Bottrop. Das Projekt „Schwimmhelfer“ braucht Geld, damit Schüler im Schwimmunterricht der Schulen schwimmen lernen. Die Zeit drängt, die Frist läuft ab.
Dem Projekt „Schwimmhelfer/innen“ von Sportif steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Die Finanzierung läuft zum 31. Dezember dieses Jahres aus. Die Fortsetzung des Projektes ist in Gefahr. Letzte Hoffnung: Die Stadt Bottrop soll für 2024 die Kosten in Höhe von 40.000 Euro übernehmen.
Im jüngsten Schulausschuss fand das Projekt bei den Parteien eine breite Zustimmung, auch die Verwaltung empfiehlt eine Fortsetzung. Die Entscheidung soll aber in einem der nächsten Haupt- und Finanzausschüsse fallen.
Bottroper Schwimmhelfer: „Immer weniger Kinder, die sicher schwimmen können“
Seit Mai 2022 werden alle Bottroper Grundschulen und weiterführende Schulen beim Schwimmunterricht neben den jeweiligen Sportlehrern von Schwimmhelfern unterstützt. Zusätzlich werden in den Oster-, Sommer- und Herbstferien Intensivkurse für Schüler der dritten und vierten Klasse angeboten, die noch über kein Schwimmabzeichen verfügen. Diese beiden Angebote sind für die Schulen kostenfrei.
Im Wasser offenbart sich ein inzwischen altbekanntes Problem. „Es gibt immer weniger Kinder, die sicher schwimmen können“, sagt Michael Schön. Er ist Berater im Schulsport bei der Bezirksregierung Münster und Mitglied der Bewegungsinitiative „Sportif“, eine gemeinschaftliche Initiative der Bezirksregierung Münster, des städtischen Sport- und Bäderbetriebes und des Bottroper Sportbundes.
Michael Schön erklärt zu den Intensivkursen: „Ein Drittel der Kinder haben bisher das Seepferdchen erreicht.“ Die Maßnahme ist für die Mädchen und Jugend auch kostenlos. Er weiß auch, dass das Seepferdchen nur der Anfang ist. Laut Deutscher Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) ist man erst ein sicherer Schwimmer, wenn man mindestens das Schwimmabzeichen Bronze aufweist.
Nun wird mal wieder das Geld knapp. Das Projekt „Schwimmhelfer/innen“ und die Intensivkurse wurden nämlich bis zum 6. August über das Programm „Aufholen nach Corona“ finanziert. Seit dem 7. August läuft die Subventionierung über das „Aktionsprogramm Integration“, das endet zum Jahreswechsel. Sportif sucht nach neuen Fördertöpfen, bisher ist keiner in Sicht.
Bottrop: Sportif nennt Argumente für eine Fortsetzung der Projekte
„Wir sind froh, dass die Stadt signalisiert hat, dass sie dieses wichtige Programm fortführen möchte“, sagt Michael Schön. In trockenen Tüchern ist die Finanzierung allerdings noch nicht.
Deshalb kämpft Sportif um die Projekte und nennt Argumente für eine Fortführung. „Wer sicher schwimmen kann, kann Leben retten“, sagt Schön. Schwimmen ermögliche Teilhabe und stärke das Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler. „Diese Projekte sind einzigartig in NRW“, so der Schulsportberater.
Die Projekte sind mittlerweile „Selbstläufer“, wie er es nennt. Das Netzwerk zwischen Schwimmhelfern und den Bottroper Schulen würde funktionieren. „Wir haben ganz viele positive Rückmeldungen vonseiten der Lehrerinnen und Lehrer bekommen“, sagt Schön.
Bottrop: Sechs Helfer sind insgesamt im Einsatz in Welheim und Kirchhellen
Sechs Schwimmhelfer auf Honorarbasis, zwei im Hallenbad in Kirchhellen und vier im Hallenbad in Welheim, sind für Sportif während des Schwimmunterrichts in der Woche täglich im Einsatz und unterstützen die jeweils beiden Lehrer der anwesenden Schulen.
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Die Zahlen sprechen für sich. Schätzungsweise sind es laut Michael Schön zwischen 200 und 250 Schülerinnen und Schüler pro Tag, die Teil des Projekts „Schwimmhelferinnen/ Schwimmhelfer“ sind.
