Bottrop. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben unter anderem gegen den früheren Bottroper Ordnungsamtsleiter. Was seit Ermittlungsstart passiert ist.
Es war ein Paukenschlag vor einem Jahr: Am 22. Februar 2023 durchsuchen Polizeibeamte auf Anweisung der Essener Staatsanwaltschaft das Büro des damaligen Ordnungsamtsleiters sowie mehrere Privatwohnungen und Geschäftsräume. Nun hat die Staatsanwaltschaft Essen gegen ihn, seine Ehefrau und ein Security-Ehepaar Anklage erhoben. Ein Rückblick auf die Ereignisse seit Ermittlungsbeginn.
Lesen Sie hier die Hintergründe zur Anklage
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Die personellen Konsequenzen folgen damals nach dem Durchsuchungsbeschluss schnell: Der Abteilungsleiter wird zügig freigestellt, keine zwei Monate nach den Durchsuchungen kündigt die Stadt an, dass die Stelle nachbesetzt wird. Michael Althammer, vorher Leiter des Bottroper Impfzentrums, übernimmt zum 1. Mai die Abteilungsleitung des Fachbereichs Recht und Ordnung.
Konsequenzen der Korruptionsermittlungen im Bottroper Rathaus
Es gibt einen weiteren, schon zuvor geplanten Personalwechsel: Der Stadtrat wählt im März Emilio Pintea, zuvor Vorgesetzter des korruptionsverdächtigen Abteilungsleiters, zum Rechtsdezernenten und Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Er folgt im September auf Paul Ketzer, der in den Ruhestand geht.
Auch für die in Korruptionsverdacht stehende Sicherheitsfirma haben die Ermittlungen Konsequenzen. Im März rät die Stadt dem Bau- und Verkehrsausschuss, der für die Vergaben von Security-Aufträgen zuständig ist, dem Bottroper Unternehmen keinen neuen Auftrag mehr zu erteilen. Es bestehe ein zu hoher Vertrauensverlust. Die Konsequenz: Die Bottroper Firma geht bei der Vergabe für die Unterkunft an der Tannenstraße leer aus, obwohl sie das günstigste Angebot abgegeben hat.
Stadt Bottrop kündigt im September Kündigung aller Aufträge an
Im September schließlich kündigt der Verwaltungsvorstand an, dem Sicherheitsdienst auch seine übrigen Aufträge zu kündigen. Vier Flüchtlingsunterkünfte sowie das Straßenverkehrsamt werden von der Firma gesichert. Bei letzterem wird seit Januar ein Düsseldorfer Unternehmen eingesetzt.
Die Aufträge für zwei städtische Unterkünfte sollen sofort gekündigt und ab Mitte November von anderen Firmen übernommen werden, kündigt der Verwaltungsvorstand im September an. Es geht um den Borsigweg, an dem vor allem Obdachlose untergebracht sind, und um das Brauhaus an der Gladbecker Straße; dort laufen Verträge mit kurzen Kündigungsfristen von einem Monat. Gekündigt worden sind sie damals allerdings nicht. Der Auftrag für den Borsigweg ist zudem in der Corona-Zeit ohne Ausschreibung vergeben worden.
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Es dauert deutlich länger als geplant, bis die Ausschreibung für den Borsigweg auf den Weg gebracht wird. Grund seien personelle Engpässe und verwaltungsinterne Absprachen, so die Begründung der Stadtverwaltung.
Stadt Bottrop verringert Security-Einsätze in Flüchtlingsunterkünften
Parallel läuft im Frühjahr eine grundsätzliche Reduzierung der Einsatzzeiten von Sicherheitsdiensten in den Flüchtlingsunterkünften der Stadt. Zum einen sollen so die Kosten reduziert werden, einmal mehr mit Blick auf die angespannte Haushaltslage, sagt Sozialamtsleiter Sascha Borowiak. Zum anderen sei es an vielen Standorten so ruhig, dass Security rund um die Uhr nicht notwendig sei. „Wir fühlen uns natürlich wohler, wenn da immer jemand da ist“, sagt Borowiak. Eine gesetzliche Verpflichtung, Sicherheitsdienste in Flüchtlingsunterkünften einzusetzen, gibt es aber nicht.
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Der besagte Bottroper Sicherheitsdienst ist außerdem für die Unterkünfte an Schacht IX und Schacht X beauftragt. Dort bestehen jeweils fixe Ein-Jahres-Verträge, die zwar begonnen hatten, nachdem die Korruptionsermittlungen schon liefen. Aber: Sie waren vorher ausgeschrieben worden. Der Vertrag an Schacht IX endete am 8. März, der an Schacht X läuft am 18. Juni dieses Jahres aus.
Bottroper Security-Firma verliert alle Aufträge der Stadt
Heißt im Klartext: Bis zum Juni verliert die unter Korruptionsverdacht stehende Firma alle öffentlichen Aufträge der Stadt Bottrop. Nach der nun erhobenen Anklage gegen das Chef-Ehepaar des Sicherheitsdienstes dürfte es auch keine neuen Aufträge mehr von öffentlicher Seite bekommen.
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Im Bottroper Rathaus gibt es seit November einen weiteren Korruptionsverdachtsfall: Es geht um mögliche Vorteilsnahme in der Ausländerbehörde. Einem Mitarbeiter wird vorgeworfen, in mindestens einem Fall Aufenthaltstitel unrechtmäßig vergeben zu haben. Mehr dazulesen Sie hier.