Bottrop. Es gibt Streit um die Zahlungen an die Fraktionen und Gruppen im Bottroper Rat. Müssen Ratsleute mit eigenem Beispiel vorangehen?

Eine Reihe von Ratsparteien in Bottrop ist mit ihren Vorstößen vorerst gescheitert, wegen der Finanzmisere der Stadt auch die finanziellen Zuwendungen an die Ratsfraktionen erheblich zu verringern. Bei den Grünen löst das Kritik aus. „Die Fraktionszuwendungen bleiben fast unangetastet im Vergleich zu anderen Sparmaßnahmen“, bemängelte Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda gegenüber der WAZ. Das letzte Wort in dem Streit hat der Stadtrat Ende April.

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Im Bottroper Finanzausschuss hatten sich zuvor einige Ratsparteien mit ihren Kürzungsvorschlägen gegenseitig überboten. So forderte AfD-Fraktionschef Patrick Engels eine Verringerung der Gelder für die Ratsarbeit der Fraktionen um zehn Prozent. Auch dann bleibe eine Fraktionsgeschäftsführung ohne große Einschränkungen möglich, argumentierte er. Engels bot an, dass der eigene Antrag gegenstandslos sei, sofern die ÖDP, die ebenfalls eine Kürzung der Fraktionsgelder ins Gespräch gebracht hatte, ihren Antrag auch wahrmache.

Parteien überbieten sich bei Kürzungsideen gegenseitig

Während FDP-Vorsitzender Andreas Mersch sich für eine Verringerung um mindestens 30 Prozent einsetzte, schlug die ÖDP bei den Beratungen über das Haushaltssicherungskonzept sogar eine 40-prozentige Kürzung vor. „So zeitlich überfällig die Anhebung der Fraktionszuwendungen auch war, der Zeitpunkt war vor dem Hintergrund der nun erforderlichen Einsparungen schlecht gewählt und ist gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht weiter vertretbar“, begründete FDP-Ratsherr Mersch den Sparvorschlag.

Um im Rat professioneller arbeiten zu können, hatten SPD und CDU gemeinsam mit der damaligen Linke-Ratsgruppe durchgesetzt, dass der Etat für die Fraktionsgelder ab 2023 auf gut 700.000 Euro angehoben wurde. Die SPD als größte Ratsfraktion konnte so zwei Fraktionsbeschäftigte einstellen, die ihre Ratsvertreterinnen und Ratsvertreter bei ihrer Arbeit unterstützen. Auch der AfD als kleinster Fraktion steht ein Fraktionsmitarbeiter zu. Den Fraktionsgruppen wie der ÖDP, der FDP, der DKP und den Bottroper Sozialisten bleibt je eine halbe Stelle.

Parteien wollten größeren eigenen Sparwillen zeigen

Für die 24 Mitglieder umfassende SPD-Fraktion stehen seither gut 230.000 Euro bereit. Für die 14-köpfige CDU-Fraktion sieht der Etat 149.000 Euro, für die acht Grünen 99.000 Euro und die vierköpfige AfD-Fraktion noch 66.000 Euro vor. Den Ratsgruppen mit ihren jeweils zwei Mitgliedern bleiben nicht ganz 39.000 Euro im Jahr. Sie alle müssen belegen, wofür sie diese Gelder ausgegeben haben. Die einzelnen Ratsleute bekommen davon nichts. Beträge, die nicht benötigt wurden, fließen in die Stadtkasse zurück. Für dieses Jahr war zunächst eine Anhebung der Zahlungen auf insgesamt rund 768.000 Euro geplant.

Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda kritisiert: „Viele wichtige Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit, der Kultur und des Umweltschutzes werden von SPD und CDU zur Kasse gebeten“.
Grünen-Ratsfrau Andrea Swoboda kritisiert: „Viele wichtige Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit, der Kultur und des Umweltschutzes werden von SPD und CDU zur Kasse gebeten“. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Fünf Ratsparteien aber wollten einen größeren eigenen Sparwillen demonstrieren. Zwar zog ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas den Antrag der Öko-Gruppe zurück, sie schloss sich aber der Forderung der Grünen an. Für beide Öko-Parteien legte Ratsfrau Andrea Swoboda bei der Sparidee zehn Prozent drauf und forderte eine Halbierung der Zuwendungen an die Ratsfraktionen. Auch die DKP verlangt eine Halbierung der Zahlungen. Beide Öko-Parteien und die DKP hätten die Einsparung letztlich fast verzehnfacht.

Schmerzhafte Kürzungen bei der Kinder- und Jugendarbeit

Denn im Haushaltssicherungskonzept war bereits eine fünfprozentige Verringerung der Fraktionsgelder vorgesehen. So hatte die Verwaltung eine Reduzierung ab 2026 um jährlich 39.100 Euro eingeplant. Nach dem Willen der Öko-Parteien hätten es 384.000 Euro sein sollen. „Viele wichtige Bereiche der Kinder- und Jugendarbeit, der Kultur und des Umweltschutzes werden von SPD und CDU zur Kasse gebeten“, kritisiert die Grüne Andrea Swoboda.

„Doch die Fraktionszuwendungen kommen mit fünf Prozent bei den Sparmaßnahmen eher als überschaubarer Vorschlag der Stadtverwaltung daher“, bedauert sie. Sie weist darauf hin, dass beim Kinderferienzirkus 40.000 Euro entfallen, beim JeKits-Programm der Musikschule 150.000 Euro, bei den Öffnungszeiten des Museums Quadrat rund 89.000 Euro und bei einer Reihe von Umweltschutzmaßnahmen insgesamt etwa 90.000 Euro.

Träfe die prozentuale Kürzung tatsächlich alle gleich?

Die Grünen hätten die Halbierung der Fraktionsgelder vorgeschlagen, damit andere Sparmaßnahmen nicht nötig würden. „Alles über fünf Prozent wäre ein gutes Unterfangen, um den Sparwillen der Politiker*innen über alle Fraktions- und Ratsgruppengrenzen hinweg auszudrücken“, meint ihre Fraktionsvorsitzende. Alle seien dazu bereit, bis auf SPD, CDU und die Ratsgruppe Bot.Sozial. „Die Kürzung trifft alle Fraktionen und Ratsgruppen anteilig gleich; von der SPD bis hin zu der demokratiefeindlichen AfD“, meint Andrea Swoboda.

Allerdings bedeutet die vorgeschlagene prozentuale Kürzung der Fraktionsgelder auch, dass sie real um so höher ausfällt, je größer die Fraktion im Stadtrat ist. So müsste eine kleine Ratsgruppe wie die ÖDP auf gut 21.000 Euro verzichten, die Grünen auf etwa 54.000 Euro, die mitgliederstärkere SPD aber auf gut 127.000 Euro.