Bottrop-Kirchhellen. Die zehnjährige Wenke wollte ihren Schwestern nacheifern: Nun ist das Mädchen mit Down-Syndrom Messdienerin – und richtig stolz auf sich.
Wie Wenke (10) so im etwas zu groß wirkenden rot-weißen Gewand zwischen den anderen in der Messdiener-Vorbereitungsstunde im Altarraum steht, fällt sie vor allem durch eines auf: Sie beobachtet alle Abläufe besonders aufmerksam, wirkt ernst und konzentriert. Wenke ist mit dem Down-Syndrom geboren. Dass sie nun in der Gemeinde Heilige Familie Grafenwald zu den sieben frisch eingeführten neuen Messdienerinnen und Messdienern zählt, macht Mama Marina Tetzlaff sichtlich stolz – und ist für sie ein Beispiel für gut funktionierende Inklusion.
Dieser Text ist erstmals im Dezember 2023 erschienen. Wir haben ihn zum Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März aktualisiert.
Ganz wichtige Vorbilder sind für Wenke ihre großen Schwestern, Wieka (14) und Wolke (17). Beide sind seit Jahren schon als Messdienerinnen im Einsatz. Als Wenke in diesem Jahr ihre Erstkommunion feierte und in der Vorbereitung darauf ein Messdiener-Schnuppertag stattfand, machte sie mit. „Den fand Wenke so toll, dass sie gesagt hat, sie will das auch machen“, erzählt Marina Tetzlaff.
Messdienerin Wenke: Große Schwestern sind ihr Vorbild
Aufgrund der Tatsache, dass ihr bewusst sei, dass Wenke nicht alles immer so einfach versteht, kam ihr die Idee, dass Wenke zu den Diensten mit ihren Schwestern eingeteilt werden kann. Die beide Großen dienen ihr zur Orientierung – und haben natürlich auch ein Auge auf die kleine Schwester.
Beim ersten gemeinsamen Gottesdienst-Einsatz Anfang Dezember hat Wolke zum Beispiel dafür gesorgt, noch schnell Wenkes Haare zusammenzubinden: Die Zehnjährige durfte eine Kerze tragen, und es sollte doch durch eine unbedachte Kopfhaltung kein Unglück passieren...
Wieka und Wolke sind an diesem Nachmittag auch zur Messdiener-Übungsstunde gekommen. Die hat begonnen mit dem Einzug von der Sakristei in den Kirchenraum, wobei Wenke an der Tür schon die Glocke läuten durfte. Später übt sie zusammen mit Wieka, die Gaben zum Altar zu bringen. Kurz zögert Wenke mit dem großen Kelch in der Hand und dem langen Gewand an einer Stufe. „Hilf mir“, sagt sie zu Wieka, und die ist natürlich sofort zur Stelle.
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Wenke ist in der Grafenwälder Gemeinde aufgewachsen
Kurz darauf mahnt die Jüngere die Ältere streng mit Zeigefinger an den Lippen, ruhig zu sein und zuzuhören. Ihre Mutter muss darüber schmunzeln. Sie weiß: „Wenke ist total stolz, Messdienerin zu sein. Vor allem, weil es etwas ist, dass sie mit ihren Schwestern machen darf.“ Irgendwann, sagt Marina Tetzlaff, wird Wenke alle Schritte des Messedienens verinnerlicht haben. „Dann weiß sie genau, was zu tun ist.“ Jeder lerne durch Wiederholung. „Wenke braucht nur ein paar Wiederholungen mehr.“
Die Schwestern stehen ihr solange ganz selbstverständlich zur Seite. „Ich weiß bei vielen Dingen, dass sie das kann. Aber ich habe immer noch ein Auge auf sie, auch, wenn sie zum Beispiel über die Straße geht“, erzählt Wolke. So, wie man das als große Schwester eben so macht. Wieka findet, dass Wenke manchmal eine Ermutigung braucht, um Sachen, die sie schon kann, auch wirklich selbstständig zu tun.
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In der Gruppe hier oder auch in der Gemeinde ist Wenkes Mitwirken kein besonderes Thema. „Sie hat den Vorteil, dass sie hier groß geworden ist“, meint die Mama – inklusive Kindergartenbesuch in der Kita Heilige Familie. Christian Duckheim und Bernd Fockenberg, die den Messdienernachwuchs ausbilden, behandeln sie beim Üben genauso wie alle anderen Kinder auch. Dass Wenke hier mitmacht, ist für sie selbstverständlich – „die Frage hat sich gar nicht erst gestellt“, so Christian Duckheim.
Der Familie liegt es sehr am Herzen, Wenke in Sachen Integration alles zu ermöglichen, was geht. Die Zehnjährige besucht die dritte Klasse der Ludgerusschule, das ist eine Grundschule des gemeinsamen Lernens im Fuhlenbrock. Eine Integrationskraft steht ihr dort zur Seite. „Wenke ist dort eigentlich ein Kind wie jedes andere auch“, lobt Mama Marina die Arbeit an der Grundschule. „Aber sie wird zieldifferent unterrichtet.“ Das heißt, von Wenke wird nicht erwartet, dass sie die gleichen Lernziele erreicht wie ihre Mitschüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. Nach der Grundschule soll Wenke dann in eine Förderschule wechseln.
Auch sportlich schaut Marina Tetzlaff noch nach Möglichkeiten. „Ich habe jetzt gehört, dass der VfL Grafenwald Sportabzeichen für Menschen mit Behinderungen abnimmt.“
Zur Familie gehört übrigens auch noch der kleine Wince (acht Monate alt), der die Messdiener-Vorbereitungsstunde an diesem Nachmittag mit wachsender Ungeduld verfolgt. Aber alle hier sind sicher: Ist er erst alt genug, macht er auch mit.