Bottrop. Nachzahlungen in vierstelliger Höhe, Verdreifachung der Vorauszahlung macht Mieter fassungslos. Vonovia verweist auf den Anbieter und prüft.
Nachzahlungen für Heizung und Warmwasser in vierstelliger Höhe, eine mehr als Verdreifachung bei der monatlichen Vorauszahlung: Die Heizkostenabrechnung für den Zeitraum April 2021 bis Ende März 2022, die ein Bottroper jetzt von der Wohnungsgesellschaft Vonovia erhielt, macht ihn fassungslos. Und mit ihm, sagt der Bottroper, gibt es etliche weitere Betroffene in Welheim. Sie wollen sich wehren. „Wir fühlen uns abgezockt.“
Heizkostenabrechnung: Im Vorjahr erhielt der Bottroper noch eine Gutschrift
Der Mieter, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte, wohnt in einem halben Zechenhaus in der Gartenstadt, das nach seinen Angaben 87 Quadratmeter umfasst. „Die Nachzahlung, die ich leisten soll, beträgt rund 2300 Euro.“ Für Heizung und Warmwasser. Geheizt werde per Fernwärme, die aber seiner Kenntnis nach per Gas erzeugt wird. Im Jahr davor, fügt er noch hinzu, habe er eine Gutschrift von mehr als 1000 Euro bekommen.
„Ich habe ja schon damit gerechnet, dass es dieses Jahr keine Gutschrift geben wird. Ich dachte, ich komme bei plus/minus null raus.“ Ein Irrtum. Mehr verbraucht jedenfalls habe er nicht. Rund 4200 Euro Gesamtheizkosten stehen auf der Abrechnung; im Vorjahr waren es rund 1200 Euro.
Betroffen sind auch die künftigen Heizkostenvorauszahlungen. Für den Mieter soll diese nun 580 Euro im Monat betragen – das ist mehr als die Kaltmiete selbst; 160 Euro waren es bisher. „Das kann doch keiner mehr bezahlen!“
Vonovia-Mieterin: „Halb Welheim ist verzweifelt“
„Halb Welheim ist verzweifelt“, ergänzt Marina Scharnowski, Vonovia-Mieterin aus der Nachbarschaft. „Wir wissen gar nicht, wie wir die Nachzahlungen stemmen sollen.“ Lebend auf 45 Quadratmetern soll sie, die aus früheren Jahren ebenfalls Gutschriften gewohnt war, knapp 1400 Euro nachzahlen. Ihre Heizkostenvorauszahlung ändert sich von 112 auf 377 Euro. Damit steigt ihre Gesamtmiete auf knapp 800 Euro.
Wie die hohen Zahlungen für Heizung und Warmwasser zustande kommen, könne keiner der Betroffenen nachvollziehen. Zumal der Abrechnungszeitraum den 1. April 2021 bis zum 31. März 2022 umfasse – „das war doch noch vor dem Ukraine-Krieg“, überlegt der Welheimer. Steigende Energiepreise waren 2021 durchaus ein Thema – aber in diesem Umfang, fragen sich die Betroffenen?
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Die Vonovia hat ihnen eine „Information zu Ihrer Heizkostenabrechnung“ mitgeschickt. Darin verweist sie auf die Entwicklung der Energie- und Brennstoffpreise und erläutert: „Aufgrund dieser Marktsituation hat auch der Wärmeversorger Ihrer Liegenschaft, die Techem Solution, die Energiepreise auf Grundlage der vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Langen Reihen angepasst.“ Aufgeführt wird dann die Entwicklung der letzten drei Jahre. Demnach stieg der Arbeitspreis/MWh von 57,06 Euro in 2020/21 auf 190,63 Euro in 2021/2022. Eine mehr als 300-prozentige Steigerung. Der Grundpreis pro Monat stieg im selben Zeitraum von 2454,64 Euro auf 2568,88 Euro.
Auf Nachfrage der WAZ-Redaktion erläutert Vonovia-Sprecherin Bettina Benner in einem ersten Statement: „Die Heizungsanlage gehört nicht Vonovia. Es ist eine Contracting Anlage. Die erhöhte Abrechnung resultiert aus einer Anpassung des Arbeitspreises seitens des Anbieters (3,5-fache Erhöhung). Vonovia hat diese Kosten bezahlt und legt sie jetzt wie rechtlich üblich auf die Mieter:innen um.“
Mit dieser Aussage ist die Sache für den Wohnungskonzern aber nicht erledigt. Bettina Benner: „Wir prüfen den Sachverhalt noch einmal genau. Wir gehen derzeit noch einmal auf den Anbieter zu.“
Mieter fordern Einsicht in die Unterlagen vom Energieversorger
Mehr als 60 betroffene Haushalte, erzählen die beiden Welheimer, hätten sich inzwischen in dieser Sache zusammengefunden. Sieben Abrechnungen liegen der Redaktion vor. Höchste Heizkosten-Nachforderung hier: rund 4400 Euro. Es ist aber auch eine Gutschrift über rund 50 Euro dabei (Gutschrift Vorjahr für diesen Haushalt: rund 2000 Euro). Dass es auch Leute gibt, die Gutschriften erhalten, macht die Betroffenen ob ihrer eigenen Abrechnung zusätzlich stutzig.
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Bei so manchen Vonovia-Mietern lägen die Nerven richtig blank. Besonders dicke komme es für Familien. Einig sei man sich in der Gruppe über erste Schritte, wie Widerspruch einlegen, Sepa-Lastschriftmandate aufkündigen, sich im Zusammenschluss Anwälte zu suchen. Und: „Wir fordern bei Vonovia Einsicht in die Unterlagen vom Energieversorger an.“ Marina Scharnowski möchte wissen, was das Gas vom Lieferanten kostet.
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„Wir wollen das Ganze einfach verstehen“, sagt sie. Und wenn alles mit den Preisen seine Richtigkeit haben sollte, „dann finde ich, Vonovia hätte früher sagen müssen, dass der Abschlag angepasst werden muss“.
Marina Scharnowski sagt auch: „Ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll. Die Lebensmittelpreise sind gestiegen, die Miete ist Luxus…. Wofür gehe ich noch arbeiten?“
Vonovia-Sprecherin Bettina Benner betont: „Wir versichern unseren Kundinnen und Kunden, dass wir Lösungen finden werden. Niemand muss aufgrund hoher Nachzahlungen Angst haben, seine Wohnung zu verlieren.“ Alle Kunden hätten mit der Abrechnung auch ein Beiblatt mit einer Erklärung und einem Hilfsangebot in Form von Ratenzahlung erhalten. „Mit vielen Kunden:innen haben wir derzeit auch schon einen persönlichen Austausch“, sagt Bettina Benner.
Für Mittwoch, 29. März, lädt die SPD Boy-Welheim die Betroffenen zu einer Bürgerversammlung ein: 19 Uhr, Aula Welheim, Welheimer Straße 80-82.