Bottrop. Klaus Kalthoff kritisiert: „Wir haben hier Zustände, die sind unter aller Sau.“ Bei Stadt und Best herrsche „ein Wirrwarr an Zuständigkeiten.“

Klaus Kalthoff (SPD) hat den Kaffee auf. Der Bezirksbürgermeister hat Klartext gesprochen in der Bezirksvertretung-Mitte. Dabei fängt es harmlos an. Der Tagesordnungspunkt lautet „Mitteilungen des Bezirksbürgermeisters“. „Wir haben hier Zustände, die sind unter aller Sau“, bricht es aus ihm heraus.

Was war passiert? Eine Anwohnerin hatte sich Tage zuvor laut Kalthoff „massiv beschwert“, dass der Vorplatz an der Richard-Wagner-Schule nicht gesäubert wird. Laub und Müll würden sich dort ansammeln. Anschließend war der Bezirksbürgermeister mit Mitarbeitern aus den städtischen Fachbereichen Tiefbau, Immobilienwirtschaft und der Best vor Ort.

Was Kalthoff dann erlebt, bringt ihn noch Tage später in der Bezirksvertretung auf die Palme. Wer ist für welche Reinigung überhaupt verantwortlich und zuständig. Best? Fachbereich Umwelt und Grün? Fachbereich Tiefbau? „Da war ich erstmal platt“, sagt Kalthoff rückblickend.

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„Das ist ein Wirrwarr an Zuständigkeiten.“ Er betont, dass er die Situation an der Richard-Wagner-Schule in der Bezirksvertretung nur als ein Beispiel für viele im Stadtgebiet genannt hat.

Einer seiner Adressaten ist die Stadtverwaltung. „Soll es so weitergehen? Soll alles so bleiben? Und man schaut zu, wie der Müllberg wächst?“ Der Bezirksbürgermeister einmal in Fahrt: „Es wird immer vorgeschoben, dass man nicht genug Personal hat. Aber Personalmangel kann kein Totschlag-Argument sein.“

Nur ein Beispiel, worüber sich Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff im Stadtgebiet ärgert: die Sitzgelegenheit an der Kirchhellener Straße nahe der Richard-Wagner-Schule. Laub auf der Straße, Müll in den Büschen, und das Unkraut wächst.
Nur ein Beispiel, worüber sich Bezirksbürgermeister Klaus Kalthoff im Stadtgebiet ärgert: die Sitzgelegenheit an der Kirchhellener Straße nahe der Richard-Wagner-Schule. Laub auf der Straße, Müll in den Büschen, und das Unkraut wächst. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Auch an der Best übt er Kritik: „Best heißt doch Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung“, so Kalthoff. Das Wort „Stadtreinigung“ wünscht er sich, von der Anstalt des öffentlichen Rechts auch wörtlich zu nehmen.

Im Gespräch mit der WAZ fügt er an, dass, wenn die Verwaltung zu wenig Mitarbeiter hat, man kreative Ideen entwickeln muss, um die Probleme zu lösen, sodass die Stadt sauberer wird. Es müsse mehr Eigenverantwortung übernommen werden.

Bottrop: Sauberkeit im Stadtbild ist seit Jahren ein Dauerthema

Kalthoff findet, dass innerhalb der Verwaltung nicht über den Tellerrand geschaut wird. „Es mangelt an der Kommunikation unter den Fachbereichen. Der eine darf das nicht, und der andere darf das auch nicht. Und am Ende ist irgendwie keiner zuständig.“ Der Servicegedanke müsse mehr eine Rolle spielen. „Regelungen müssen getroffen werden.“

Seit 2006 ist er nun Bezirksbürgermeister. „Dauernd sprechen mich die Leute wegen des Stadtbilds an. Ein Thema, das sich Jahr für Jahr wiederholt“, sagt er. Was den Bürgern auffällt, zählt er auf: „Autoreifen werden im Wald entsorgt, Grünflächen nicht geschnitten oder gepflegt, der Müll wird in die Büsche geworfen.“

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Es sind nur ein paar Beispiele, die er sich anhört – seit Jahren. „Die Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, dass nichts passiert“, so der Bezirksbürgermeister. „Ich steht jetzt vielleicht als Querulant da“, sagt er. Aber er betont, dass es die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger seien, die er anspricht.

