Duisburg. Nach dem Briefwahl-Chaos hat sich Wahlleiter Martin Murrack für Fehler der Stadt entschuldigt. Das Endergebnis ist nun amtlich – und anfechtbar.
Wahlleiter Martin Murrack hat sich am Dienstag im Wahlausschuss für Fehler der Stadtverwaltung bei der Organisation der Kommunalwahl entschuldigt: „Ich möchte mich bei allen Wählerinnen und Wählern entschuldigen. Ich glaube, dass wir in einigen Fällen Fehler gemacht haben – diese ärgern uns noch mehr als die Bürger, und aus diesen Fehlern werden wir lernen“, sagte der Stadtdirektor im Ratssaal. Dort hat der Wahlausschuss das endgültige amtliche Endergebnis der Duisburger Wahlen beschlossen.
Diese formale Feststellung der Ergebnisse ist nach dem Kommunalwahlgesetz für das nun anstehende Wahlprüfungsverfahren notwendig. Gestattet war im Wahlausschuss am Dienstag lediglich Einspruch aus mathematischen Gründen – Rechenfehler aber beanstandeten die elf Beisitzer, Vertreter der im Rat vertretenen Parteien, nicht. Binali Demir (Die Linke) enthielt sich dennoch.
Kommunalwahl Duisburg: ein Monat Zeit für Einsprüche
Zur Auseinandersetzung mit den Unregelmäßigkeiten bei der Organisation der Wahl und den Wahlbetrugsvorwürfen verwies Murrack auf den zuständigen Wahlprüfungsausschuss. Dieser wird nach der konstituierenden Sitzung des neuen Rates (am 2. November) besetzt und tagt voraussichtlich Mitte November.
Der Beschluss vom Dienstag ist als öffentliche Bekanntgabe des Endergebnisses auch notwendig, damit nun binnen eines Monats jeder Wahlberechtigte Einspruch erheben kann. Der zuständige Adressat: Duisburgs Wahlleiter Martin Murrack.
Der Einspruch muss schriftlich eingereicht oder „mündlich zur Niederschrift“ erklärt werden. Es muss daraus deutlich hervorgehen, wer der Beschwerdeführer ist. Eine E-Mail wäre darum „formunwirksam“.
Ermittlungen gegen NPD und Kandidaten zweier Bündnisse
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Mit Blick auf das Wahlprüfungsverfahren beinhaltet der Beschluss des Wahlausschusses den Hinweis auf das laufende Strafverfahren gegen die NPD. Die Partei soll wie berichtet Kandidaten ohne deren Einverständnis in Wahlbezirken nominiert haben. Der betroffene Martin Sahl etwa erklärte an Eides statt, seine Zustimmung sei gefälscht worden. Der Staatsschutz ermittelt.
Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Wahlfälschung gegen je einen Kandidaten der Wählergemeinschaften BIG-Dergah und „Wir gestalten Duisburg“ (WGD) sowie einen dritten Mann. WGD hat einen Sitz im Rat gewonnen und ist in den Bezirksvertretungen Meiderich und Hamborn vertreten.
Arbeitsgruppe von Stadt und Post zur Vorbereitung der Bundestagswahl
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Murrack ging außerhalb der Tagesordnung erneut auf die Probleme bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen ein. Am 31. August hätten Mitarbeiter der Stadt von der Post erfahren, dass die Adressfelder auf 4500 Briefen mit den Briefwahlunterlagen zu weit links gedruckt waren und darum im Verteilzentrum Asterlagen von Hand statt maschinell sortiert werden mussten. „Wie viele weitere von möglichen 27.000 Briefen dies betraf, kann uns auch die Post nicht sagen“, so Murrack. Diese habe jedoch versichert, der Druckfehler habe „Verzögerungen von maximal drei Tagen“ zur Folge gehabt.
Darüber hinaus waren in der Woche vor dem Wahltag etwa 1500 nicht zugestellte Wahlbriefe aufgetaucht, laut städtischer Pressemitteilung in einem Postverteilzentrum außerhalb von Duisburg. Ein Post-Sprecher hatte andere Gründe als die Stadt dafür genannt. „Schuldzuweisungen bringen uns nicht weiter“, sagte Murrack am Dienstag. Er verwies auf eine Arbeitsgruppe von Wahlamt und Post zur Vorbereitung der Bundestagswahl 2021, „damit solche Fehler nicht nochmal passieren“.
Einige Fragen bleiben indes vorerst unbeantwortet. Warum haben viele Briefwähler keine Unterlagen erhalten? Warum sind anteilig deutlich weniger Briefwahlscheine als in anderen Städten in die Auszählung eingegangen, nur 56.835 Stimmen nach 68.080 Briefwahl-Anträgen?
Möglicherweise werden weder Stadt noch Post Antworten liefern: „Wir haben alle Briefwahlunterlagen rechtzeitig verschickt, und die Post versichert, alle rechtzeitig ausgeliefert zu haben“, sagt Martin Murrack. „Ob dazwischen etwas schief gelaufen ist, wissen wir nicht.“
Landeswahlleiter beanstandet eidesstattliche Versicherungen in Duisburg nicht
Er berichtet zudem, der Landeswahlleiter sei damit einverstanden, dass Duisburg Briefwählern ohne Wahlschein wegen der Probleme kurzfristig noch die Stimmabgabe im Wahllokal erlaubte – was etwa in Düsseldorf nicht möglich war. 1108 Briefwähler hatten am Wahltag eine „Eidesstattliche Erklärung“ unterzeichnet und so versichert, die Stimmzettel nicht erhalten zu haben.
Ein Sprecher des Innenministeriums hat unserer Redaktion bestätigt, das Kommunalwahlgesetz lasse Raum für „eine solche Abwägung“ und eine solche „Krücke, um das Stimmrecht zu ermöglichen“. Voraussetzung dafür sei, dass doppelte Stimmabgaben über einen Abgleich mit dem Wählerverzeichnis ausgeschlossen werden können. Dieser Abgleich von 1108 Erklärungen mit 56.835 Wahlscheinen ist in Duisburg bislang noch nicht erfolgt.
Nach dem Wahltag seien bislang noch 290 Wahlbriefe verspätet bei der Stadt eingegangen, so Murrack. Irrläufer, also falsch versendete Wahlbriefe, habe die Stadt als Absender nicht zurückerhalten.