hat, gibt es keine festgeschrieben Signale mehr, die bundesweit einheitlich sind. In der Regel legen die Kreise und kreisfreien Städte die Bedeutung ihrer Sirenen fest und informieren ihre Bürger darüber in Broschüren oder auf ihren Internet-Seiten. Da sich das neue Sirenensystem in Duisburg noch im Aufbau befindet, sind auch die Signale noch nicht festgelegt.

    Beispielhaft dient aber das System der Nachbarstadt Krefeld, die mit ihren stadtweit 29 Sirenen ohnehin als Vorreiter in NRW gilt. Regelmäßig gibt es dort einen Probebetrieb, zuletzt Mitte Juli.

    Der einminütige auf- und abschwellende Heulton bedeutet: Radio einschalten und auf Durchsagen achten.

    In Gebieten mit besonderem Gefahrenpotenzial steht der einminütige Heulton auch zusätzlich für die Aufforderung „Sofort Türen und Fenster schließen, Aufenthalt im Freien vermeiden.“

    Ein Dauerton von einer Minute steht für „Entwarnung“. Er wird in der Regel beim Probebetrieb zuerst ausgelöst, damit die Bürger wissen, dass es sich um einen Test handelt.

    Je nach Region gibt es weitere Signale. Für die Alarmierung der Einsatzkräfte der Feuerwehren wird in der Regel das Feuerwehrsignal zweimal unterbrochener Dauerton von einer Minute verwendet.