Duisburg. Würde Michael Rubinstein am 17. Juni zum neuen Oberbürgermeister von Duisburg gewählt, will er die Spaltung zwischen Verwaltung, Politik und Bürgern überwinden. Wie beim Speed-Dating zieht der Kandidat derzeit im Wahlkampf durch die Stadt und bittet Bürger zum Gespräch auf eine blaue Bank.
Wer ist Michael Rubinstein?
Bekannt ist der 40-Jährige als sehr rühriger Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde, der für ein offenes, modernes Judentum steht und unverkrampfte Begegnungen schätzt. Offen und modern wird auch sein Wahlkampf sein. Die Plakate fallen klein aus, sie zeigen ihn mit jungen Menschen, mit einem Mann mit Schutzhelm und einer befreundeten Muslima.
Wie beim Speed-Dating zieht er durch die Stadt: Er bittet Bürger zu Fünf-Minuten-Gesprächen auf eine blaue Bank, und startet die Aktion „Zeig’ mir dein Revier“, bei dem ihm die Bürger ihren Stadtteil mit seinen Vor- und Nachteilen vorstellen sollen. In Düsseldorf geboren, ist er in der dortigen Gemeinde aufgewachsen und ehrenamtlich aktiv gewesen.
"Wer bist du?" statt "Was bist du?"
Vor acht Jahren ist er aus Frankfurt nach Duisburg gekommen – nicht nur wegen der neuen beruflichen Herausforderung, sondern auch, „weil man als Nordrhein-Westfale nicht nach Frankfurt gehört“. Rubinstein sagt: „Ich fühle mich hier sauwohl.“ Warum? „Der Düsseldorfer fragt: Was bist du? Der Duisburger fragt: Wer bist du?“ Rubinstein ist Diplom-Medienwirt, eine spezielle Form des Betriebswirts. Während seines Studiums in Siegen arbeitete er parallel in der Künstler-Agentur von Paul Spiegel. Als Gewerbebauentwickler bei einer Frankfurter Bank habe er sich aus Überzeugung auch im Betriebsrat engagiert.
Rubinstein gehört zu denen, für die das Glas halbvoll, nicht halbleer ist. Er weiß, dass er nett und freundlich wirkt. „Ich bin kein Bulldozer, kann aber auch deutlich werden.“ Unterstützt wird er von der FDP und den Piraten. Er hat eine zwölfjährige Tochter, macht Sport, geht gern ins Kino, sitzt gern mit Freunden und seiner weit verstreuten Familie zusammen – und findet, dass der „MSV in die erste Liga gehört“.
Warum kandidiert er?
„Wir haben den Neubeginn gewollt und den alten Oberbürgermeister abgewählt. Wir brauchen einen wirklichen Neubeginn auch im politischen und gesellschaftlichen Klima“, sagt Rubinstein. Er sei schon lange vor der Abwahl gefragt worden, ob er kandidieren wolle und habe es sich lange überlegt. „Es fehlte ein unabhängiger Kandidat, und wenn man einen gemeinsamen Kandidaten gefunden hätte, hätte ich zurückgesteckt. Jetzt bin ich die Alternative.“ Wer meckert, müsse auch anfassen können. Er sei ein politischer Mensch, aber kein Politiker. Werde er gewählt, sei das auch ein starkes Signal aus Duisburg, der Stadt mit dem hohen Anteil an Muslimen.
Was will er?
„Bei Bildung und Sozialem darf nicht gespart werden. Bildung ist die beste Sozialpolitik“, sagt Rubinstein, dessen Gemeinde zu 98 Prozent aus Zuwanderern besteht. Er möchte:
– Die Uni viel stärker mit der Stadt und der Wirtschaft vernetzen. Die Studierenden sollen sich wohl fühlen, es soll Wohnraum geschaffen werden für junge Menschen, aber auch so, dass Menschen mehrerer Generationen zusammen leben können.
– Er will „die Spaltung überwinden“ zwischen Stadtverwaltung, Politik und Bürgerschaft. „Man muss in Richtung Lösungen denken, nicht in Richtung Probleme.“ Er sei davon überzeugt, dass die Stadtverwaltung „ein enormes Potenzial“ habe.
– Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen setzt Rubinstein auf die Logistik-Branche, will den Binnenhafen ausbauen und fordert „ein gutes Flächenmanagement“.
– Rubinstein setzt auf Integration, „auch wenn das kein Gewinnerthema ist“. Sein Ziel ist, dass man in Duisburg von einem „friedlichen Nebeneinander zum Miteinander“ kommt. Nicht alles sei gut, aber „die Mehrheitsgesellschaft muss sich öffnen“. Sein Motto: Versöhnen statt spalten.
Wenn ich OB wäre...
... sollen die Mitarbeiter wissen, dass ihr neuer Chef von dem profitieren möchte, was ihr Wissen und Potenzial ist. Ein „offener Geist“ soll herrschen im Rathaus, Entscheidungen fernab von Parteiinteressen fallen. Rubinstein möchte die Bürgersprechstunde und -beteiligung ausbauen und „zu wirklichen Mitentscheidungen“ kommen. Etwa bei der Frage, wie die Lasten, die auf Duisburg zukommen, verträglich verteilt werden.
Rubinstein spricht von einer „neuen Kultur“ im Umgang in Verwaltung, Politik und mit Bürgern. Außerdem gehöre zur OB-Aufgabe, Klinken zu putzen bei Investoren. Für ihn kein Problem. Allerdings: „Wir machen die Vorgaben, nicht der Investor. Das FOC geht an den Menschen vorbei.“ Er sei sich im Klaren darüber, dass er am Anfang „lernen, lernen, lernen“ muss; auch dafür habe er das Stehvermögen.