Bottrop. Die lange Schließung des Bottroper Hallenbades macht den Schwimmvereinen schwer zu schaffen. Hunderte Kinder können nicht schwimmen lernen.

Für viele Schwimmer der Stadt dürfte diese Nachricht ein Schock gewesen sein: Das Bottroper Hallenbad am Sportpark bleibt noch mindestens bis Mai geschlossen. Nach sich lösenden Fliesen im Schwimmerbecken war die Stadt erst von einer Reparatur bis Weihnachten ausgegangen, doch nun ist klar: Der Schaden ist größer und nicht so schnell zu beheben.

Betroffen sind davon neben den Freizeitschwimmern sowohl die Schulen als auch die Schwimmvereine. Der größte von ihnen, die Schwimmvereinigung 1924, sieht in der Entwicklung eine Katastrophe – vor allem für Kinder. „Aktuell haben wir 760 Schwimmanfänger auf der Warteliste“, sagt Sprecher Marc Lewandowsky. „Diese Liste wird nun anwachsen.“

Vor allem Kinder leiden unter geschlossenem Bottroper Hallenbad

Ohnehin waren die Kinder in den vergangenen Jahren gebeutelt, viele lernten nicht schwimmen, weil wegen Corona die Bäder geschlossen waren. Von einer Generation der Nichtschwimmer-Kinder war die Rede – eine gefährliche Entwicklung, die nun weitergeht. Denn wie die Schwimmzeiten im Hallenbad kompensiert werden können, weiß die Schwimmvereinigung noch nicht, erfahren hat sie von der monatelangen Schließung durch die städtische Mitteilung beziehungsweise die Presse.

Und es sind nicht nur die Kinder, die nicht mit dem Schwimmen beginnen können. Auch die Anfänger, die gerade ihr Seepferdchen gemacht haben, würden nach monatelanger Pause wieder bei null anfangen, sagt sowohl Marc Lewandowsky als auch Andre Schmeer, Vorsitzender der DLRG Bottrop. „Wir hatten gerade geschafft, den Corona-Stau aufzuarbeiten“, sagt Schmeer. „Und jetzt verschlimmert sich dieses leidige Thema wieder.“ Eigentlich wollte die DLRG mit vier neuen Seepferdchen-Kursen ins neue Jahr starten, auch bei der Schwimmvereinigung stehen 100 Schwimmanfänger bereit.

„Schwimmanfänger werden den größten Rückschritt haben“

Die, die gerade erst mit dem Schwimmen begonnen haben, seien die schlimmsten Fälle, sagt Marc Lewandowsky, „sie werden den größten Rückschritt haben“. Insgesamt seien 300 Schwimmkurs-Kinder etwa betroffen, dazu kommen die Trainingsgruppen. Bei der DLRG sind es außerdem diejenigen, die einen Rettungsschwimmerschein für den Beruf brauchen, angehende Sportlehrer oder Polizisten beispielsweise. Sie müssen bis zum Fristende im Sommer den Kurs absolviert haben – angesichts der fehlenden Wasserfläche schwer möglich.

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Andre Schmeer fordert den Sport- und Bäderbetrieb auf zu priorisieren, nicht so notwendigen Kursen gegebenenfalls Kapazitäten zu entziehen. Die Kurszeiten, wie sie sind, gebe es bereits seit 20 Jahren unverändert. Für die DLRG kommt hinzu, dass sich der Verein komplett über die Kurskosten trägt, vor allem über die der angehenden Rettungsschwimmer. „Das ist ein grundlegender Baustein unserer Finanzierung.“

Bottroper Grundschüler können nach Welheim ausweichen

Die Stadt hat angekündigt, sich bis zum 9. Januar um eine Umverteilung der Wasserzeiten zu kümmern, Kapazitäten in den anderen Bottroper Bädern zu suchen und umzuschichten. Darauf warten nun Schwimmvereinigung und DLRG gebannt. Das Ausweichen auf andere Städte sei praktisch nicht möglich, die Zeiten sind überall knapp, in Gelsenkirchen und Oberhausen sowie in Datteln und Dorsten sind ebenfalls Bäder geschlossen. Lediglich in Gladbeck könnten einige Schwimmer unterkommen, sagt Marc Lewandowsky. „Wir werden aber natürlich nicht ansatzweise das Angebot aufrecht erhalten, das wir jetzt haben.“

Mehr Planungssicherheit haben da schon die Grundschulen: „Die Leitungen der Bottroper Grund- und Förderschulen wurden informiert, dass fast alle Schwimmzeiten, die im Hallenbad am Sportpark ausfallen müssen, im Hallenbad Welheim für die Grundschulen und Förderschulen zur Verfügung stehen können“, sagt Grundschulleiter Christoph Mewes. Die Regelung gelte bis zu den Sommerferien. „Die Grundschulen freuen sich natürlich sehr über diese Möglichkeit und das Engagement des Fachbereichs Schule, der die Umorganisation in kürzester Zeit vorgenommen hat.“

Bottroper Gesamtschulen und Gymnasien wechseln ins Hallenbad Kirchhellen

An den weiterführenden Schulen wird nach individuellen Lösungen gesucht. Zwischen den Schulleitungen laufen die Telefondrähte heiß. Untereinander sollen die verfügbaren Schwimmzeiten abgeklärt werden. „Wir sind im Moment in der Phase, in der wir schauen, wie wir das Beste aus der Situation machen“, sagt Schulleiter Markus Reuter. An seiner Willy-Brandt-Gesamtschule findet der Schwimmunterricht im sechsten Schuljahr statt. Die Stufe ist sechszügig, pro Halbjahr sollen drei Klassen mit ca. 80 Schülern schwimmen lernen. Anstatt im Hallenbad an der Parkstraße soll nun der Unterricht im Hallenbad in Kirchhellen stattfinden. Der Fahrtweg wird deutlich länger. „Die Abfahrtszeiten der Busse müssen angepasst werden, und wir müssen die Stundenpläne ändern“, so Reuter.

Das klingt für den Laien leichter gesagt als getan. „Ein Stundenplan ist ein hochkomplexes Gebilde“, meint Ingo Scherbaum, Schulleiter am Josef-Albers-Gymnasium. Zu den Gesprächen mit anderen Schulleitern sagt er: „Wir sind alle an einer gemeinsamen Lösung interessiert.“ Die verlängerte Schließung des Hallenbades sorgt für unnötige Arbeit. „Das bedeutet für uns einen großen organisatorischen Aufwand.“ Auch das Josef-Albers-Gymnasium soll Schwimmzeiten im Hallenbad in Kirchhellen bekommen. „Wichtig ist, dass wir Schwimmzeiten ermöglichen können“, so Scherbaum.

Wie an der Willy-Brandt-Gesamtschule lernen auch am Josef-Albers-Gymnasium die Schülerinnen und Schüler das Schwimmen in der sechsten Jahrgangsstufe. Besonders ärgerlich: Laut Ingo Scherbaum sind nun ausgerechnet die Schülerinnen und Schüler betroffen, die einst als Grundschüler während des Corona-Lockdowns schon mit Ausfällen beim Schwimmunterricht arg gebeutelt waren.