Duisburg. Viele Briefwähler beklagten nicht zugestellte Unterlagen in Duisburg. Jetzt gibt’s mehrere Erklärungen. Auch in Düsseldorf kam es wohl zu Pannen.

Wo um Himmels Willen sind die vielen verschwundenen Briefwahlunterlagen für die Kommunalwahlen in Duisburg zwischen Wahlamt und Post auf der Strecke geblieben? Das fragen sich seit Ende August viele verärgerte Duisburger, die zum Beispiel unsere Redaktion kontaktierten, weil sie rechtzeitig beantragte Wahlbriefe verspätet oder gar nicht erhalten hatten. Am Montagnachmittag hat die Stadt überraschend zwei Antworten geliefert.

Erstens habe ihr die Post am Montag mitgeteilt, „dass in einem Postverteilzentrum außerhalb Duisburgs Kisten mit circa 1500 Briefwahlunterlagen gefunden wurden“, meldete die Verwaltung in einer Pressemitteilung. Wahlleiter Martin Murrack nannte diese Panne „sehr ärgerlich und inakzeptabel“. Der Stadtdirektor räumte auf Nachfrage jedoch außerdem ein, Fehler der Stadtverwaltung hätten ebenfalls zu größeren Verzögerungen als bislang bekannt geführt.

Post-Panne in Duisburg? Sprecher bestätigt Darstellung der Stadt nicht

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Näheres zum Fundort der 1500 Wahlbriefe sei ihm nicht bekannt, sagte Murrack. Das Wahlamt sei seit Tagen mit der Post im Austausch, „weil wir uns nicht erklären konnten, warum es auch in der letzten Woche vor der Wahl so viele Beschwerden von Wählern gab“, etwa bei der Briefwahl-Hotline.

Mit der Information von den 1500 fehlgeleiteten Umschlägen, präzisierte Murrack, habe sich ein Angestellter der Post am Montag bei einem städtischen Bediensteten „auf Arbeitsebene“ gemeldet. Murrack vermutet einen Fehler eines Postdienstleisters, „wahrscheinlich ein menschlicher Fehler“.

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Post-Sprecher Rainer Ernzer zeigte sich am Montagabend überrascht von der Kommunikationsoffensive der Stadt und dementierte: „So stellt es sich nicht da. Wir können bei uns keine Fehler feststellen. Wir befinden uns weiterhin mit der Stadt in Klärung und sind interessiert, die Ursache zu finden.“

Briefe wurden nicht über Sonderfahrten zum Briefzentrum gebracht

Ernzer erläuterte stattdessen, dass am 11. September 1000 und am Tag darauf nochmals 400 Umschläge mit Briefwahlunterlagen auf noch unbekanntem Wege in der Zustellung der Post gelandet seien. Diese Briefe seien jedoch nicht über die abgesprochenen Sonderfahrten vom Wahlamt zum Briefzentrum in Asterlagen gebracht worden. „Sie müssen in einer Filiale abgegeben oder in Postkästen eingeworfen worden sein“, erklärte Erzner.

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Stadtsprecherin Anja Kopka hatte die Erklärungen des Post-Angestellten am Nachmittag so weitergegeben: Die 1500 außerhalb von Duisburg entdeckten Wahlbriefe seien „größtenteils noch am Samstag, 12. September (ein Tag vor dem Wahltag), zugestellt worden“. Das Eingeständnis der Post erkläre zumindest „eine Vielzahl von Nachfragen, die in den letzten Tagen die Stadt erreicht haben“.

Das Presseamt teilte zudem mit: „Bei einer Zustellung am Samstag konnten die Wahlberechtigten damit an der Urnenwahl am Sonntag oder noch an der Briefwahl teilnehmen, wodurch auch die besonders hohe Rücklaufzahl durch die Post noch am Sonntag mit 965 Rücksendungen erklärbar wird.“

Verzögerungen durch Druckfehler der Stadt: 37.000 Briefe betroffen?

Wahlleiter Murrack berichtet, er habe zuvor auch mit dem Landeswahlleiter über mögliche Gründe für die Briefwahlprobleme gesprochen: „Eine gewisse Unzufriedenheit mit der Zustellung durch die Post gab es in vielen Städten.“

Gleichwohl erschwerte auch die Stadt selbst der Post durch Fehler den Versand. Am 9. September hatte das Wahlteam auf unsere Nachfrage die Auskunft des Post-Sprechers Ernzer bestätigt. Demnach sei es im Briefzentrum Asterlagen Anfang September zu Verzögerungen beim Versand von 4500 Wahlbriefen gekommen, weil die Stadt deren Adressen nicht so abgedruckt hatte, dass die Post sie maschinell sortieren konnte. Die Briefe mussten händisch sortiert werden (wir berichteten).

Am Montag korrigierte Murrack die städtische Version. Demnach seien von diesem Druckfehler möglicherweise deutlich mehr Wahlbriefe betroffen gewesen. Es gebe „Hinweise darauf, dass es erst nach dem Versand von 37.000 Wahlunterlagen einen Hinweis der Post gab, dass es zu Problemen bei der maschinellen Lesbarkeit und Sortierbarkeit kam“, so Murrack. „Es kann sein, dass die Zahl unter oder über der bislang kommunizierten Zahl von 4500 Briefen liegt.“ Fest stehe allerdings, dass „alle der potenziell betroffenen Briefwahlunterlagen bis zum 5.9. (in Einzelfällen 7.9.) an die Wählerinnen und Wähler zugestellt wurden. Dies hat uns die Deutsche Post AG schriftlich bestätigt.“ Das Wahlrecht der Betroffenen sei „nicht beeinträchtigt“ worden.

Wahlleiter Murrack sieht möglichen Anfechtungen der Wahl gelassen entgegen

In der Not hatte die Wahlleitung verhinderten Briefwählern angeboten, im Wahllokal ohne Wahlschein abstimmen zu können. Betroffene mussten eidesstattlich versichern, dass sie keine Stimmzettel erhalten hatten. Murrack schätzt, es seien am Sonntag 600 bis 900 eidesstattliche Versicherungen unterschrieben worden. Es erfolge nun ein Abgleich mit den postalisch eingegangen Wahlscheinen, „bei Dopplungen erstatten wir Anzeige“.

Nach Murracks Einschätzung sei dieses Vorgehen „wahlrechtlich zulässig“. Trotz all der Pannen bei der Duisburger Wahl befürchte er nicht, dass die Wahl wiederholt werden muss. Möglichen Anfechtungen von Bürgern oder Parteien sehe er „gelassen“ entgegen.

Nicht nur in Duisburg hat es bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen Probleme gegeben: Auch in Düsseldorf beschwerten sich Bürger, weil sie die Unterlagen nicht erhalten haben.

>> NIEDRIGSTE WAHLBETEILIGUNG – TROTZ BRIEFEWAHLREKORD

• Etwa 68.000 Duisburger hatten für die Kommunalwahl Briefwahl beantragt, so viele wie nie zuvor bei einer Wahl in Duisburg.

• Die Wahlbeteiligung sank dennoch sogar unter das historische Tief aus dem Jahr 2014 – auf 39,15 Prozent. Damit verzeichnete Duisburg die niedrigste Wahlbeteiligung in NRW.

• Laut Wahlleiter Murrack gibt es bislang „überhaupt keine Hinweise darauf“, dass die Fehlleitung der Stimmzettel im Zusammenhang mit den Ermittlungen in Duisburg stehe. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht der Wahlfälschung nach, zwei der drei Beschuldigten waren für zwei unterschiedliche Parteien angetreten (wir berichteten).