Duisburg. Was Wähler und Politiker vor, während und nach den Duisburger Kommunalwahlen 2020 bewegte – Unregelmäßigkeiten, Pannen und Aufreger im Überblick.

Der Wahlprüfungsausschuss hat alle Einsprüche gegen das Ergebnis und die Gültigkeit der Duisburger Kommunalwahlen 2020 zurückgewiesen. Die Wahlen sind gültig, hat das Gremium am 1. Dezember entschieden.

Was Wähler und Lokalpolitiker vor, während und nach der Wahl am 13. September an Außergewöhnlichem bewegte – eine Zusammenfassung der Unregelmäßigkeiten, Pannen und Aufreger:

Keine offiziellen Beschwerden über OB Link

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Vertreter mehrerer Parteien warfen Oberbürgermeister Sören Link (SPD) im Wahlkampf Verstöße gegen die Neutralitätspflicht von Wahlbeamten und eine parteiische Instrumentalisierung seines Amtes vor. Die SPD-Kampagne war, auch bildlich, ganz auf Link zugeschnitten, obwohl es keine OB-Wahl gab. Der OB absolvierte in den Wochen vor der Wahl dennoch besonders viele Presse- und Fototermine. Wahlleiter Martin Murrack, wie Link der SPD angehörig, sah keinen Verstoß. Bei der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf ist bis heute keine Beschwerde eingegangen.

Staatsschutz ermittelt gegen NPD

Der Staatsschutz ermittelt wegen „Fälschung von Wahlunterlagen“ gegen die NPD . Die rechtsextreme Partei soll Kandidaten ohne deren Einverständnis in Wahlbezirken nominiert haben. „Die NPD-Duisburg hat keine Fake-Kandidaten aufgestellt“, behauptete der Landesverband im Sommer.

Ermittlungen gegen BIG-Dergah- und WGD-Kandidaten

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Wahlfälschung weiterhin gegen je einen Kandidaten der Wählergemeinschaften BIG-Dergah und „Wir gestalten Duisburg“ (WGD) sowie einen dritten Mann. Ein Vorwurf: Es sollen Briefwahlstimmen zugunsten des „BIG-Dergah“-Direktkandidaten Selgün Calisir (Wahlbezirk 6, Marxloh) angeboten worden sein. Ermittler durchsuchten am 9. September drei Wohnungen und ein Büro. „Ermittlungen und Auswertung in dem Verfahren dauern an“, sagt dazu eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft vorige Woche. Die WGD gewann einen Sitz im Rat – Ratsherr Levent Önder ist nach der Wahl aus der WGD ausgetreten – und ist in den Bezirksvertretungen Meiderich und Hamborn vertreten.

Verzögerungen durch Druckfehler

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Auch Druckfehler der Stadtverwaltung führten zu Verzögerungen bei der Briefwahl . Wie Wahlleiter Martin Murrack zuletzt im Wahlausschuss am 22. September erklärte, hätten Mitarbeiter der Stadt am 31. August von der Post erfahren, dass die Adressfelder auf 4500 Briefen mit den Briefwahlunterlagen zu weit links gedruckt waren und darum im Verteilzentrum Asterlagen von Hand statt maschinell sortiert werden mussten. „Wie viele weitere von möglichen 27.000 Briefen dies betraf, kann uns auch die Post nicht sagen“, so Murrack am 22. September. Laut Post habe der Druckfehler „Verzögerungen von maximal drei Tagen“ zur Folge gehabt.

1500 verschollene Wahlbriefe aufgetaucht

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In der Woche vor dem 13. September waren etwa 1500 nicht zugestellte Wahlbriefe aufgetaucht, laut städtischer Pressemitteilung in einem Postverteilzentrum außerhalb von Duisburg. Ein Post-Sprecher wies die Vorwürfe der Stadt zurück. Stadtsprecherin Anja Kopka erklärte damals, die 1500 Wahlbriefe seien „größtenteils noch am Samstag, 12. September (einen Tag vor dem Wahltag), zugestellt worden“. Am Wahltag unterzeichneten dann laut Stadt 1108 verhinderte Briefwähler eine „Eidesstattliche Erklärung“ , um in den Wahllokalen abstimmen zu können. Der Landeswahlleiter hatte gegen diese Notlösung nichts einzuwenden.

Briefwahl: Sehr geringe Rücklaufquote

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Letztlich unbeantwortet blieb, warum in Duisburg dennoch anteilig deutlich weniger Briefwahlscheine als in anderen Städten in die Auszählung eingingen: 56.835 Stimmen nach 68.080 Briefwahl-Anträgen. Das entspricht einer Rücklaufquote von nur 83,5 Prozent (2014: 89,4 %). In den meisten anderen Städten lag diese über 91 Prozent. Wegen der geringen Rücklaufquote, der landesweit niedrigsten Wahlbeteiligung und der Rekordzahl von 30 Überhang-/Ausgleichsmandaten hatten einzelne Stimmen bei dieser Ratswahl besonders viel Gewicht.

Rheinhausen: Falsches Wahllokal angegeben

Auch am Wahltag selbst lief nicht alles glatt. Auf 1913 Wahlbenachrichtigungen in Rheinhausen (Stimmbezirk 2806) war ein falscher Ort als Wahllokal angegeben, weshalb die Stadt die Wähler ab Sonntagmorgen mit einem Shuttle-Bus ins richtige Wahllokal bringen musste. Statt im Haus der Jugend mussten sie ihre Stimme an der Krefelder Straße 92 abgeben, im Willy-Brandt-Berufskolleg.

Buchholz: Turnhalle aufgebrochen

In der Grundschule an der Lüderitzallee in Buchholz mussten Wähler am 13. September bis nach 9 Uhr warten, ehe sie abstimmen konnten. Die Turnhalle, in der die Urnen für drei Stimmbezirke aufgebaut sein sollten, war verschlossen. Ein Schlüsseldienst musste die Halle aufbrechen – ebenso Räume der Schule, weil Wahl-Möbel und Desinfektionsmittel nicht in der Turnhalle aufgebaut waren. Damit beauftragt war wohl das städtische Tochterunternehmen Octeo.

Falsche Durchwahl für Schnellmeldungen

Die Wahlergebnisse und die Sitzverteilung im Rat wurden am Wahlabend im Internet auf wahlergebnis.duisburg.de statt gegen 20 Uhr, erst um Mitternacht vollständig angezeigt. Der Grund: Die „Schnellmeldung“ sollten die Wahlvorsteher telefonisch über eine Sondernummer ans Callcenter der Stadt durchgeben. Einige von ihnen hatten allerdings auf einem Handout der Verwaltung die falsche Durchwahl bekommen.

Ex-Grüner wechselte vor der Wahl heimlich in die CDU

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Nach den Wahlen wurde bekannt: Wer sein Kreuzchen im Duisburger Süden bei den Grünen für Benedikt Rommeler machte, wählte tatsächlich den CDU-Kandidaten Benedikt Rommeler. Denn das heute jüngste Mitglied der Bezirksvertretung Süd hatte vor der Wahl, aber nach Aufstellung der Kandidatenliste, die Partei gewechselt. Fazit der Kommunalaufsicht: „Es besteht derzeit keine Veranlassung, aufsichtlich die Gültigkeit der Wahl infrage zu stellen.“