Bottrop/Kirchhellen/Düsseldorf. Trotz der Risse von elf Tieren in Kirchhellen: Der Kreis Wesel darf Wölfin Gloria nicht abschießen lassen. Das entschied das Verwaltungsgericht.

Die Wölfin „Gloria“ darf weiterhin nicht abgeschossen werden. Das hat die 28. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf am Mittwochmittag durch Beschlüsse in drei Eilverfahren entschieden. Sie hat damit den Anträgen von drei Naturschutzverbänden stattgegeben, die eine aufschiebende Wirkung ihrer Klagen gegen die Allgemeinverfügung des Kreises Wesel vom 20. Dezember 2023 erzielen wollten. Der Kreis hatte eine Ausnahmegenehmigung erteilt und sie unter anderem mit den Rissen auf einer Kirchhellener Weide am 2. September begründet, wo die Wölfin elf Tiere gerissen hatte.

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Begründung der Kammer: Grundsätzlich sei die Tötung von Wölfen nach dem Bundesnaturschutzgesetz verboten. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von dem Verbot setze voraus, dass durch den Wolf ein ernster landwirtschaftlicher Schaden droht und es keine zumutbaren Alternativen zur Tötung des Tieres gibt. Der Kreis Wesel habe „nicht ausreichend schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die erteilte Ausnahmegenehmigung zur Abwendung solcher Schäden geboten ist“.

Sowohl der Kreis aus auch das Ministerium hatte die Ausnahmegenehmigung begründet mit einer Riss-Serie im September und Oktober 2023, bei der DNA-Spuren die Wölfin als Verursacherin nachgewiesen hatten. Diese Serie hatte am 2. September auf einer Weide in Kirchhellen begonnen und hatte sich fortgesetzt in Schermbeck am 20., 21. und 24. Oktober. Ministeriumssprecher Malte Wetzel hatte die Ausnahme so begründet: „In diesem Einzelfall wird eine entsprechende Ausnahme zur Entnahme erteilt, da diesem Individuum eine Vielzahl von Rissen unter Überwindung des zumutbaren Herdenschutzes zugeordnet werden kann.“

Richter: Dass Gloria Schutzzäune überwinden kann, ist nicht neu

Das reicht uns nicht, sagt das Verwaltungsgericht: Noch im Juli 2023 sei das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) – wie zuvor die Kammer in ihrem Urteil zu Gloria vom 6. Mai 2021 – davon ausgegangen, dass aufgrund des Verhaltens der Wölfin „Gloria“ kein solcher Schaden zu erwarten sei.

Die Kammer könne auf Basis der vorliegenden Daten keine Verhaltensänderung der Wölfin erkennen, die eine von dieser Einschätzung abweichende Schadensprognose rechtfertigen könnte. Sie erschließe sich weder aus den Stellungnahmen des Ministeriums noch aus Äußerungen des Lanuv.

Dass die Wölfin empfohlenen Herdenschutz überwinden kann, sei keine neue Erkenntnis, sondern habe sich schon in früheren Jahren gezeigt. Diese Übergriffe stellten aber Ausnahmen dar. Jedenfalls nach den dem Gericht vorgelegten Unterlagen sei weiterhin anzunehmen, dass sich „Gloria“ nicht auf das Jagen von Weidetieren spezialisiert hat.

RVR Ruhr Grün wird Gloria nicht bejagen
Jens Hapke, Sprecher des Regionalverbandes Ruhr (RVR)

Problemwölfin: Keiner will Gloria abschießen

Sollte am Ende im Hauptsacheverfahren die Entscheidung fallen, dass die Wölfin tatsächlich geschossen werden darf, wird sich die Frage stellen: Wer soll den Auftrag übernehmen? Die Kreisjägerschaft Wesel hat schon angekündigt: Von uns wird das niemand machen. Auch Jens Hapke, Sprecher der RVR-Tocher Ruhr Grün, die den Großteil der Kirchheller Heide bewirtschaftet, sagt klar: „RVR Ruhr Grün wird Gloria nicht bejagen.“ Auch Peter Kleimann hat für die Bottroper Kreisjägerschaft schon abgewinkt.

Das Umweltministerium sagt auf die Frage, wer Gloria bejagen könnte: „Aus Gründen der Anonymität können zu diesen Personen keine Angaben gemacht werden“, sagt Ministeriumssprecher Malte Wetzel. Aus gutem Grund: Auch die Bottroper Jäger fürchten Anfeindungen, wenn es zum Abschuss kommt. Für den Bottroper Naturschutzbund Nabu war die Genehmigung aus Wesel kurz vor Weihnachten der Ausdruck eines Scheiterns: „Soweit hätte es nicht kommen müssen, wenn mehr Tierhaltende der Verantwortung zum Schutz ihrer Tiere durch empfohlene Herdenschutzmaßnahmen nachgekommen wären“, sagte der Vorsitzende Rolf Fricke.

Gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf können Kreis und Ministerium Beschwerde bei dem Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen. Aktenzeichen: 28 L 3333/23, 28 L 3345/23, 28 L 3349/28 und 28 L 3351/23.