Bottrop-Kirchhellen. Im CAP-Markt des Diakonischen Werks in Bottrop wird es einmal pro Woche kurze Zeit ruhiger. Welchen Vorteil die „Stille Stunde“ haben soll.
Im Cap-Markt an der Schmiedestraße wird es ab sofort jeden Donnerstag zwischen 14 und 16 Uhr ruhiger. Denn es gilt die „Stille Stunde“. Kundinnen und Kunden müssen sich ein wenig umgewöhnen.
In dem Zeitraum wird keine Ware in die Regale aus- oder eingeräumt oder sortiert. Die Mitarbeiter des Marktes sind angehalten, leise untereinander zu sprechen. Wenn an der Kasse Hilfe benötigt wird, soll nicht quer durch den Markt gerufen, sondern das Telefon benutzt werden. Wenn Kunden laut telefonieren, werden sie von den Marktmitarbeitern höflich gebeten, Rücksicht zu nehmen. Auch der obligatorische Piepton, wenn die Ware über den Scanner gezogen wird, ertönt in den zwei Stunden in der niedrigsten Lautstärke.
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Im Gegensatz zu anderen Supermärkten ist der Cap-Markt ohnehin nicht bekannt durch Dauerbeschallung mit Musik oder Durchsagen. Also warum das Ganze?
Für welche Menschen die „Stille Stunde“ gedacht ist
An der Aktion beteiligen sich alle Cap-Märkte in Deutschland. In Grafenwald betreibt ihn das Diakonische Werk für Gladbeck-Bottrop-Dorsten. 21 Mitarbeiter sind im Markt beschäftigt, elf von ihnen haben ein körperliches oder geistiges Handicap. Die „Stille Stunde“ ist ein Gegenmodell zu Hektik, Stress und Lärm. Gerade für Menschen mit Autismus oder diejenigen, die mit Hochsensibilität leben oder psychische Störungen haben, kann dieses reizarme Einkaufen eine Erleichterung sein.
Die „Stille Stunde“ ist somit nicht nur eine inklusive Maßnahme für die Mitarbeiter des Cap-Marktes. Auch Menschen ohne Handicap können in entspannter, ruhiger Atmosphäre einkaufen.
„Die ‚Stille Stunde‘ ist ein Konzept, das ursprünglich von Theo Hogg, einem Angestellten eines neuseeländischen Supermarkts mit einem autistischen Kind, entwickelt wurde“, erklärt Verena Gigla, Leiterin des Öffentlichkeitsreferats beim Diakonischen Werk.
Warum zwischen 14 und 16 Uhr? „In dieser Zeit können wir am besten die Kriterien umsetzen, um den Ansprüchen an eine stille Zeit gerecht zu werden, denn in dieser Zeit halten sich für gewöhnlich eher wenige Kundinnen und Kunden im Geschäft auf, sodass dadurch schon eine ruhigere Atmosphäre herrscht“, sagt Verena Gigla.
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Die „Stille Stunde“ ist aber keine Aktion mit erhobenem Zeigefinger. „Es geht um gegenseitiges Verständnis“, erklärt Daniela Akyer, stellvertretende Marktleiterin. „Wir wollen einen guten Mittelweg finden.“ Stammkunden sollen mitgenommen werden. Denn sie weiß, der Cap-Markt ist in Grafenwald mehr als nur ein Ort, wo die Dinge des täglichen Lebens eingekauft werden. Hier trifft man sich, hier wird gequatscht.
Aber in Zukunft bitte donnerstags von 14 bis 16 Uhr eine paar Töne leiser. Marktmitarbeiterin Jacqueline Wieschermann hofft, dass es bei der „Stillen Stunde“ dann „etwas ruhiger und entspannter“ wird. „Manchmal ist der Lärmpegel vor allem an der Kasse schon relativ hoch“, sagt sie.
Schilder im Markt weisen auf die „Stille Stunde“ hin, dazu gesellen sich Plakate an den Kassen. „Es muss sich erstmal einspielen. Aber ich denke, dass es von den Kunden angenommen wird“, sagt Daniela Akyer.
Über den Cap-Markt in Grafenwald
In Cap-Märkten werden bis zu 50 Prozent aller Arbeitsstellen mit Menschen mit Behinderung besetzt. Sie arbeiten auf Positionen, die genau auf ihre Fähigkeiten abgestimmt sind. 2006 eröffnete der Markt in Bottrop-Grafenwald (Schmiedestraße 4) und ist bis heute der einzige Supermarkt im Ort.
Der hauseigene Lieferdienst bringt Kundinnen und Kunden aus Grafenwald und Kirchhellen den Einkauf ab 50 Euro frei Haus an die Wohnungstür, unter 50 Euro werden zwei Euro an Lieferkosten erhoben – wichtig: vorher für die Bestellung anrufen oder eine E-Mail schreiben.
Für ältere Kunden gibt es im Markt einen begleitenden Einkauf. Ein Mitarbeiter begleitet sie, schiebt den Einkaufswagen, legt die gewünschten Waren aufs Band und hilft beim Einpacken.