Bottrop. Valeara, Bottrops Zentrum für psychische Gesundheit, hat hohe Summen investiert und sich massiv vergrößert. Einblicke in die neue Tagesklinik.

Valeara hat sich am Standort an der Hochstraße massiv vergrößert. Nach sechs Monaten sind die Umbauarbeiten abgeschlossen. Im April rückten die Baufirmen an, nun ist die neue psychiatrische Tagesklinik fertig. Lange Jahre gehörten die Flächen in der „MediCity“ zur Insolvenzmasse der Immobilien des Skandal-Apothekers Peter Stadtmann.

„Es war ein Rohbau“, beschreibt Dr. Christian Utler, Valeara-Geschäftsführer, den damaligen Zustand. Von Grund auf musste die Tagesklinik gebaut werden. Nicht unbedingt ein Nachteil für Valeara. Denn so konnten sie die Räume von Beginn nach ihren Vorstellungen und bestmöglich für die Patienten gestalten. Vorschläge holten sie sich auch von ihren Mitarbeitern ein.

Valeara investiert in den Standort. Waren es bisher circa 1800 Quadratmeter, sind es nach dem Umbau rund 3000. Der Umbau und die Möblierung haben nach Angaben des Geschäftsführers rund 500.000 Euro gekostet.

Die psychiatrische Tagesklinik von Valeara hat hier einen Raum für Begegnungen geschaffen. Patientinnen und Patienten können umgeben von natürlichem Moos an der Wand, warmen Farben und viel Holz zur Ruhe kommen.
Die psychiatrische Tagesklinik von Valeara hat hier einen Raum für Begegnungen geschaffen. Patientinnen und Patienten können umgeben von natürlichem Moos an der Wand, warmen Farben und viel Holz zur Ruhe kommen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die neue Tagesklinik erstreckt sich über zwei Etagen. In der unteren findet vorwiegend die Therapie statt. Es gibt kleine und große Räume. Zum Beispiel gibt es einen Raum für Ergotherapie. In einem speziellen Raum stehen zudem zwei moderne Sitzgruppen mit hohen Seitenwänden zueinander. Es ist kein Behandlungszimmer oder Büro wie bei einer klassischen Therapiesitzung.

In der einen Gruppe sitzt der Therapeut, ihm gegenüber der Patient – ohne Stühle, ohne Schreibtisch. Beide sind sich ungewohnt nah, weil der Schreibtisch als mögliche Barriere zwischen ihnen fehlt. „Ein Pilotprojekt. Wir versuchen mal, die Standardsituation aufzulockern“, sagt Dr. Christian Utler.

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Eben jene bewusste oder unbewusste Barriere, die zwischen Patient und Therapeut existieren kann, kann im besten Fall in einer solchen Gesprächssituation aufgebrochen werden. Deshalb auch die hohen Wände der Sitzgruppe, als eine Form von geschütztem Raum für die Patienten.

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Die Etage darüber lässt sich zusammengefasst als „Wohnbereich“ beschreiben. Eine helle und offene Küche, wo die Patienten der Tagesklinik kochen können, ist vorhanden. Es gibt einen großen Aufenthaltsraum für Gespräche und Aktivitäten – alles modern und in warmen, gedämpften Farben gestaltet.

Valeara: Die psychiatrische Tagesklinik nimmt 20 Patienten auf

Im Begegnungsraum nebenan sollen die Patientinnen und Patienten zur Ruhe kommen und sich zurückziehen. Eine meterhohe Wand aus Moos soll dazu beitragen. Entspannung bieten gemütliche Sitzecken. Dazu gibt es viel Holz sowie viel Natur- und Waldfarben.

20 Personen erhalten einen Platz in der psychiatrischen Tagesklinik. Morgens um 8 Uhr geht es los, das Ende ist gegen 17 Uhr. Die Patientinnen und Patienten wohnen ansonsten zuhause. Die Therapie findet sechs Wochen lang von morgens bis freitags statt.

„Wir nennen es Milieutherapie“, sagt Ines Wiesten, Standortleiterin und Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Therapie soll betreuend, strukturierend und animierend sein. Aufgaben für den Tagesablauf sollen geplant werden und helfen, sich wieder im Alltag außerhalb der Klinik zurechtzufinden.

Der Patient soll sich bei der Therapie in seinem (gewohnten) Umfeld wohlfühlen. „Gruppentherapie ist ganz wichtig“, sagt Ines Wiesten. Aber auch Einzelgespräche in der Woche sind ein Teil der Therapie. Auch dafür wurden eigens Räume in der Klinik geschaffen.

In Therapiesitzungen geht Valeara bei der klassischen Gesprächssituation einen anderen Weg. Anstatt Stühle und Schreibtisch wird therapiert in gemütlichen Sitzecken – ohne Barrieren zwischen Patient und Therapeut.
In Therapiesitzungen geht Valeara bei der klassischen Gesprächssituation einen anderen Weg. Anstatt Stühle und Schreibtisch wird therapiert in gemütlichen Sitzecken – ohne Barrieren zwischen Patient und Therapeut. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die häufigsten Erkrankungen bei Patienten in der Tagesklinik sind Angststörungen und Depressionen. Ines Wiesten: „Die Patienten kommen aus Bottrop und Umgebung.“ Nicht behandelt werden Menschen mit Demenz, Pflegebedürftige oder Menschen mit einer vordergründigen Suchterkrankung.

Im Gegensatz zur Tagesklinik wird sich in der psychiatrischen Institutsambulanz von Valeara, die sich ebenfalls im Gebäudekomplex befindet, vorrangig um Menschen mit schwerer und chronischer psychischer Erkrankung gekümmert. „Hier kommen die Patienten aus dem Ruhrgebiet und darüber hinaus“, sagt Ines Wiesten.

Valeara verfügt über ein Team unter anderem aus Fachärzten, psychiatrischen Fachpflegern, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern und Psychotherapeuten. Am Standort Bottrop hat Valeara laut Dr. Christian Utler circa 100 Mitarbeiter. Tendenz steigend. Abgesehen von der Tagesklinik suchen knapp 500 Patienten täglich das Zentrum für psychische Gesundheit auf. Auch hier ist die Tendenz steigend.

Valeara hat am Standort an der Hochstraße in der Bottroper Innenstadt die psychiatrische Institutsambulanz und die psychiatrische Tagesklinik (auf zwei Etagen).
Valeara hat am Standort an der Hochstraße in der Bottroper Innenstadt die psychiatrische Institutsambulanz und die psychiatrische Tagesklinik (auf zwei Etagen). © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die Auswirkungen der Pandemie sind nur ein Faktor. „Wir hatten auch schon vor Corona viele Patienten“, sagt Ines Wiesten und ergänzt: „Aber Patienten, die schon damals ein Kontaktproblem hatten, sind jetzt nach der Pandemie noch mehr vereinsamt.“

Die Psychiaterin weiter: „Die Anforderungen in unserem Alltag und in unserer Gesellschaft sind extrem hoch.“ Zum Beispiel der Stresslevel am Arbeitsplatz sei in den vergangenen Jahren sehr gestiegen. Das überfordere die Menschen.

„Es geht auch um Selbstoptimierung“, meint Ines Wiesten. „Es geht immer um Leistung, denn wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Gefühlt muss man überall Leistung bringen: im Beruf, in der Familie, im Verein. Es gibt einen immer höheren Anspruch, den man nicht gerecht werden kann.“ Die Altersspanne der Patienten von Valeara reicht von 18 Jahren bis ins hohe Alter.