Duisburg. . Im Duisburger Norden sollen 300 Wohnungen der Siedlung rund um den Zinkhüttenplatz hinter der Rhein-Ruhr-Halle dem geplanten Outlet-Center weichen. Die Anwohner protestieren seit Wochen. Nun gründete sich eine Bürgerinitiative. Derweil führt Eigentümer Immeo mit Mietern bereits Umzugsgespräche.

Gegen den Abriss von rund 300 Wohneinheiten der Siedlung rund um den Zinkhüttenplatz hinter der Rhein-Ruhr-Halle protestieren die Anwohner seit Wochen. Die Häuser sollen dem geplanten Outlet Center weichen. Am Mittwochabend gründete sich die Bürgerinitiative Zinkhüttenplatz.

Im rustikalen Ambiente der „Bayernstuben“ in Marxloh wählten rund 50 Anwohner unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre Sprecher. In der emotionalen Sitzung bekamen sie schlagkräftige Unterstützung von Sylvia Brennemann, die bereits in Marxloh und Bruckhausen gegen Abrissprojekte kämpfte. „Lasst euch nicht einschüchtern“, appellierte sie. „Man wird versuchen, euch zu vereinzeln, aber nur zusammen sind wir stark.“

Inzwischen sind nach Angaben der Wohnungsgesellschaft Immeo bereits Umzugsgespräche mit rund 50 Mietern geführt worden. Ein Mieterbetreuer sei täglich als Ansprechpartner für die Betroffenen in der Siedlung, im Januar werde dort eigens ein Büro als Anlaufstelle eingerichtet, erklärte Immeo-Geschäftsführer Walter Ziegler.

„Kein Mieter landet auf der Straße“

Er und Outlet-Investor Roger Sevenheck äußerten sich gegenüber der WAZ zuversichtlich, dass für jeden vom Abriss der Siedlung betroffenen Mieter eine passende Ersatzwohnung gefunden werden könne. Immeo, so Ziegler, verfüge über 18.000 Wohnungen in Duisburg, davon 10.000 in den nördlichen Stadtteilen. Aber es sei auch möglich, auf Wohnungen in den Nachbarstädten zurückzugreifen, wenn etwa ältere Mieter in die Nähe der Kinder ziehen wollten. Auch kooperiere man mit anderen Wohnungsanbietern.

„See“, „Hear“, „Speak“, „Think“ mahnen die Stahlskulpturen im Kreisverkehr, von den Balkonen wenige Meter entfernt flattern Transparente, an den Haustüren prangen handfestere Parolen: „Stoppt das FOC“. 300 Mietparteien sollen weichen für das Factory Outlet Center in Hamborn. „Keiner landet auf der Straße“, versichern die Verantwortlichen den Verunsicherten.

Für jeden Mieter eine akzeptable Ersatzwohnung

Knapp 100 Marken-Shops sollen Platz finden auf dem Areal, das heute noch die geschlossene Rhein-Ruhr-Halle, die geschlossene Hamborner Badeanstalt und der – wohlgemerkt bewohnte – Häuserkomplex zwischen August-Thyssen-Straße, Walther-Rathenau-Straße und der Straße Am Zinkhüttenplatz.

Drei-, fünf- und achtgeschossige Häuser im Stil der Wirtschaftswunderjahre, Balkone nach Süden, rundum viel Grün, dazwischen Garagenzeilen und ein DRK-Zentrum, die Autobahn A 59 in der Nähe, der August-Bebel-Platz nicht weit – man kann schlechter wohnen in Duisburg, aber sicherlich auch besser.

Vermieter ist die Wohnungsgesellschaft Immeo, deren Geschäftsführer Walter Ziegler zuversichtlich ist, für jeden einzelnen Mieter eine akzeptable Ersatzwohnung zu finden.

