Duisburg. Gleiche Bezahlung für Lehrer, mehr Bildungsgerechtigkeit, einen Schulentwicklungsplan: Das fordern Kandidaten des Wahlkreises II in Duisburg.

Vor der Landtagswahl am 15. Mai haben wir die Kandidierenden des Wahlkreises Duisburg II (Westen und Walsum) zum Thema Bildungspolitik befragt. Acht von neun haben geantwortet.

Die in den letzten zwei Jahren maßgebliche Corona-Politik des Schulministeriums bekommt dabei von fast allen Seiten Lack. Selbst Stefan Dase von der CDU nennt als größten bildungspolitischen Fail der letzten Jahre kurz und knapp „die Pandemie“. Benedikt Falszewski (SPD) kritisiert die Schulpolitik als „verantwortungslos“. Kevin Galuszka von den Grünen, der in Duisburgs einziger Kinder- und Jugendpsychiatrie arbeitet, betont: „Das Versagen der Landesregierung hat Kinder und Jugendliche krank gemacht und sie wurden mit den Belastungen durch Isolation und der Corona-Schutzmaßnahmen allein gelassen.“ Helen Klee von den Linken ist „wütend“ über das „totale Chaos“.

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Sven Benentreu, dessen Partei FDP die Schulministerin stellt, umschifft das Corona-Thema: „Schreiben nach Gehör war ein bildungspolitisches Experiment unter Rot-Grün, das bei einigen Schülerinnen und Schülern für langfristige Probleme mit der Rechtschreibung gesorgt hat.“

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Benedikt Falszewski, SPD

Als schulpolitischer Sprecher im Rat der Stadt hat Benedikt Falszewski von der SPD schon einen Hebel, um die Schullandschaft zu gestalten. In diesem Rahmen habe er sich dafür eingesetzt, „dass die Gebühren im Bereich des Offenen Ganztages ab dem 1. August 2025 wegfallen“. Seine nächsten Ziele sind kostenlose Mittagessen, vor allem an Standorten „mit besonderen Herausforderungen“ und eine vernünftige digitale Ausstattung.

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Um den Lehrermangel zu beenden, will er für Duisburg kurzfristig mit konkreten Zuweisungen arbeiten, langfristig „massiv“ Studienplätze ausbauen, Quereinstiege sollen verbessert werden und alle Lehrer das gleiche Einstiegsgehalt bekommen. Um kleinere Klassen zu ermöglichen, müssten Schulneubau- und Sanierungsprogramme her.

Er plädiert zwar für einen Sozialindex, hat aber kein Verständnis dafür, dass die Lise-Meitner-Gesamtschule, laut Aussage der Landesregierung, die Anforderungen für das „REACT-EU“ Förderprogramm für digitale Endgeräte an Schulen nicht erfüllen würde.

Die Sekundarschulen lobt er für ihre „hervorragende pädagogische Arbeit“, eine Umwandlung in eine Gesamtschule, wie es die Green-Gesamtschule gemacht hat, sei nur ein Modell, wenn es die Schulen ausdrücklich wünschen.

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Stefan Dase, CDU

Stefan Dase kandidiert für die CDU, er plädiert für ein flächendeckend vielfältiges Schulsystem inklusive Sekundarschulen. Bildungsgerechtigkeit werde durch die Talentschulen in benachteiligten Regionen sowie den schulscharfen Sozialindex hergestellt.

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10.000 Planstellen für Lehrer in den nächsten fünf Jahren sollen gegen den Lehrermangel helfen, dafür müsse intensiv geworben werden. Nach dem Vorbild der Polizeibeamten wünscht er sich mehr Flexibilität im Berufsbild.

Die Mittel für Bildung werden in seinen Augen gerecht und richtig verteilt. Bildung ist die größte Einzelposition des Haushalts und „im Gegensatz zu den anderen Parteien sind unsere Initiativen mit dem Haushalt vereinbart“.

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Kevin Galuszka, Bündnis 90/Die Grünen

Kevin Galuszka von den Grünen fordert einen Schulentwicklungsplan für Duisburg. Kurzfristig müssten Schulen neugebaut, die meisten bestehenden kernsaniert werden, „es fehlt an allem“. Er fordert ein einheitliches Einstiegsgehalt, außerdem Assistenzberufe in der Verwaltung und in der Kinderbetreuung, damit Lehrerinnen und Lehrer „wieder ausschließlich unterrichten können“.

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Der schulscharfe Sozialindex zeige „objektiv die Nöte der Schulen transparent auf“ und gebe Handlungsempfehlungen. Dieser könne durch punktuelle Unterstützung für mehr Gerechtigkeit sorgen, weil der Bildungserfolg „immer noch vom Geldbeutel und vom sozialen Status der Familie abhängig“ sei.

Sekundarschulen haben in seinen Augen eine Zukunft. Wichtiger sei, am Standort zu schauen, welches Konzept passt. Grundlage sei unabhängig von Schulformen „eine gut ausgestattete Schule mit modernen Lernmitteln“.

Sven Benentreu, FDP

Sven Benentreu von der FDP findet, dass es Talentscouts an allen Schulen geben müsste, um auch Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern Bildungsabschlüsse zu ermöglichen. Der schulscharfe Sozialindex helfe, Stellen und Mittel künftig zielgenau auf die Schulen zu verteilen.

