Bottrop. Der Streit handelt von 12,80 Euro und ein paar Blumenkübeln. Und doch geht es auch um die Zukunft des Wochenmarktes in Bottrops City.
Der Bottroper Schwarzmarkt ist komplett weg. „Wir werden ab kommenden Samstag die Tische und Stühle nicht mehr aufbauen. Allein der Kaffeewagen wird weiter öffnen“, kündigt Marktviertel-Sprecher David Schraven an.
Selbst die Zukunft des Kaffeewagens stellt der Mitinhaber des Marktviertel-Kiosks infrage. „Wie lange er noch bleibt, ist derzeit offen. Es kann sein, dass wir auch den Kaffeewagen beenden“, macht der Bottroper klar. Grund für das Aus in Raten ist ein inzwischen auch öffentlich ausgetragener heftiger Streit um relativ wenig Geld. Es geht um ein Gebührenplus von 12,80 Euro, ums Prinzip und um viel mehr: die Zukunft des Innenstadt-Marktes.
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Von dem so beliebten kleinen, feinen Schwarzmarkt ist seit seinem Umzug vom sogenannten Platz am Mensingbrunnen an den Rand des Wochenmarktes ohnehin nicht viel mehr als eine Art besseres Straßencafé übrig geblieben.
Zu besten Zeiten vor wenigen Jahren freuten sich Marktbesucher noch auf mehr: Außer guten Kaffee gab es da unter freiem Himmel auch Musik, Straßentheater, Snacks und Bottroper Bier-Ausschank. Der kleine Schwarzmarkt war ähnlich wie der Feierabendmarkt auf dem Ernst-Wilczok-Platz schnell eine Attraktion, bis ihn die vielen Leerstände im alten Karstadt-Gebäude und den Geschäftslokalen entlang der Hansastraße förmlich vertrieben.
Aus der gewünschten Schwarzmarkt-Neubelebung wurde bis heute nichts
Aus dem erhofften Neustart vor dem Marktviertel-Kiosk an der Cyriakuskirche ist bis heute allerdings nicht viel geworden. Die Kioskleute stellten auf ihre Kosten Tische und Stühle auf. Am Kaffeewagen gibt es guten Kaffee. Das Café unter freiem Himmel stand allen offen. Alle Marktbesucher durften dort Platz nehmen, nicht nur Kundinnen und Kunden des Kaffeewagens oder des Kiosks, sondern ebenso alle anderen, die Snacks oder Getränke zu sich nehmen wollten: ob nun Fischbrötchen, Frikadellen, Grillwürstchen, Kartoffelsalat oder Vorspeisen vom Griechen. Die Leute durften ihre Speisen ruhig von den anderen Marktständen mit ins Freiluft-Café bringen, betont Schwarzmarkt-Miterfinder Schraven ausdrücklich. Auch eine Schachpartie mit Könnern aus dem Schachverein war drin.
Noch eines sollte das Straßencafé sein. „Ein Ort für Familien oder auch für ältere Leute, die beim Bummel über den Markt einfach mal ausruhen wollten. Ein Treffpunkt für viele“, wie es David Schraven ausdrückt. „Sitzgelegenheiten gibt es auch jetzt noch zu wenige“, findet er. Aus dem beliebten Schwarzmarkt nur an anderer Stelle aber wurde bis heute nichts. Dabei ist dies der ausdrückliche Wunsch auch des Stadtrates. Ein Bündnis der drei größten Ratsparteien aus SPD, CDU und Grünen bat die Verwaltung gemeinsam ausdrücklich darum, den Schwarzmarkt gerade wegen seiner zusätzlichen Besonderheiten auch am Rande des Wochenmarktes zu ermöglichen.
Verzicht auf Gebühren diente einige Zeit lang als Starthilfe
Für die Verwaltung war der Freiluft-Treff am Marktviertel-Kiosk dagegen offenbar „ein Experiment“, wie Stadtsprecherin Jeanette Kuhn nun klarmacht. Die Stadt habe den Kiosk-Betreibern für den Neubeginn an der Cyriakuskirche in der Tat Gebühren erlassen, die sie eigentlich für die Nutzung der städtischen Flächen durch das Straßencafé hätten zahlen müssen.
