Bottrop. Die Bottroper Best wollte ihre alte Biomüllanlage abreißen. Das würde teuer, weil Sonderabfälle entsorgt werden müssen. Um diese Stoffe geht es.
Gefährliche Abfälle verteuern den Abriss der alten Biomüll-Vergärungsanlage am Rand der früheren Bottroper Hausmülldeponie Donnerberg. Das Dämmmaterial zur Isolierung der ehemaligen Vergärungsbehälter enthält nach Auskunft der Bottroper Entsorgung und Stadtreinigung (Best) die Chemikalie Hexabromcyclododecan (HBCD). Außerdem seien Metallteile der alten Anlage mit einem Schutzanstrich versehen, in dem Schwermetalle enthalten sind. Best-Sprecher Jannik Hohmann verneinte nach WAZ-Anfrage, ob von diesen Stoffen unmittelbare Gefahren für die Bürgerinnen und Bürger ausgehen.
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„Im Rahmen des Rückbaus werden diese Materialien separat entsorgt“, kündigt der Best-Mitarbeiter an. Dabei sind die Sicherheitsanforderungen teils hoch. Im Umgang mit Schwermetallen sei höchste Vorsicht geboten, erklären Entsorgungsspezialisten wie etwa die Alltec Plus AG. Da Schwermetalle wie Chrom-6, Blei, Kupfer, Quecksilber, Nickel oder Cadium giftig und extrem gesundheitsschädlich seien, müssten bei einem Rückbau von Gebäuden ausgewiesene Fachleute zum Einsatz kommen. Schwermetalle können nicht biologisch abgebaut oder zerstört werden. Die Schadstoffe müssten daher unter Abschottung und hohen Schutzmaßnahmen per Abfräsen, Sandstrahlen oder Höchstdruckwasserstrahlen entfernt werden, heißt es.
Umweltbundesamt sieht Chemikalie als Gesundheitsgefahr an
Auch Hexabromcyclododecan (HBCD) hat laut Umweltbundesamt das Potenzial, die Gesundheit zu schädigen. Demnach war HBCD lange das wohl wichtigste Flammschutzmittel für Dämmstoffe aus Polystyrol, inzwischen ist die Verwendung der Chemikalie aber in fast allen Bereichen verboten. Der Stoff sei giftig und könne vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen, erläutern Fachleute der Behörde. Untersuchungen zeigten, dass de Chemikalie in der Muttermilch enthalten sein kann. Bisher seien die Konzentrationen dabei aber so niedrig, das sie als unbedenklich bewertet wurden, heißt es.
Zu dem zunächst vorgesehenen Abriss der alten Biomüllvergärungsanlage kommt es vorerst aber nicht. Der Best-Vorstand habe sich dagegen entschieden, bis konkrete Konzepte entwickelt seien, wie die frei werdende Fläche in Zukunft überhaupt genutzt werden soll, heißt es sinngemäß in einer Vorstandsvorlage, über die der Best-Verwaltungsrat vor einigen Tagen hinter verschlossenen Türen beriet. „Die Materialien verbleiben wie sie sind im Bauwerk. Es gilt wie bei allen Bauwerken, dass die Stoffe zugelassen sind und keine Gefahr darstellen. Die Einstufung als gegebenenfalls gefährliche Abfälle erfolgt erst, wenn die Gebäude zurück gebaut werden“, erläutert Jannik Hohmann auf WAZ-Nachfrage.
Anstriche auf Metall enthalten schädliche Schwermetalle
Die Vergärungsanlage auf dem Gelände am Donnerberg wurde 2004 stillgelegt. Die Anstriche an Gebäude und bautechnischen Anlagen dienten zum Schutz vor Witterung und Korrosion, erklärte der Best-Sprecher. In gutem Zustand gehen von schwermetallhaltigen Farben keine Gesundheitsrisiko aus. Wenn ein Anstrich beschädigt sei und die Farbe abblättere, könne ein Gesundheitsrisiko bestehen. Vor einem Abriss müssen Schwermetalle in Farben und Beschichtungen auf Untergründen aus Metall nicht entfernt werden, stellen auch andere Entsorgungsspezialisten klar.
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Schädliche Folgen für Boden, Grundwasser oder abfließende Oberflächenwasser können laut Best-Sprecher ebenfalls nicht von den aufgefundenen Materialien ausgehen. Hohmann macht jedoch klar, dass der Abriss der alten Biomüll-Vergärungsanlage teuer wird. So hat ein von der Best beauftragtes Ingenieurbüro die Kosten auf rund 380.000 Euro geschätzt. Dabei waren auch Erlöse für den Verkauf der alten Stahlteile der Anlage eingerechnet worden. Wegen der Schadstoffe in den Anstrichen wird die Best aber voraussichtlich keine Erlöse erzielen.
Das gesamte Material wird als gefährlicher Abfall eingestuft
So macht ihr Sprecher klar: „Für den Stahlbau wurden zunächst sehr viel höhere Rückvergütungen angenommen, da es im Rahmen des Recycling wieder in der Stahlproduktion eingesetzt werden kann. Mit der verwendeten Beschichtung wird jedoch zunächst das gesamte Material als gefährlicher Abfall eingestuft. Das anzuwendende Aufbereitungsverfahren ist kostenintensiv, sodass unterm Strich hieraus nahezu keine Rückvergütungen erzielt werden können“.
Der jetzt gestoppte Abriss ging zunächst einher mit der Nachsorge der früheren Hausmülldeponie am Donnerberg. Die Vergärungsanlage stehe zwar auf dem Gelände der Deponie, aber nicht auf dem Deponiekörper der Hausmüllablagerungen, erläutert Jannik Hohmann. Die Ablagerung von Hausmüll wurde dort Mitte der 80er Jahre eingestellt, weil von da an der Hausmüll im Müllheizkraftwerk Essen-Karnap verbrannt wurde. Die Deponie wird zurzeit zur Entwässerung in der Armelerstraße an die Kanalisation angeschlossen. Danach wird die Best die alte Deponie für die nächsten 30 Jahre nahezu sich selbst überlassen, bis diese offiziell wieder als Naturraum gilt.
Teile der alten Deponie werden weiterhin gebraucht
Das gilt allerdings nicht für die komplette Deponie. So werden bestimmte Flächen weiterhin gebraucht: zum Beispiel zur Lagerung und für den Umschlag von unterschiedlichen Abfallströmen oder als Platz für eine Betriebstankstelle. Auch eine Waschplatte für die beim Müllumschlag eingesetzten Bagger und Radlader wird nötig sein, etwa auch zur Abscheidung von Schmutz und ölhaltigen Partikeln.