Eine Schwimmhelferin ist Jana Wulf. In den Semesterferien ist sie dreimal in der Woche von morgens bis zum Mittag im Hallenbad Welheim, in der Vorlesungszeit einmal pro Woche. Sie besitzt einen Trainerschein und ist Übungsleiterin in ihrem Schwimmverein TVG Steele 1863.
Sportif in Bottrop: Eine Schwimmhelferin berichtet aus der Praxis
Mehrere Schulklassen werden von ihr pro Tageseinsatz unterstützt. In der Regel belegen zwei Klassen von zwei Schulen für ihren Schwimmunterricht das Becken. Das können dann schonmal an die 60 Schülerinnen und Schüler sein. Nach dem einen Unterricht folgen schon die nächste Klassen.
So geht es von morgens bis mittags. Jana Wulf bleibt im Hallenbad. Sie muss nicht lange warten. Gegen 12.30 Uhr sind es bei ihr die Zweitklässler der Richard-Wagner-Schule, kurz zuvor waren es noch Schüler der Gustav-Heinemann-Realschule. „Schwimmhelferin bin ich seit etwas mehr als einem Jahr“, sagt sie. „Ich bin voll und ganz von dem Projekt überzeugt.“
Die Jungen und Mädchen hören ihr zu, im Wasser hilft sie bei Übungen oder führt Einzelgespräche. Das Projekt trägt Früchte. Sie kann bestätigen, dass sich mit der Zeit bei den Schülern erste (Schwimm-)Erfolge einstellen.
„Die Schwimmhelfer sind eine Ergänzung zum Schwimmunterricht“
„Die Heterogenität in den Klassen ist viel höher als früher“, sagt Michael Schön. Jana Wulf: „Es ist fast schon normal, dass die Hälfte einer Schulklasse nicht sicher schwimmen kann.“ Im Klartext: Es gibt gute Schwimmer, mittelmäßige Schwimmer, Nichtschwimmer und welche, die in ihrem Leben noch nie mit Wasser in einem Schwimmbecken in Berührung gekommen sind.
Jana Wulf berichtet von Szenen, wie Schüler sichtlich verängstigst und zaghaft nur ihren großen Zeh ins Becken hielten. Die Leitung des Unterrichts übernehmen die Helfer nicht. Michael Schön betont: „Die Schwimmhelferinnen und Schwimmhelfer sind eine Ergänzung zum Schwimmunterricht.“
Zum Beispiel kann die Schulklasse in drei Gruppen aufgeteilt werden. Zwei werden unterrichtet durch die Lehrer, eine durch die Schwimmhelfer. „Eine individuelle Förderung und Betreuung ist so viel besser möglich“, meint der Schulsportberater.
Aufgrund des regelmäßigen Unterrichts entsteht im Laufe der Zeit regelrecht eine Vertrauensbasis zwischen den Helfern und Schülern. Anita Salden-Dierichs ist Lehrerin an der Richard-Wagner-Schule und begleitet die Zweitklässler zum Schwimmunterricht ins Hallenbad Welheim. Sie sagt zum Projekt: „Es ist für uns eine echte Bereicherung und eine Entlastung, weil eine Person mehr vor Ort ist.“
Viel Zeit verbringen die Bottroper Schülerinnen und Schüler generell nicht im Wasser. Oft müssen wegen der Schließung des Hallenbads im Sportpark lange Anfahrtswege in Kauf genommen werden. 30 Minuten Wasserzeit ist eher die Regel als die Ausnahme. Schwimmschulen führen lange Wartelisten.
Lehrerin: „Schwimmunterricht bekommt eine ganz andere Qualität und Intensität“
Genau da möchte Sportif ansetzen. Man will keine Konkurrenz sein. Die Projekte könnten vielmehr ein Bestandteil sein, um die Gesamtsituation in der Schwimmausbildung in Bottrop zu verbessern.
„Der Schwimmunterricht bekommt eine ganz andere Qualität und Intensität“, findet Anita Salden-Dierichs. Auch die Lehrer profitieren davon. Denn sie tauschen sich mit den Schwimmhelfern zum Beispiel zu Übungen und Trainingsmethoden aus.
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