Das Team um David Schraven musste so nur die Gebühren für den Kaffeewagen bezahlen: 12,80 Euro. So eine Starthilfe sei aber zwangsläufig endlich, macht die Stadtsprecherin klar. Daher kündigte die Verwaltung an, auch für das Straßencafé Gebühren zu verlangen, sodass sich die Kosten für die Betreiber verdoppeln werden: auf 25,60 Euro.
Schraven geht es in dem kleinlich wirkenden Streit offensichtlich weniger ums Geld, warum er nun den Cafébetrieb erst einmal einstellt, sondern ums Prinzip. Anstatt das längst vorhandene bestuhlte Straßencafé auch offiziell zu einem allgemeinen Angebot für alle Händler und Besucher zu erklären, baute das Amt für Wirtschaftsförderung an zentralerer Stelle noch einmal Tische und Stühle für alle auf, und dies auf Kosten der Stadt. „So etwas war ja auch der Wunsch vieler Markthändler und auch Marktbesucher“, erklärt Stadtsprecherin Jeanette Kuhn.
„Damit sollen die Lücken auf dem Hauptmarktplatz kaschiert werden“
Der neue Standort hat den Vorteil, auf dem Hauptmarktplatz zu liegen, wo die meisten Marktstände sind. Schraven vermutet: „Damit sollen die Lücken auf dem Hauptmarktplatz kaschiert werden“. Denn es gebe auch auf dem Innenstadt-Markt mittlerweile immer weniger Marktbeschicker. Auch die Wiederbelebung des Schwarzmarktes scheitert aus seiner Sicht letztlich an kaum erfüllbaren Bedingungen der Verwaltung. Der Schwarzmarkt hätte nämlich deutlich sichtbar von dem normalen Wochenmarkt abgegrenzt werden müssen, wie die Stadtsprecherin der WAZ erläuterte. Jedes Mal schwere Blumenkübel dafür aufstellen zu müssen, ist den Marktviertelleuten zu aufwändig.
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In dem Streit geht es inzwischen äußerst heftig – nicht nur – zur Sache. Oberbürgermeister Bernd Tischler stellt sich jetzt in einem Offenen Brief sogar ausdrücklich vor seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nimmt diese in Schutz. Tischler räumt darin ein, „dass Teile der Innenstadt zeitweise wenig einladend erscheinen“. Die Beschäftigten der Verwaltung arbeiteten aber an einer Vielzahl von Ideen und Konzepten, um die Innenstadt zu stärken. „Es werden Konzepte diskutiert, erarbeitet, umgesetzt, aber manchmal auch verworfen“, erklärt der Verwaltungschef.
Oberbürgermeister stellt sich schützend vor die Beschäftigten
Dabei seien Anregungen von Akteuren der Innenstadt und ein offener wie fairer Diskurs mit ihnen wichtig. „Bedauerlicherweise wird diese Art der Kommunikation von einem Akteur in der Innenstadt so nicht gelebt“, kritisiert Tischler den Marktviertel-Sprecher, ohne David Schraven namentlich zu nennen.
Der Oberbürgermeister bedauert aber, dass der Inhaber der Marktviertel Cafe UG in seinem „Marktviertel Briefing“ immer wieder die sachliche Ebene der Diskussion verlasse und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung persönlich angreife. „Hierzu möchte ich deutlich feststellen, dass diese Art der Auseinandersetzung nicht geeignet ist, die Probleme in der Innenstadt offensiv und gemeinsam anzugehen“, wendet sich Tischler an die Bürgerinnen und Bürger.
Der kritisierte David Schraven findet es sogar richtig, dass sich der Verwaltungschef vor seine Leute stelle: „Allerdings gehört es auch zu einer offenen Debatte, Probleme offen und öffentlich anzusprechen. Und dann Konsequenzen aus diesen Problemen zu ziehen, damit sie gelöst werden können.“