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In Sachen Lehrermangel betont er: „Die Landesregierung konnte bereits über 5.600 Lehrerstellen an unseren Schulen zusätzlich besetzen.“ Um den Beruf attraktiver zu machen, müsse es gleiche Bezahlung an allen Schulformen geben sowie „finanzielle Zuschläge für Stellen, die auch nach einem Jahr unbesetzt bleiben“.

Er steht für eine vielfältige Schullandschaft, in der auch Sekundarschulen ihren Platz haben, wichtig sei die Durchlässigkeit des Systems.

Dr. Günther Bittel, MLPD

Dr. Günther Bittel von der MLPD fordert kleinere Klassen und als zusätzliches Personal Rentner, Praktiker aus dem Berufsleben und Studierende. Trainings für kontrollierten und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Endgeräten, Suchtprophylaxe, Antiaggressionstraining, antifaschistische und antirassistische Bewusstseinsbildung fehlen seiner Ansicht nach an den Schulen.

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Die 100 Milliarden Euro Sonderausgaben des Bundes für die Militarisierung sähe er lieber in der Schulpolitik investiert, in Integrationshelfer und Solarkollektoren auf allen Schuldächern, in Jugendzentren und Neubauten. Um mehr Bildungsgerechtigkeit zu erreichen, favorisiert Bittel „in einem sozialistischen Bildungswesen polytechnische Oberschulen für alle Kinder und einen praxisnahen Unterricht, gegen die Trennung von Hand- und Kopfarbeit“.

Helen Klee, Die Linke

Helen Klee von der Partei Die Linke fordert „gute Ganztagsangebote“, mehr und kostenfreie Sport- und Kulturangebote oder Wissenschaftsprojekte. Deutschland gebe im Vergleich zu den Nachbarländern deutlich weniger Geld pro Schüler aus.

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Eine gleiche Bezahlung aller Lehrer, zusätzliches Personal für Digitalisierung, Sozialarbeit, Inklusion und die Einstellung von 7500 Lehrkräften würde gleichermaßen zu kleineren Klassen und einer Entlastung der Lehrkräfte führen. Sinnvoll sei es, die Sekundarschulen zu Gesamtschulen umzuwandeln.

Um Geflüchtete beschulen zu können, müsse neu zugewandertes Personal schnell und unbürokratisch in den Beruf einsteigen können.

Alexander Schaary, AfD

Alexander Schaary von der AfD fordert mehr Achtung vor dem dualen Ausbildungssystem und eine stärkere Förderung von Berufsschulen statt einer „einseitigen Propagierung der akademischen Ausbildung“. Mehr Lehrer, insbesondere für Mint-Fächer, möchte er gewinnen. Um ukrainische Kinder beschulen zu können, brauche es einen Sonderetat des Landes, finanziell schwache Kommunen wie Duisburg würden im Stich gelassen. Für den Lehrermangel in Duisburg macht der AfD-Politiker „No-Go-Areas, Clankriminalität und mangelnde Integration von Ausländern“ verantwortlich.

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Die verfehlte Inklusionspolitik bezeichnet er als größten Fehler der letzten Jahre. Schüler mit Handicap würden eine individuelle Förderung verdienen und Förderschulen würden diesem Anspruch am ehesten gerecht.

Eren Kocak, Parteilos

Eren Kocak beklagt marode Gebäude, defekte Klos. „Die Heinrich-Heine-Gesamtschule hat bspw. keine eigene Aula, aber das Glück, dass sie die Räumlichkeiten des benachbarten Krupp Gymnasiums nutzen darf. Die Grundschule Donkschule in Rumeln-Kaldenhausen kann keinen Schwimmunterricht anbieten, weil es in unserem Ort in direkter Nachbarschaft keine Schwimmbäder gibt.“

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Um dem Lehrermangel zu begegnen, will er mehr Quereinstiege ermöglichen, den Numerus Clausus als Studiengangvoraussetzung durch Eignungstests ersetzen.

Das G8-System nennt er als größte politische Fehlentscheidung der letzten Jahre. Am System Sekundarschule würde er festhalten, aber für mehr Akzeptanz bei Eltern sorgen.

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>>>ENTWICKLUNG IN DEN KINDERTAGESSTÄTTEN

  • Mehr Kita-Plätze wünschen sich alle Parteien, außerdem:
  • CDU: Mehr Einrichtungen, stärkerer Personalkörper. „Aktuell sind frühkindliche Bildungseinrichtungen in vielen Fällen Verwahrstätten für Kinder“, sagt Stefan Dase.
  • Bündnis 90/Grüne: Arbeitsbedingungen und Gehälter von Erzieherinnen und Erziehern müssen angepasst werden, der öffentliche Nahverkehr für den Schulweg verbessert werden.
  • FDP: Flexiblere Betreuungszeiten, beitragsfreie Angebote für die frühkindliche Bildung
  • SPD: Kita-Gebühren abschaffen, die Früh- und Sprachförderung ausbauen
  • Linke: mehr Gehalt, unbefristete Jobs und mehr Personal, kostenlose Kitas mit kostenlosem Mittagessen und eine Kitaplatzgarantie.