Duisburg. Für die Produktion von grünem Stahl braucht Thyssenkrupp riesige Mengen Wasserstoff. Der soll bald am Kraftwerk Duisburg-Walsum produziert werden.

Auf dem Gelände des Steag-Kraftwerkes in Walsum könnte bald eine Elektrolyse-Anlage zur Produktion von Wasserstoff für die Hochöfen von Thyssenkrupp Steel Europe (TKS) im Duisburger Norden entstehen. Kraftwerksbetreiber Steag arbeitet mit dem Stahlkonzern und dessen Tochter Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers an einer Machbarkeitsstudie für eine Anlage mit einer Leistung von bis zu 500 Megawatt (MW). „Alle drei Parteien planen eine Beteiligung als Investor und werden gezielt private und öffentliche Finanzmittel einwerben“, teilen die Unternehmen mit.

Wasserstoff soll den Koks in den Duisburger Hochöfen von Thyssenkrupp ersetzen

Zur Herstellung von „grünem“ Stahl will Thyssenkrupp die Kokskohle in den Hochöfen bis 2050 schrittweise durch Wasserstoff ersetzen. Erste Versuche in kleinem Stil hat es dazu bereits in Bruckhausen gegeben. Eine Elektrolyse-Anlage in Walsum, die bis 2025 entstehen könnte, würde pro Jahr bis zu 75.000 Tonnen grünen Wasserstoff liefern. Diese Menge soll zunächst einen Teil des Kohlenstoffs in den bestehenden Hochöfen ersetzen und reicht aus für die erste Direktreduktionsanlage des Stahlherstellers.

Bei Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers in Dortmund werden die Module für die Wasserstoff-Elektrolyse hergestellt.
Bei Thyssenkrupp Uhde Chlorine Engineers in Dortmund werden die Module für die Wasserstoff-Elektrolyse hergestellt. © Foto: Thyssenkrupp

Die Vorteile: Kraftwerk und Stahlwerk trennen nur drei Kilometer, die durch zwei neue, ebenfalls geplante, Pipelines überbrückt werden sollen. Ein Anschluss ans Höchstspannungsnetz sichert die Versorgung mit grünem Strom für die Elektrolyse. Großbatteriespeicher unterstützen die Netzstabilität. Das etwa 15 Hektar große Gelände in Duisburg-Walsum bietet die Möglichkeit, Elektrolyseeinheiten bis zu einer Gesamtkapazität von 500 MW zu errichten. Die Anbindung an das Erdgasnetz könnte zukünftig auch dem Transport von Wasserstoff dienen.

Stahlkonzern baut auf Wasserstoff

„Im Kern baut unsere Klimatransformation auf Wasserstoff“, erklärt Dr. Arnd Köfler, Produktionsvorstand bei Thyssenkrupp Steel. „Er ist der Schlüssel, um den großen Hebel umzulegen, den wir bei der Senkung der CO-Emissionen in der Stahlindustrie haben. Wir müssen heute die Weichen für die Versorgung stellen, um morgen klimaneutralen Stahl produzieren zu können.“

Elektrolyse-Projekt ist für Steag wichtiger Baustein zur eigenen Neuausrichtung

Auch für die Steag ist das Projekt ein wichtiger Baustein zur eigenen Neuausrichtung. Walsum 9 ist einer der Kohlekraftwerksblöcke, die bereits Ende des Jahres bundesweit vom Netz gehen. Der Betreiber, er ist in der Hand mehrerer Stadtwerke im Ruhrgebiet, will sein Geschäft mit Energielösungen ausbauen und verstärkt auf erneuerbare Energien setzen.

Erste Versuche zum Einsatz von Wasserstoff laufen bereits an den Hochöfen in Duisburg-Bruckhausen.
Erste Versuche zum Einsatz von Wasserstoff laufen bereits an den Hochöfen in Duisburg-Bruckhausen. © Foto: Thyssenkrupp

TKS und Steag erhoffen sich eine „Signalwirkung für ein wichtiges Zentrum der deutschen Industrie“. Eine Elektrolyse in dieser Größenordnung würde nicht nur den Stahl- und Energiestandort Duisburg langfristig sichern, sondern die Stadt zur Keimzelle einer florierenden, grünen Wasserstoffwirtschaft machen, sagt Steag-Geschäftsführer Dr. Ralf Schiele: „Das hat Strahlkraft über Duisburg und das Ruhrgebiet hinaus.“ Auch Uhde erhofft sich gute Geschäfte. Für den Dortmunder Anlagenbauer soll das Duisburger Projekt Blaupause sein für den Export seiner High-Tech-Kompetenz in alle Welt.

Elektrolyse ist modular erweiterbar

Die von Uhde geplante Anlage setzt sich aus vorgefertigten Standardmodulen zusammen, die leicht erweiterbar sind bis in den Gigawatt-Bereich. So soll sie neue Geschäftsfelder über die Stahlproduktion hinaus erschließen und eine aus erneuerbaren Energiequellen gespeiste Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Zunächst stehen für eine 500-MW-Anlage Investitionen an, die sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen dürften.

Um diese nicht allein schultern zu müssen, werden Investoren gesucht, die sich an einer Betreibergesellschaft beteiligen sollen. Auch öffentliche Mittel wollen die Projektpartner einwerben. Sie kündigen an, sich um Beihilfen für klimaneutrale Technologien zu bewerben.

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>>> WASSERSTOFFSTRATEGIE: DUISBURG SOLL WICHTIGE ROLLE SPIELEN

  • Die jüngst verabschiedeten Wasserstoff-Strategien von EU, Bund und Land betonen die Bedeutung von Wasserstoff für eine klimaneutrale Gesellschaft. Sie wollen den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft und der dafür benötigten Infrastruktur fördern.
  • Dem Land NRW und Duisburg soll dabei eine Schlüsselrolle zufallen. Hier ballen sich der Bedarf, etwa der Stahlindustrie, und die Expertise für den Bau und Betrieb von Elektrolysen zur Produktion. In der Wasserstoff-Strategie des Landes spiele Duisburg „eine herausragende Rolle“, betonte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) in der vergangenen Woche bei einem Besuch.