„Wir lassen unsere Mieter nicht allein“

18.000 Wohnungen habe Immeo in Duisburg, davon 10.000 im Duisburger Norden, weitere in Nachbarstädten wie Dinslaken, Oberhausen, Mülheim. Zudem arbeite man zusammen mit anderen Immobilienunternehmen und Wohnungsgenossenschaften, die ebenfalls Wohnungen für die von den FOC-Plänen betroffenen, oft langjährigen Mieter zur Verfügung stellen würden.

Ziegler gegenüber der WAZ: „Wir lassen unsere Mieter nicht allein.“ Immeo verfüge über langjährige Erfahrung mit Umzugsmanagement. Ein Mitarbeiter sei abgestellt worden, um sich nur um die Mieter des Hamborner Komplexes zu kümmern. Jeder Mieter werde aufgesucht in seiner Wohnung, um individuell den Bedarf zu ermitteln und Wünsche aufzunehmen. 50 Besuche habe man schon durchgeführt. Im Januar werde zudem ein Büro an der August-Thyssen-Straße als Anlaufstelle für die Mieter eröffnet, „das ist direkt um die Ecke“. Es sei eine große Aufgabe, die Umzüge sozialverträglich und im Einvernehmen mit den Betroffenen zu schaffen, sagt Ziegler: „Dieser Aufgabe stellen wir uns. Wir betreten ja kein Neuland.“

Bewusst mit dem Geschäft abgewartet

Den Vorwurf, die Mieter nicht frühzeitig über den Verkauf der Immobilien an den Outlet-Bauherren informiert zu haben, weist Ziegler zurück. Immeo habe erst informieren können, nachdem der Stadtrat Grünes Licht für das Vorhaben signalisiert habe: „Worüber hätten wir vorher informieren sollen.

Es hätte ja auch ein anderer Beschluss kommen können.“ Bewusst habe man mit dem Immobiliengeschäft auch abgewartet, bis das Investoren-Auswahlverfahren des städtischen Immobilien-Managements abgeschlossen, eine Beeinflussung ausgeschlossen war. Ziegler: „Sonst hätte man uns Vorwürfe machen können.“

„Ohne geht’s nicht“

„Es gibt genügend Alternativen“ für die Mieter, meint auch FOC-Investor Roger Sevenheck. Erste Umzugsverträge seien auch schon abgeschlossen. Die Kritik komme zu früh, die Betroffenen sollten erst einmal sehen, was Immeo anbiete. Es werde für jeden eine „vernünftige Alternative“ geben. Sevenheck: „Wir schmeißen keinen auf die Straße.“

Ein Verzicht auf die Wohn-Fläche sei nicht möglich: „Ohne geht’s nicht.“ Dafür überwiege nach Fertigstellung des Outlet Center der Nutzen für die Stadt: Steuern würden in die Stadtkasse fließen, 800 Arbeitsplätze entstehen. „Wir sorgen für den Aufschwung im Duisburger Norden“, verspricht Sevenheck. Im Internet ist inzwischen zu sehen, wie’s werden soll: Unter www.douvil.com findet sich eine sehenswerte Animation.

„Es gibt noch viel Unkenntnis“

Die Politik hat mit breitester Mehrheit das Outlet-Projekt auf den Weg gebracht und steht auch dazu. Das FOC sei ein Fortschritt für Duisburg und für Hamborn, ist Frank Börner, planungspolitischer Sprecher der SPD, überzeugt. Dass den Mietern adäquater Ersatz in der Nähe zum bisherigen Wohnort zu beschaffen sei, steht für ihn außer Zweifel: „Der Norden bietet eigentlich genug.“ Immeo sei jetzt in der Pflicht, die Mieter vernünftig zu informieren und auf sie zuzugehen. Immerhin bleibe noch ein Jahr Zeit.

