Duisburg. Ab dem 1. Februar ist Rasmus C. Beck der neue Chef der Wirtschaftsförderung in Duisburg. Das sind seine Pläne, Ziele und Erwartungen.

Der Blick aus dem 16. Stock des Thyssen-Hauses in der Essener City reicht an klaren Tagen über das gesamte Ruhrgebiet. Eine Aussicht, die Rasmus C. Beck vielleicht vermissen wird. Bis Ende Januar leitet der 40-Jährige noch die Business Metropole Ruhr (BMR), ab dem 1. Februar übernimmt er in Duisburg die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW).

Ihr Wechsel aus der Verantwortung für die Region in eine lokale Wirtschaftsförderung hat viele überrrascht. Was treibt Sie nach Duisburg?

Rasmus C. Beck: Ich habe die großen Chancen von Duisburg schon immer gesehen. Nach den Erfolgsstorys in Dortmund und Bochum hat die Stadt das Potenzial, sich als neuer Zukunftsstandort an Rhein und Ruhr zu entwickeln. Die Herausforderung ist: Chancen müssen genutzt werden. Ich habe den Eindruck, dass dort Menschen am Werk sind, die als Team diese Stadt nach vorn bringen wollen. Das reizt mich und da will ich einen Beitrag leisten – außerdem finde ich die Stadt einfach klasse.

Duisburg ist nicht nur Ruhrgebietsstadt, sondern versteht sich auch als Tor zum Niederrhein, als Teil der Rheinschiene mit Städten wie Köln und Düsseldorf. Was heißt das für die GfW?

Beck: Die GfW ist zunächst für Duisburg da. Aber fast alle Projekte stehen heute in einem regionalen Kontext. Ein Investor, der keine Bindung an die Stadt hat, will wissen, wie sie eingebettet ist, welche Bezugsräume es gibt. Ich möchte dafür sorgen, dass der Niederrhein einbezogen ist, aber Duisburg seinen Beitrag leistet, damit die Metropole Ruhr insgesamt wettbewerbsfähig bleibt.

Duisburg hat ein Imageproblem. Wie lässt sich das ändern?

Beck: Viele, die von außen erstmals auf den Standort sehen, haben teilweise alte Bilder im Kopf. Ein Image verändert sich durch Fakten und neue Bilder. Dafür ist ein langer Atem gefordert, aber auch ein realistischer Blick. Denken Sie an all die Rankings: Es bringt nichts, zu sagen, dass die alle Käse sind. Man muss auch anerkennen, dass aus der Binnensicht viele Dinge gut laufen, wir viele Probleme bewältigt und den Wandel erfolgreich gestaltet haben. Es ist wichtig, diese Erfolge noch besser nach außen kommunizieren.

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„Wir müssen besser, ambitionierter und schneller sein als Stuttgart, Hannover oder Nürnberg"

Auf eine positive Entwicklung blicken auch andere Städte und Regionen. Es geht also darum, die Lücke zu schließen?

Beck: Ja. Die reine Sicht nach innen ist kein guter Maßstab, wenn man einen Schritt nach vorn machen will. Unsere Benchmark sind westdeutsche Städte mit 500.000 Einwohnern. Wir müssen in Duisburg besser, ambitionierter und schneller sein als in Stuttgart, Hannover oder Nürnberg.

Was machen die anderen besser?

Beck: Die Bürde des Strukturwandels wiegt schwer. Andere haben bessere Startvoraussetzungen, weniger soziale Verwerfungen. Aber die Standortfaktoren sind in Duisburg auch im Vergleich wirklich gut. Zwei Autobahnen, die den Rhein queren, 15 Minuten bis zum Flughafen, den Rhein vor der Haustür, einen riesigen Hafen und eine Universität, die einen neuen Campus baut. Das ist einmalig. Eigentlich müssen in Duisburg nur die Dinge zusammengebracht und in eine authentische Zukunftsstory übersetzt werden. Es muss klar werden, was an welchem Ort passiert und dass man es einhält. Die GfW sehe ich als Impulsgeber und Projektentwickler. Es geht mir nicht darum, jedes Jahr ein neues Thema durchs Dorf zu treiben, sondern um ein Konzept und eine Art Duisburg-Strategie für die Wirtschaftsförderung, die künftig konsequent umgesetzt wird.

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Welche Themen gibt es für diese Erfolgsstory?

Beck: Ich sehe aus jetziger regionaler Perspektive drei Faktoren, die echte Stärken sind. Erstens: Die Universitäten sind für die wirtschaftliche Entwicklung essenziell, auf neuen Flächen müssen Möglichkeiten bestehen für den Transfer zwischen Forschung, Hochschulen und Unternehmen. Genau das ist ja in Wedau-Nord das Ziel. Zweitens: Sie brauchen Flächen im kommunalen Besitz, sie garantieren den Einfluss auf die Ansiedlung von Unternehmen. Das ist ein wesentlicher Vorteil, den Duisburg nun hat. Auch für die Erfolge in Dortmund und Bochum war das die wesentliche Voraussetzung. Drittens: Eine breit getragene Bereitschaft, gemeinsam anzupacken. Da habe ich in Duisburg ein ausgesprochen gutes Gefühl.

