Bottrop. Gut 20 Jahre war der Etat für die Arbeit der Fraktionen im Bottroper Stadtrat nicht gestiegen. So viel größer fällt die Erhöhung dafür jetzt aus.
Die Mehrheit der Ratsparteien will die Etats für ihre Arbeit im Stadtrat kräftig aufstocken. Mit dem Geld sollen die Ratsfraktionen und Ratsgruppen in Zukunft auch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen können. SPD und CDU ergriffen dazu gemeinsam mit der Linkspartei die Initiative.
„Die Anforderungen an uns ehrenamtliche Politiker und die Komplexität der Aufgaben haben in den letzten Jahren extrem zugenommen. Wir haben große Projekte vor der Brust, die wir vernünftig begleiten wollen. Dazu gehört auch, dass wir nicht mehr ohne hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auskommen“, begründete SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz den Vorstoß. Die Grünen kündigten an, dass sie rechtlich überprüfen lassen, ob das Vorhaben zulässig ist.
- Lesen Sie hier den Kommentar, warum die Fraktionen richtig handeln
Wie die SPD hält auch die CDU eine gewisse Professionalisierung der Fraktionsarbeit für erforderlich. „Das kriegt man ausschließlich ehrenamtlich einfach nicht mehr hin“, sagte Fraktionschef Hermann Hirschfelder. Die Wählerinnen und Wähler hätten schließlich einen Anspruch darauf, dass die von ihnen gewählten Ratsvertreter ihre Arbeit im Interesse der Bürger möglichst gut machen können.
Volker Jungmann machte klar, dass allein die Lektüre der Ratsunterlagen, die die Verwaltung vor Entscheidungen vorlege, viel Zeit koste. Die Vorarbeit vor Abstimmungen bleibe auch in den größeren Fraktionen einer Handvoll Personen überlassen, meinte der CDU-Fraktionsvize. Das sei ohne professionelle Helfer nicht mehr zu schaffen.
Etat für Bottroper Ratsfraktionen seit 20 Jahren nicht erhöht
„Wir müssen daraus Konsequenzen ziehen und uns in die Lage versetzen, die Vorschläge der Verwaltung ausreichend prüfen und bewerten zu können“, stimmt Linke-Ratsherr Niels Schmidt zu. Wie SPD-Fraktionsvize Matthias Buschfeld, so weist auch der Linke darauf hin, dass die Gelder für die Fraktionsarbeit in Bottrop seit mehr als 20 Jahren nicht mehr erhöht worden sind.
Sie seien in diesem Jahr mit etwas mehr als 233.000 Euro für alle Ratsparteien gemeinsam niedriger als noch vor zwei Jahrzehnten. Im Jahr 2001 lag der Betrag noch bei gut 238.000 Euro. Um allein die allgemeine Preissteigerung auszugleichen, müssten die Aufwendungen in diesem Jahr eigentlich bei gut 375.000 Euro liegen.
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Auch Grüne und ÖDP erkennen an, dass die Fraktionsgelder zu gering sind. „Wir können damit unsere Fraktionsgeschäftsstelle nicht mehr bezahlen“, sagt etwa ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas. „Wenn eine große Strom- oder Gasrechnung kommt, müssen wir mit privatem Geld einspringen“, betonte sie. Beide Öko-Parteien halten die angestrebte Anpassung an das aktuelle Preisniveau daher ebenso wie SPD, CDU, FDP und Linkspartei für nötig. Künftig sollte ein solcher Inflationsausgleich auch in jedem Jahr erfolgen, meint Andrea Swoboda. Das müsse aber gerade in Krisenzeiten wie jetzt genügen. Immerhin werden die Fraktionsgelder dann um 142.000 Euro angehoben.
Grüne und ÖDP begnügen sich mit Inflationsausgleich
„Ich brauche aber niemanden, der mir meine Reden schreibt, und den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern kann uns kein Fraktionsmitarbeiter abnehmen“, wendet sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen gegen Personaleinstellungen. Auch die ÖDP lehnt ebenso wie die DKP Personaleinstellungen ab. Die beiden Öko-Parteien fordern eine vorherige Bedarfsuntersuchung durch die Verwaltung und halten den Personalschlüssel, den SPD, CDU und Linke vorschlagen, nicht für angemessen. Denn danach hängt die Zahl der einzustellenden Fraktionskräfte von der Größe der Ratsfraktionen ab.
Die drei Parteien wollen grundsätzlich auch die Ratsgruppen finanziell so austauschen, dass diese eine Halbtagskraft einstellen können. Der AfD als kleinster Ratsfraktion stünde danach eine Vollzeitstelle zu, Grüne und CDU erhielten etwas mehr Personal und die SPD könnte zwei Mitarbeiterinnen einstellen. Die Kosten für einen solchen Vollzeitarbeitsplatz liegen bei etwa 80.000 Euro.
Insgesamt wird der Etat für die Arbeit der Ratsfraktionen nach Vorstellungen von SPD, CDU und Linken insgesamt auf rund 700.000 Euro erhöht. „Das Geld kann nicht an Mitglieder der Fraktionen ausgezahlt werden“, betont Matthias Buschfeld. Auch für Parteiarbeit dürfe es nicht verwendet werden, erklärt der Ratsherr. „Keiner von uns bekommt dadurch auch nur einen Cent mehr Geld“, betont SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz.
Gladbeck gibt mehr als doppelt so viel wie Bottrop aus
Im Vergleich mit anderen Städten wird deutlich, wie wenig Geld Bottrop für die Ratsfraktionen bisher ausgegeben hat. „Wir erreichen erst mit der Erhöhung in etwa das Niveau anderer Städte. Gemessen an der Einwohnerzahl gebe Bottrop knapp zwei Euro pro Bürger für die Arbeit der Fraktionen aus. In Gladbeck liegt dieser Betrag mit fünf Euro mehr als doppelt so hoch. Gelsenkirchen gibt 5,42 Euro pro Kopf für die Fraktionsarbeit aus. Niels Schmidt macht diese Diskrepanz an einem Beispiel deutlich: „Der Fraktion der Linken in Gelsenkirchen gehören drei Personen, der SPD-Fraktion in Bottrop aber 24 an und beide werden finanziell gleich ausgestattet.“
CDU-Fraktionschef Hermann Hirschfelder macht auch klar, dass die Ratsfraktionen ja nicht gezwungen seien, die ihnen künftig zustehenden Gelder auch komplett auszugeben. „Die Fraktionen müssen belegen, wofür sie das Geld ausgeben. Was am Ende nicht gebraucht wird, fließt in die Stadtkasse zurück“.