Bottrop. Mieter aus Bottrop-Welheim sorgen sich vor einem erneuten Heizkostenschock und beklagen einen Sanierungsstau. Vonovia weist die Vorwürfe zurück.
Das vergangene Jahr war für viele Mieter und Mieterinnen in der Gartenstadt Welheim nervenaufreibend. Die exorbitanten Heizkostennachforderungen in teils vierstelliger Höhe schockierten den Stadtteil. Zwar konnten die massiven Nachforderungen des Vermieters Vonovia inzwischen abgemildert werden, aber die Sorge vor der kommenden Abrechnung bleibt bestehen.
Vonovia-Mieter hängen Protestplakate in der Gartenstadt Welheim auf
Zu Information und Meinungsaustausch lud die Mietergemeinschaft Gartenstadt Welheim die Betroffenen jetzt in die Aula der Schule Welheim ein. Während die Aula bei der ersten Versammlung unter dem Eindruck des finanziellen Schocks mit etwa 400 Betroffenen prall gefüllt war, fanden sich diesmal nur rund 50 Anwohner ein. „Der Druck ist durch den klugen Schachzug der Vonovia, aus Kulanz auf Nachzahlungen zu verzichten, ein wenig raus“, vermutete Christian Gronau, SPD-Ratsherr und Mitglied der ehrenamtlichen Projektgruppe der Mietergemeinschaft.
+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bottrop verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren WhatsApp-Kanal
Am Nachmittag war bereits ein Fernsehteam des WDR für die „Service-Zeit“ in Welheim unterwegs, führte Interviews und besichtigte Wohnungen. An vielen Häusern und bei der Abschlussversammlung am Bunker waren Protestplakate zu sehen, die auch zum Informationsabend mitgebracht wurden. Neben der Radikalforderung „Vonovia enteignen“ hieß es „Die Kälte bringt uns nicht um, aber die Heizkosten“ und „Die Heizkosten sind die Hölle, aber dort ist es wenigstens warm“ oder „Heizung an = Kühlschrank leer.“
Viele Menschen haben Sorgen vor der kommenden Abrechnung. Verena Gerwien und Björn Nagel, Nachbarn von der Flöttestraße, frieren zeitweise: „Wir drehen die Heizung ziemlich runter wegen der Erfahrung des letzten Jahres.“ Ein Ehepaar von der Straße Am Holzgrund möchte das Problem gern lösen, ist aber machtlos: „Wir zahlen erheblich mehr über Vonovia als bei der Ele, aber wir dürfen nicht wechseln.“
Vonovia-Sprecherin Bettina Benner bestätigt auf Nachfrage der Redaktion: „Eine Möglichkeit zum Wechsel des Energieanbieters für einzelne Mieter besteht nicht, da es sich um eine zentrale Wärmeversorgung handelt. Aber auch ein übergeordneter Wechsel des Energieanbieters ist aufgrund der vertraglichen Bindung im Wärme-Contracting (bis 2031) nicht möglich. Die Energieversorgung erfolgt ausschließlich durch die Techem Energy Solutions GmbH.“
Vonovia: Wechsel des Energieanbieters aufgrund vertraglicher Bindung bis 2031 nicht möglich
Knut Unger vom MieterInnenverein Witten erläuterte mit Diagrammen den komplizierten Abrechnungsmodus der Energielieferung und die seiner Meinung nach nicht angemessene Weitergabe der Kosten durch Vonovia. Die Welheimer Mieter seien nicht die einzigen Betroffenen, die sich organisieren, der Kampf, den Welheim angestoßen habe, werde jetzt schon bundesweit geführt.
Man müsse nach den bestehenden Abrechnungsmodellen mit erneuten hohen Nachforderungen rechnen, sagte Unger und zeigte Methoden auf, um sich dagegen zu wehren. In erster Linie müsse die Vonovia gesetzlich verpflichtet Einsicht in die Originalbelege gewähren, solange solle man die Zahlungen zurückbehalten: „Ohne Belege keine Zahlung!“ Die grundsätzliche Strategie sei: „Wir klagen nicht, wir verweigern die Zahlung, dann muss Vonovia klagen.“
Bettina Benner verweist in diesem Zusammenhang auf eine Digitalisierungspraxis bei Vonovia, bei der Originalrechungen eingescannt und die Papier-Originale vernichtet würden. „Bei jedem einzelnen Arbeitsschritt ist gewährleistet, dass keine Veränderungen an den gescannten Dokumenten vorgenommen werden können, sodass die eingescannten Kopien mit den vernichteten Originalen zu 100 Prozent übereinstimmen“, so Benner. Sie ergänzt: „In Einzelfällen wurde Einsichtnahme in die Originalverträge gefordert. Hier befinden wir uns aktuell in der Zusammenstellung und bitten unsere Mieter diesbezüglich noch um Geduld.“
Mieter beklagen Schimmel und nasse Keller in den Vonovia-Wohnungen
Darüber hinaus beklagten die Welheimer Mieter bei der Infoveranstaltung einen aus ihrer Sicht bestehenden Sanierungsstau und drohenden Verfall in der Gartenstadt. Neben dem allgemeinen Erscheinungsbild der Häuser gebe es immense Mängel in den Wohnungen, sagte Christian Gronau: undichte Fenster und Türen, fehlende Isolierungen, Schimmelbefall oder nasse Keller.
Auf einem Plakat hieß es dazu: „Keine Dämmung, Ratten und Schimmel, aber Mieten kassieren wie an der Cote d`Azur.“ Selbst an gefährlichen Stellen würden notwendige Arbeiten verzögert und die Mieter vertröstet, berichten Katrin und Sven Konietzni sowie Sabrina Walter. Auf einem Grundstück zwischen Lindenstraße und Hugo-Stinnes Straße würden demnach schon lange von einem alten Baum mächtige Äste herunterfallen, die vor allem die dort spielenden Kinder gefährden würden: „Die Vonovia hat sich die Sache zwar angesehen, aber seit Mitte letzten Jahres geschieht nichts.“
- Security-Boss soll Frau vergewaltigt und verletzt haben
- Giftiger Stoff ausgetreten: Sechs Personen verletzt
- Viele Einsen: So gut haben die Abiturienten abgeschnitten
- Kletterarena öffnet nicht mehr für Einzelbesucher
- Kirchhellens Super-Spielplatz kommt 2025
Vonovias Stellungnahme zum Mängel-Vorwurf: „Grundsätzlich nehmen wir jede Meldung unserer Mieter sehr ernst und entsenden bei Mängelmeldungen unseren vor Ort zuständigen Techniker oder den technischen Service der Vonovia. Uns haben vereinzelte Mängelmeldungen zu den genannten Themen in der Vergangenheit erreicht, von einem generellen Sanierungsstau kann hier jedoch keine Rede sein.“
Der angesprochene Baum sei im Rahmen der letzten Kontrolle als verkehrssicher bewertet worden und werde im Rahmen der nächsten Regelkontolle im März/April erneut geprüft, so Benner. Zusätzlich sei der Baum aktuell vor Ort begutachtet worden, er zeige „Schnittstellen von vergangenen Pflegemaßnahmen, aber aktuell keine Astbrüche“.
Eine digitale Umfrage vor der Versammlung hat ergeben, dass die meisten Menschen Angst vor der Zukunft haben. „Können wir hier überhaupt bezahlbar wohnen bleiben?“ Diese Sorge hat auch das Ehepaar Konietzni, bleibt aber kämpferisch: „Wir wollen hier nicht weg!“ mit nig