Bezirksbürgermeister: „Das ist ein ewiges Hin und Her. Ich bin es langsam leid.“

Häufig kommt das Thema „Sauberes Stadtbild“ auch zwischen Verwaltung und Lokalpolitik zur Sprache. „Gebetsmühlenartig“, so Kalthoff und ergänzt: „Das ist ein ewiges Hin und Her. Ich bin es langsam leid. Möglicherweise werde ich auch nicht ernst genommen, weil ich die Probleme so salopp berichte. Vielleicht muss ich es demnächst staatstragend vortragen.“

Generell sagt er über das Ortsbild: „Wir haben ein gesellschaftliches Problem. Es kann doch nicht sein, dass wir in einer Gesellschaft leben, wo der Müll einfach hingeschmissen wird.“

Er wünscht sich Konsequenzen. „Eines ist klar, Erwachsene erzieht man nicht mehr“, sagt er. Leute, die sich in Bottrop über Regeln und Gesetze hinwegsetzen, sollen zur Kasse gebeten werden. „Wenn Appelle nicht mehr helfen, dann muss es im Portemonnaie wehtun“, meint Klaus Kalthoff.

Der Vorwurf, dass Personalmangel ein vorgeschobenes Argument sein soll, weist die Stadtverwaltung zurück. Auf Nachfrage erklärt ein Pressesprecher: „Personalmangel ist nun mal ein wichtiges Thema.“

Als das Foto am 31. Oktober gemacht wurde, stand diese herrenlose Plastikkiste mit vergammelten Lebensmitteln auf einer der Sitzbänke am Vorplatz der Richard-Wagner-Schule. Besitzer der Kiste? Unbekannt.
Als das Foto am 31. Oktober gemacht wurde, stand diese herrenlose Plastikkiste mit vergammelten Lebensmitteln auf einer der Sitzbänke am Vorplatz der Richard-Wagner-Schule. Besitzer der Kiste? Unbekannt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Wenn es Missstände wie etwa bei Grünflächen gibt, dann werden diese auch beseitigt. Das Problem: Bestehe an einer Stelle ein erhöhter Handlungsbedarf, müsse von einer anderen Stelle das Personal abgezogen werden.

Untersuchung läuft: Stadtverwaltung will die Koordinierung verbessern

Finanziell ist Bottrop beim Haushalt nicht auf Rosen gebettet. Kalkuliert wird mit 60 Millionen Euro Miese für 2024. „Wird mehr Personal eingestellt, geht das zu Lasten des Haushalts. Oder man beauftragt externe Dienstleister, dann schlägt sich auch das im Haushalt nieder“, so der Stadtsprecher.

Zum Vorwurf „Wirrwarr der Zuständigkeiten“ sagt er: „Es läuft eine Organisationsuntersuchung im Auftrag des Fachbereichs Personal und Organisation.“ Damit soll laut Stadtsprecher die Koordinierung sowohl innerhalb der Verwaltung als auch nach außen für Firmen oder Privatpersonen verbessert werden.

Best: Stellungnahme der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung

Auch die Best lässt den Vorwurf des Bezirksbürgermeisters nicht auf sich sitzen. „An dem Termin an der Richard-Wagner-Schule hat unser Vorstandsvorsitzender, Herr Uwe Wolters, teilgenommen“, teilt die Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung schriftlich mit.

Zum genannten Fall von Klaus Kalthoff schreibt die Best: „Bei dem Gelände an der Schule handelt es sich nicht um öffentliches Gelände, sondern um privates Gelände der Stadt Bottrop. Wir, als Best AöR, haben angeboten, dass wir dieses Gelände selbstverständlich reinigen, soweit wir einen Auftrag und eine entsprechende Kostenerstattung von der Stadt Bottrop dafür erhalten.“

Und weiter heißt es: „Grund dafür ist, dass die Best AöR den Gebührenzahlenden verpflichtet ist und die Reinigung von privaten Flächen (und damit auch Flächen, die sich im Eigentum der Stadt Bottrop befinden) nicht den Gebührenzahlenden belasten dürfen. Hierbei handelt es sich um eine Regelung zwischen der Stadt Bottrop und der Best AöR, die abseits der Fläche an der Richard-Wagner-Schule, auch für andere private, städtische Gelände gilt. Darüber hinaus hat die Best AöR im Rahmen des Ortstermins angeboten, die Fläche an der Richard-Wagner-Schule einmal maschinell zu reinigen. Dies ist unverzüglich nach dem Ortstermin geschehen.“

Best verweist auf die Analyse der Stadtsauberkeit von 2016

Konkret zur Kritik von Klaus Kalthoff teilt die Best mit: „Soweit Herr Bezirksbürgermeister Kalthoff insgesamt die Stadtsauberkeit bemängelt, sei hierzu auf eine Analyse zur Stadtsauberkeit aus dem Jahr 2016 verwiesen. Unter der Zugrundelegung objektiver Kriterien schnitt die Stadt Bottrop bei der Stadtsauberkeit in weiten Teilen, im Vergleich mit anderen Kommunen, überdurchschnittlich gut ab.“

Die Best weiter: „Zu Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, welche die Best AöR über die Best-App, telefonisch, per E-Mail oder stellenweise sogar per Post erreichen, teilen wir Ihnen mit, dass diese stets im Rahmen unserer Möglichkeiten unverzüglich bearbeitet werden.“