„Es gibt noch viel Unkenntnis“, beklagt Rainer Enzweiler, der „Planer“ in der CDU-Ratsfraktion. Auch er ist überzeugt: „Es gibt genug Möglichkeiten, dass jeder Mieter eine vernünftige Wohnung bekommt – auch im direkten Umkreis.“ Dafür sei auch noch genug Zeit: „Keiner muss morgen aus dem Haus raus.“ Sein Vorschlag: eine Wohnungsbörse, an der sich auch Unternehmer und private Hausbesitzer beteiligen könnten, neutral koordiniert durch den städtischen Sozialdezernenten: „Der Reinhold Spaniel wird das gerne tun.“

„Wir werden kämpfen“

Der Schock der Mieter, die teilweise seit rund 50 Jahren in der Siedlung wohnen, sitzt tief. Unsicherheit und Angst gehen um. Der Bestandsverwalter treibe bereits sein Unwesen, hieß es im Saal der Bayernstuben. Mietern sei gedroht worden, sie müssten bis Februar ausgezogen sein, auch ohne Kündigungsschreiben. Wer nicht das erste Angebot von Immeo annehme, so soll gedroht worden sein, bekomme den Umzug nicht bezahlt.

„Vor allem die alten Menschen sind verzweifelt“, sagt Horst Niewrzol, ein Sprecher der Initiative. Die geplante „Umsiedlung“ der 300 betroffenen Mieter sei inakzeptabel. „Unser soziales Umfeld wird zerstört. Daher wollen wir dafür kämpfen, dass wir zusammen wohnen bleiben dürfen“, sagt Sprecherin Helga Vocke. „Wir werden für unser Zuhause kämpfen.“

Initiative lässt sich nicht entmutigen

Für die Menschen geht es um viel und die Bürgerinitiative ist hochmotiviert. Bisher hätten sich nur wenige Mieter mit Immeo geeinigt und seien ausgezogen. „Wir haben den Krieg überstanden, wir werden auch mit Immeo fertig,“ sagt Sprecher Niewrzol. Samthandschuhe trage das Unternehmen allerdings nicht. „Ich habe ein erstes Drohschreiben erhalten.“ Seine Protestplakate und -transparente, so heißt es darin, könnten bei Sturm Schäden verursachen und man werde ihn haftbar machen.

Entmutigen lässt sich die Initiative aber nicht. Unterstützung kommt bereits von der Kirche und von einem Rechtsbeistand gibt es ebenfalls schon ein Angebot. Heute trifft sich die Bürgerinitiative in der Kreuzeskirche Marxloh um 17 Uhr, um alle auf den gleichen Stand zu bringen. Montag um 18 Uhr wird in den Bayernstuben das weitere Vorgehen auf einer Versammlung besprochen.

Hitzige Diskussion übers geplante Outlet-Center

Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l.Rolf Weiler (Werbering), Rainer Enzweiler (CDU), Sevki Kaya (MUT), Gregor Herberhold (WAZ), , Sabine Bombien (Inititative Weseler Str.), Ellen Pflug (SPD)
Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l.Rolf Weiler (Werbering), Rainer Enzweiler (CDU), Sevki Kaya (MUT), Gregor Herberhold (WAZ), , Sabine Bombien (Inititative Weseler Str.), Ellen Pflug (SPD) © WAZ
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Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l. Gregor Herberhold (WAZ), Rainer Enzweiler (CDU)
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Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l. Sevki Kaya (MUT), Ellen Pflug (SPD),
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Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus.
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Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l. Ellen Pflug (SPD), Sabine Bombien (Inititative Weseler Str.), Gregor Herberhold (WAZ), Sevki Kaya (MUT), Rolf Weiler (Werbering), Rainer Enzweiler (CDU),
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Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus.
Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. © WAZ
Podiumsdiskussion über das angedachte Outlet-Center im Ernst-Lohmeyer-Haus. v.l. Sevki Kaya (MUT)/ vorne, Ellen Pflug (SPD), Gregor Herberhold (WAZ), Rainer Enzweiler (CDU)
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