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Es braucht einen langen Atem.

Beck: Ja, leider. Dabei brauchen die Kommunen im Ruhrgebiet die finanzielle Beinfreiheit, um auf die Herausforderungen zu reagieren. Eine ausgeblutete Stadt kann keinen Strukturwandel hinbekommen. Die Duisburger Politik und die Verantwortlichen um OB Sören Link haben alles richtig gemacht, als sie in dieser Situation den Erwerb der Flächen beschlossen haben. Für die Stadt wird das zu einem guten Geschäft, auch wenn sie den langen Atem braucht. Aber das wird klappen, ich spüre große Aufbruchstimmung.

„Wasser stoff kann eines der tragenden Elemente für diese Stadt sein"

Unterschiedliche Parteibücher, gemeinsame Ziele: Wirtschaftsdezernent Andree Haack (CDU, r.) soll mit  dem neuen GfW-Chef Rasmus C. Beck (li.) in den nächsten Jahren die Wirtschaft in Duisburg voranbringen.
Unterschiedliche Parteibücher, gemeinsame Ziele: Wirtschaftsdezernent Andree Haack (CDU, r.) soll mit dem neuen GfW-Chef Rasmus C. Beck (li.) in den nächsten Jahren die Wirtschaft in Duisburg voranbringen. © Foto: Malte Werning/Stadt Duisburg

Wasserstoff ist derzeit in aller Munde. Ist er eines der zentralen Themen für Ihre Duisburg-Agenda?

Beck: Das Ruhrgebiet ist die führende Wasserstoff-Region in Deutschland, wie eine Studie für den RVR bestätigt. Von der Produktion am Kraftwerk Walsum über die Verteilung bis zum Verbrauch in den Hochöfen von Thyssenkrupp – Duisburg ist ein Dreh- und Angelpunkt. Auch im Hinblick auf die Forschung mit dem Zentrum für Brennstoffzellen-Technik der Uni. Wenn das Ruhrgebiet hier einen Schwerpunkt setzt, wird man nach Duisburg schauen. Das Thema Wasserstoff kann eines der tragenden Elemente für diese Stadt sein. Walsum: Thyssenkrupp und Steag wollen Wasserstoff herstellenDas Thema Wasserstoff kann eines der tragenden Elemente für diese Stadt sein. Walsum: Thyssenkrupp und Steag wollen Wasserstoff herstellen

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Welche Rolle spielt dabei die Stahlindustrie?

Beck: Falls Thyssenkrupp als weltweit erster Hersteller grünen Stahl herstellen kann, hat das positive Effekte für die ganze Region. Die Investitionen sind es deshalb wert, denn Unternehmen werden künftig verstärkt auf die Energiebilanz ihrer Produkte achten.

Die Stadt braucht Arbeitsplätze. Wer kann die schaffen?

Beck: Jobs entstehen im Bestand, durch Ansiedlungen und Gründungen. Die Themen Ausgründungen aus der Uni oder Startups kommen mir oft zu kurz. Den veganen Smoothie-Becher wird man in Berlin designen, weil es dort die richtige Kundschaft gibt. Im Ruhrgebiet sind wir die B2B-Metropole. Die Industrie und große Mittelständler verändern sich durch Digitalisierung und grüne Produktion – diese Prozesse können sie nicht aus sich selbst heraus machen. Es braucht Plattformen, die etablierte Unternehmen mit Start-ups zusammenbringen. Auch junge Unternehmen schaffen Jobs. Wir brauchen mehr davon im Ruhrgebiet und auch in Duisburg.

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Aufgabe der GfW ist es auch, die Firmen zu unterstützen, die es in Duisburg bereits gibt. Was dürfen die von Ihnen erwarten?

Beck: Die GfW muss weiterhin erster Ansprechpartner für die Anliegen der Duisburger Unternehmen sein. Neben der Bestandspflege wollen wir uns uns mit den Gesellschaftern Gedanken um die inhaltliche Neuaufstellung machen. Dabei hilft, dass die GfW in den nächsten Jahren mehr Ressourcen haben wird. Mit Wirtschaftsdezernent Andree Haack will ich eng im Team arbeiten - ich an den operativen Themen der GfW, er als Schnittstelle zu Politik und Verwaltung.

>> ZUR PERSON: RASMUS C. BECK

  • Der gebürtige Stuttgarter hat an der Universität Tübingen Politikwissenschaften studiert. Erste berufliche Station war die Wirtschaftsförderung Dortmund, dann wechselte er zu Hannover Impuls. Vor sieben Jahren übernahm der heute 40-Jährige die Business Metropole Ruhr, die Wirtschaftsförderung des Ruhrgebiets. Der Vater von drei Söhnen lebt mit seiner Familie in Witten.
  • Der Philosophie der seinerzeit neu aufgestellten und innovativen Wirtschaftsförderungen in Dortmund und in Hannover sei er treu geblieben, sagt SPD-Mitglied Beck: „Sie muss mit den Akteuren gemeinsam gemacht werden, die es auch betrifft: in räumlichen Kontexten, auf konkreten Flächen, wo Transfer möglich wird. Sie muss auf Zusammenarbeit setzen und sich auf Zukunftsbranchen konzentrieren.“